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Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007

Titel: Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Wright
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Dienstleistungsbüro war im Grunde ein Depot für das Geld, das die beiden Männer durch ihre intensiven Sammelaktivitäten einwarben. Dschamal Chalifa unterstützte Bin Laden und Scheich Assam im Dienstleistungsbüro, und die drei kümmerten sich darum, dass die Gelder, die häufig kofferweise angeliefert wurden, auch in die Hände der Flüchtlinge gelangten. Aufgrund seiner langjährigen Mitgliedschaft bei den Muslimbrüdern besaß Assam internationale Kontakte, die er nutzen konnte, um für die Sache der Aufständischen zu werben. Doch er wurde von Bin Laden übertroffen, „diesem vom Himmel gesandten Menschen“, wie er ihn nannte 14 , der über einen unmittelbaren Zugang zum saudischen Königshaus und zu den Ölmilliardären am Golf verfügte.
    Bin Laden profitierte auch von seiner Verbindung zu Prinz Turki. Zweimal in der Woche reiste Turkis Stabschef und Bin Ladens früherer Lehrer Ahmed Badib nach Peschawar, um den Mudschahidin-Führern Geld zu übergeben. 15 Die saudische Regierung wendete jährlich 350 bis 500 Millionen Dollar für die Unterstützung der Glaubenskrieger auf. 16 Dieses Geld wurde auf einem Schweizer Bankkonto deponiert, über das die US-Regierung verfügte, die damit die Mudschahidin unterstützte; doch die Saudis unterhielten darüber hinaus auch noch private Hilfsprogramme und ließen den von ihnen besonders geschätzten Kommandeuren Millionen Dollar zukommen. Mehr als ein Zehntel dieser privaten Gelder floss in Bin Ladens inoffizielle Aktivitäten.
    Turki lernte Bin Laden eigenen Angaben zufolge 1985 oder 1986 in Peschawar kennen. 17 Kurze Zeit später trafen sie sich wieder bei einer Veranstaltung in der saudi-arabischen Botschaft in Islamabad. Bin Laden erstattete Turki pflichtgemäß Bericht über seine Aktivitäten, wie etwa darüber, dass er schweres Gerät und Ingenieure ins Land gebracht habe, um Festungsanlagen zu bauen. Dem Prinzen erschien er als ein eher scheuer Mann mit leiser Stimme, der freundlich, „fast sanft“und sehr nützlich war. Mit Hilfe von Bin Laden konnte Turki junge Araber für den Dschihad rekrutieren und sie ohne Einmischung des ISI ausbilden und indoktrinieren. Zudem beschaffte Bin Laden auf inoffiziellen Wegen Gelder in beträchtlicher Höhe - ein wertvoller Helfer, den sich ein schlauer Geheimdienstchef zu Nutze machen musste. 18
    Das Dienstleistungsbüro wurde zu einer Registratur für junge Araber, die in Peschawar auftauchten und nach einer Möglichkeit suchten, sich am Krieg zu beteiligen. Es stellte diesen Männern - darunter viele Studenten - Gästehäuser zur Verfügung, wo sie übernachten konnten, und brachte sie in Trainingslagern unter. An diesem Ort, wo sich schnell Legenden bildeten, wurde Bin Laden bald zu einem Teil des Mythos vom heiligen Krieg. Viele der arabischen Afghanen gelobten Assam die Treue, aber Bin Laden bezahlte sie. Durch seinen Reichtum und seine Wohltätigkeit wurde er sofort überall bekannt. Er schritt durch die Gänge von Lazaretten, ein schlaksiger, auffälliger Mann, und verteilte Cashew-Nüsse und Schokolade an die verwundeten Kämpfer, wobei er sich sorgfältig deren Namen und Adressen notierte. 19 Er richtete eine theologische Bibliothek zur geistigen Bildung der Mudschahidin ein, die sich in der Stadt die Zeit vertrieben 20 , und erteilte mindestens einem jungen afghanischen Krieger Arabisch-Unterricht. 21 Er gab Sajaf Geld für den Bau der Universität Dawa al-Dschihad in den Stammesgebieten in der Nähe von Peschawar, einem pakistanischen Sonderterritorium, das später als Ausbildungsstätte für Terroristen bekannt werden sollte. 22 Er wirkte sogar an Dschihad mit, der Zeitschrift in arabischer Sprache, die Assam herausbrachte. 23 Bin Laden besaß keine politische Bildung, wie andere Mitarbeiter des Dienstleistungsbüros, aber er war rastlos - „ein Aktivist mit großer Vorstellungskraft“, wie Abdullah Anas bemerkte, ein Algerier, der zusammen mit ihm im Dienstleistungsbüro arbeitete. „Er aß sehr wenig. Er schlief sehr wenig. Er war sehr entgegenkommend. Er überließ anderen seine Kleider. Er gab anderen sein Geld.“
    Bin Laden trat jedoch nicht als charismatischer Führer hervor, zumal er nach wie vor im Schatten Assams stand. „Ein leises Lächeln umspielte seine Lippen, und er hatte weiche Hände“, erinnerte sich ein pakistanischer Mudschahid. „Man konnte meinen, man würde einem Mädchen die Hand geben.“ 24 Er war zurückhaltend und ernst und erschien vielen als naiv. Beim Lachen hielt er sich

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