Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007

Titel: Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Wright
Vom Netzwerk:
Strömung, die die arabisch-afghanische Gemeinde erfasst hatte, breitete sich immer weiter aus und drohte die spirituelle Reinheit des Dschihad zu beeinträchtigen. Der Kampf, davon war Assam überzeugt, müsse gegen die Ungläubigen geführt werden, nicht innerhalb der Glaubensgemeinschaft, wie uneinig sie auch sein mochte. Er verkündete eine Fatwa, in der er die Ausbildung von Terroristen mit Geldern verurteilte, die für den afghanischen Widerstand bestimmt waren, und bekräftigte, dass die absichtliche Tötung von Zivilisten, vor allem von Frauen und Kindern, nicht mit dem Islam in Einklang stehe. 30
    Dennoch unterstützte Assam die Schaffung einer „ersten Vorhut“entsprechend den Leitlinien von Sajid Qutb. „Diese Vorhut bildet eine solide Basis“- qaida - „für die angestrebte Gesellschaft“, schrieb Assam im April 1988. Auf dieser Grundlage werde eine ideale islamische Gesellschaft errichtet werden. Afghanistan war nur der Anfang, glaubte Assam. „Wir müssen den Dschihad fortführen, wie lang der Weg auch sein mag, bis zum letzten Atemzug und dem letzten Pulsschlag - oder bis die Errichtung des islamischen Staates gelungen ist.“ 31 Zu den Regionen, in denen künftig der heilige Krieg zu führen sei, gehörten seiner Ansicht nach die südlichen Sowjetrepubliken, Bosnien, die Philippinen, Kaschmir, Zentralasien, Somalia, Eritrea und Spanien - die gesamte Spannbreite des einstigen islamischen Großreiches.
    An erster Stelle stand jedoch Palästina. Assam unterstützte die Gründung der palästinensischen Hamas, die er als natürliche Erweiterung des Dschihad in Afghanistan betrachtete. Gestützt auf die Muslimbruderschaft sollte die Hamas ein Gegengewicht schaffen zu Jasir Arafats säkularer Palästinensischen Befreiungsorganisation PLO. Assam wollte Hamaskämpfer in Afghanistan ausbilden, die anschließend heimkehren und den Kampf gegen Israel aufnehmen sollten. 32
    Doch Assams Pläne für Palästina widersprachen Sawahiris Absicht, innerhalb der islamischen Länder, in erster Linie in Ägypten, die Revolution zu schüren. Assam sprach sich vehement gegen einen Krieg von Muslimen gegen Muslime aus. Als sich der Kampf gegen die Sowjets dem Ende näherte, wurde die Auseinandersetzung über die künftige Richtung des Dschihad maßgeblich von diesen beiden willensstarken Männern bestimmt. Der Preis, um den sie stritten, war ein reicher und leicht zu beeinflussender junger Saudi, der seine eigenen Träume hatte.
     
    WAS WOLLTE Bin Laden? Er teilte weder Assams noch Sawahiris Ziele. Die Tragödie der Palästinenser tauchte in seinen Reden immer wieder auf, dennoch sträubte er sich, sich an der Intifada gegen Israel zu beteiligen. Wie Assam hasste auch Bin Laden Jasir Arafat, weil er ein Säkularist war. 33 Er fand jedoch auch keinen Gefallen an der Vorstellung, einen Krieg gegen arabische Regierungen zu führen. Zu dieser Zeit erwog er, den Kampf nach Kaschmir zu tragen, auf die Philippinen und insbesondere in die zentralasiatischen Sowjetrepubliken, wo er den Dschihad gegen die Sowjetunion fortsetzen konnte. 34 Die Vereinigten Staaten von Amerika hatte noch niemand auf der Liste. Die Avantgarde, die er schaffen wollte, sollte in erster Linie den Kommunismus bekämpfen.
    An einem schicksalsträchtigen Tag, dem 11. August 1988, berief Scheich Abdullah Assam in Peschawar eine Besprechung ein, auf der über die künftige Richtung des Dschihad diskutiert werden sollte. 35 Anwesend waren dabei Bin Laden, Abu Hafs, Abu Ubajdah, Abu Hadscher, Dr. Fadl und Wael Dschuleidan. Diese Männer waren zwar durch ungewöhnliche Erfahrungen miteinander verbunden, doch sie hatten völlig konträre Ziele und Einstellungen. Assam wollte sicherstellen, dass die Araber nicht in einen möglichen afghanischen Bürgerkrieg hineingezogen werden würden. Seine früher verfolgte Praxis, die Araber auf die verschiedenen afghanischen Kampfgruppen aufzuteilen, konnte sich als katastrophal erweisen, wenn sich die Afghanen untereinander zu bekriegen begannen. Inzwischen stimmte er mit Bin Laden überein, eine separate afghanische Kampfgruppe zu bilden, wenngleich sie unterschiedliche Vorstellungen über deren Stoßrichtung hatten. Die Takfiristen - Hafs, Ubajdah und Fadl - waren zwar in erster Linie daran interessiert, in Ägypten die Macht zu übernehmen, wollten aber auch bei diesem Unternehmen ein Wort mitreden. Abu Hadscher, der irakische Kurde, war stets misstrauisch gegenüber den Ägyptern und neigte dazu, grundsätzlich alle

Weitere Kostenlose Bücher