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Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007

Titel: Der Tod wird euch finden - Al-Qaida und der Weg zum 11 September Ausgezeichnet mit dem Pulitzer Prize 2007 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lawrence Wright
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ist.
    Der Innenminister Prinz Naif, ein Ehrfurcht gebietender Mann, der häufig mit J. Edgar Hoover verglichen wurde, bestellte Bin Laden in sein Büro. Das Ministerium liegt in einem eigenartigen, einschüchternden Gebäude - einer umgedrehten Pyramide -, das am Rand des Stadtzentrums von Riad emporragt. Röhrenförmige schwarze Aufzugssäulen streben nach oben in dem riesigen, beängstigend weitläufigen Innenhof aus Marmor, der anscheinend jedem, der hier steht, das Gefühl vermitteln soll, winzig und unbedeutend zu sein. Bin Laden hatte Naif während des afghanischen Dschihad viele Male in diesem Gebäude aufgesucht und die Regierung gewissenhaft über seine Aktivitäten auf dem Laufenden gehalten. Aufgrund seiner familiären Herkunft, seines Status und der Loyalität, die er der Königsfamilie in all den Jahren erwiesen hatte, war er hier in der Vergangenheit stets respektvoll behandelt worden.
    Diesmal war es anders. Naif herrschte ihn an und verlangte seinen Reisepass von ihm. Der Prinz hatte genug von Bin Ladens privater Außenpolitik.
    Das war eine kalte Dusche, die ihn auf den Boden der Realität zurückbringen sollte, aber Bin Laden fühlte sich hereingelegt. „Ich habe immer zum Wohle der saudischen Regierung gearbeitet“, klagte er gegenüber Freunden. 30
     
    ALS REICHSTES LAND der Region, umzingelt von neidvollen Nachbarn, war Saudi-Arabien zugleich auch das ängstlichste Land dieser Gegend. Als König Faisal 1969 die erste Volkszählung durchführen ließ, war er so entsetzt über die geringe Bevölkerung, dass er die ermittelten Zahlen kurzerhand verdoppeln ließ. 31 Seither werden die amtlichen Statistiken des Königreichs durch diese ursprüngliche Fälschung verzerrt. Im Jahr 1990 meldete Saudi-Arabien eine Bevölkerung von mehr als 14 Millionen, fast so viel wie Irak, Prinz Turki hingegen schätzte die Einwohnerzahl privat auf etwas mehr als fünf Millionen. 32 Da die saudische Regierung stets in der Angst lebte, von Angreifern überrannt und ausgeraubt zu werden, erwarb sie für Milliarden von Dollar die teuersten Waffensysteme aus den USA, Großbritannien, Frankreich und China, was für die Königsfamilie eine weitere Quelle der Bereicherung durch lukrative Schmiergelder darstellte. In den achtziger Jahren richtete das Königreich ein 50 Milliarden Dollar teures Luftverteidigungssystem ein; das Ingenieurcorps der US-Armee verlegte sein Hauptquartier aus Deutschland nach Saudi-Arabien, um Stützpunkte, Schulen und Befehlsstellen für die Armee, die Luftwaffe, die Marine und die Nationalgarde Saudi-Arabiens zu bauen. 33 Nachdem der US-Kongress per Gesetz US-Firmen untersagt hatte, Schmiergelder an ausländische Agenten zu zahlen, wickelte die saudische Regierung das größte Waffengeschäft der Geschichte mit den Briten ab. Ende des Jahrzehnts war das Königreich so weit aufgerüstet, dass es sich gegen die unmittelbaren Bedrohungen aus seiner Nachbarschaft eigentlich selbst verteidigen konnte. Es besaß alle notwendigen Waffen, doch es mangelte ihm an Ausbildung und an Soldaten - anders gesagt, es fehlte ihm eine Armee.
    Im Jahr 1990 warnte Bin Laden vor der Gefahr, die Saddam Hussein, der mörderische Tyrann Iraks, für Saudi-Arabien darstelle. Man tat ihn als Kassandra ab. „Viele Male habe ich in meinen Reden in Moscheen davor gewarnt, dass Saddam an den Golf vordringen wird“, klagte Bin Laden. „Niemand hat mir geglaubt.“ 34 Der Großteil der arabischen Welt begrüßte Saddams Tiraden gegen den Westen und seine Drohung, Israel mit seinen chemischen Waffen „zur Hälfte zu verbrennen“. 35 Er war besonders populär in Saudi-Arabien, das freundschaftliche Beziehungen zu seinem nördlichen Nachbarn unterhielt. Dennoch setzte Bin Laden seinen einsamen Feldzug gegen Saddam und sein säkulares Baath-Regime fort.
    Abermals war der König erzürnt über Bin Laden - eine gefährliche Situation für jeden saudischen Bürger. Das Königreich hatte einen Nichtangriffspakt mit Irak geschlossen 36 , und Saddam hatte Fahd persönlich versichert, dass er nicht die Absicht hege, in Kuwait einzumarschieren, obwohl er mehrere Divisionen der Republikanischen Garden an die Grenze verlegte. 37 Die saudische Regierung legte Bin Laden abermals eindringlich nahe, sich auf seine eigenen Angelegenheiten zu beschränken, und unterstrich diese Mahnung dadurch, dass sie sein Anwesen von der Nationalgarde durchsuchen und mehrere Arbeiter verhaften ließ. 38 Bin Laden protestierte gegen diesen Übergriff bei

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