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Der Tod wohnt nebenan Kriminalroman

Titel: Der Tod wohnt nebenan Kriminalroman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Francisco Gonz lez Ledesma
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Rhythmus einer Stadt, die lebte und arbeitete und die gesunde Finanziers brauchte. Wer hätte das gedacht, dachte Miralles.
    Und er dachte noch an anderes: an die beschissene Position von Eva, den Fehler, der beinahe alles zum Scheitern gebracht hätte. Das hätte sie doch wissen müssen.
    »Eva …«
    Die kleine Wohnung in einem Viertel, das keine Finanziers zu brauchen schien. Das Zimmer des kleinen Jungen, das nie wieder jemand betreten hat, der Flur, auf dem sie sich manchmal begegnen und auf dem sie sich jetzt fest in die Augen sehen.
    »Eva, ich hatte dir eine genaue Lagezeichnung gemacht, ich habe dich wie eine Marionette auf deinen Platz gesetzt, so war es bombensicher. Wir hatten jeden Zentimeter von der Tür bis zum Auto ausgemessen. Du wusstest, dass du einen halben Schritt weiter gehen musstest, aber du hast es nicht getan.«
    Wozu weiterreden? Eva Expósito ist fast noch ein Kind. Ihre Arbeit ist illegal, er zahlt sie. Miralles weiß, dass er einen Fehler begeht, dass man nie das Leben eines Mädchens in Gefahr bringen darf. Aber genau das macht ihn am meisten nervös, er denkt, dass alles sinnlos war.
    »Ich riskiere meinen Kopf, Eva. Ich habe keine Ahnung, warum sie bei der Firma akzeptieren, dass ich dich als Assistentin anstelle. Aber ich will, dass du, bevor du zwanzig bist, einen Job hast, in dem du bezahlt und respektiert wirst, wo niemand mehr danach fragt, in welch beschissener Welt du einmal gelebt hast. Ich will, dass du einen Beruf hast, in dem es immer Arbeit gibt, wenn du gut bist.«
    Mit gesenktem Kopf und dem Blick eines verängstigten Mädchens, was völlig untypisch für sie war, ließ Eva sich auf einen der Stühle in dem kleinen Esszimmer fallen. Sie merkte nicht, dass es der Stuhl war, der sonst nie benutzt wurde.
    »Steh sofort auf, Eva.«
    »Entschuldigung. Ich habe nicht darauf geachtet.«
    Jetzt war es Eva klar, aber sie sagte nichts.
    Es war der Stuhl, auf dem das Kind immer saß, bevor es ums Leben kam. Sie setzte sich auf die andere Seite des Tisches, den Kopf immer noch gesenkt.
    »Hör mal, Eva, ich will, dass du perfekt bist.«
    »Wie es dein Sohn gewesen wäre?«
    Knackende Fingerknochen, Hände, die sich zu Fäusten ballen. David Miralles’ Gesicht verwandelte sich in eine Maske, die nicht atmete, das Zimmer roch plötzlich muffig, ein paar Regentropfen trommelten ans Fenster. Ein eingewanderter Spatz setzte sich auf die Fensterbank und blickte sie aus der Tiefe einer ewigen Natur an, die immer Recht behalten wird und in der sie keinerlei Bedeutung haben.
    Die Äuglein des Spatzen, der nur die Zukunft kennt, sind weit menschlicher als die Augen von David Miralles, dem Mann, der nur die Vergangenheit kennt.
    »Sag das nie wieder, Eva.«
    »Ich wollte immer frei sein, und jetzt gibt es eine Menge Dinge, die ich nicht mehr machen kann.«
    »Es ist zu deinem Besten, Eva.«
    Die Atmung hatte sich normalisiert, die Hände hatten sich geöffnet. Der Regen schloss sie in eine Art Kreis ein, denn er pickte immer heftiger auf die Scheiben.
    »Ich habe mich bei dir entschuldigt.«
    »Eine Entschuldigung hilft auch nichts, wenn der Fehler erst gemacht ist. Der Mann wusste, dass man ein Attentat gegen ihn verüben wollte, und hat uns um Schutz gebeten. Und dafür hat er gut bezahlt. Eine Wächterin über Nacht in der Wohnung: du. Einen Mann im Eingangsbereich, der den Aufzug im Auge hat, der in die Wohnung hinauffährt und den Schützling herunterbringt, wenn ich ihm das Zeichen gebe. Ein Wachtposten auf der Straße: ich. Ein gepanzerter Wagen und ein Wagen als Eskorte. Ein ganzes Heer, und du machst wider alle Anweisung den halben Schritt nicht. Einen halben Schritt, sonst nichts. Es war alles genau berechnet.«
    »Genau berechnet«, sagt sie.
    »Klar.«
    »Wenn ich diesen halben Schritt gemacht hätte, David Miralles, hätte es mir den Kopf weggepustet.«
    Wieder die Stille der hinteren Höfe, die Stille der Matronen und Katzen, der träumenden Mädchen, der Greise, die die Stunden zählen, nur unterbrochen von Regenböen. In den armen Vierteln regnet es anders, hat Miralles schon mehr als einmal gedacht: In den armen Vierteln ist der Regen die einzige Poesie.
    »Es gibt keinen Job ohne Risiko.«
    »Es gibt keinen Job ohne Risiko … Ja klar. Aber in dem Fall heißt das, anstelle eines anderen zu sterben. Sag mir eines, David, hättest du den Kopf deines Sohnes anstelle von meinem eingesetzt?»
    »Ich …«
    »Was?«
    »Ich verbiete dir, darüber zu reden.«
    »Du verbietest mir,

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