Der Tod wohnt nebenan Kriminalroman
Körper war.
»Amores, ruf einen Krankenwagen. Amores, ruf die Polizei an, jemand anderen als mich. Amores, verdammt und zugenäht.«
Es war offenkundig, dass derjenige, der das getan hatte, das Mädchen für tot gehalten hatte, und es darauf anlegte, dass sie in ihrem eigenen Bett verfaulte, aber das Mädchen hatte eine enorme Widerstandskraft, die vielleicht daher kam, dass sie in so vielen Betten gewesen war. Méndez wollte sie losbinden, aber dann fiel ihm ein, dass seine Kollegen sie so auffinden mussten, die von der Ambulanz würden auch rücksichtsvoller mit ihr umgehen. Außerdem war Amores nicht nur auf die Knie gefallen, sondern er war kurz davor zusammenzuklappen.
Er konnte nicht einmal das Handy halten.
Méndez überlegte rasch. Wenn jeden Tag das Essen aus einem Restaurant geliefert worden war, dann musste das Mädchen gestern noch in Form gewesen sein und ihr Begleiter erst recht. Das wies darauf hin, dass große Chancen bestanden, dass sie noch rechtzeitig gekommen waren. Und es wies darauf hin, dass sie den Unterschlupf von Leónidas Pérez gefunden hatten.
Méndez wiederholte:
»Verdammte Scheiße.«
Vielleicht hatte das Mädchen Verdacht geschöpft. Vielleicht hatte sie sich gewehrt, so lange eingesperrt zu werden. Vielleicht war ihr plötzlich bewusst geworden, dass sie dort Geld und ihr Leben einbüßte, und sie hatte Léonidas Pérez Probleme gemacht. Vielleicht kannte Leónidas Pérez nur eine Art, Probleme zu lösen.
Und inzwischen hatte er womöglich eines von den Tausenden Appartements in der Stadt gemietet. Oder eines von den Tausenden an der Küste. Oder vielleicht hatte er eine andere Frau getroffen, die es im Leben zu was bringen wollte.
Der Krankenwagen traf zuerst ein, mit einem jungen Arzt, der wahrscheinlich gerade seinen Abschluss gemacht hatte, der gerade seine ersten praktischen Erfahrungen sammelte. Ein guter Anfang. Er band das Mädchen los, hörte sie ab, sah sich ihre Wunden an und stieß dabei leise ein paar Sätze aus. Keiner hörte sich an wie ein Gebet zum Heiligen Geist.
Das Wichtigste, was er sagte, war:
»Sie wird durchkommen. Aber keine Befragungen vor nächster Woche, frühestens.«
Eine Woche, dachte Méndez. Sie hatten nicht die geringste Chance, Leónidas Pérez zu schnappen, und es war sehr wahrscheinlich, dass er einen neuen Killer anheuerte. Sowohl Miralles als auch seine junge Assistentin standen mit einem Bein im Grab.
Doch Méndez beschloss, die vierundzwanzig Stunden des Tages zu nutzen. Für irgendetwas musste es ja gut sein, dass er nicht arbeitete.
26
In der feinen Kleidung fiel Miralles auf dieser Treppe der Reichen nicht weiter auf, die so weit weg von dem war, was er kannte. Das Halfter der Pistole sah man an dem gut geschnittenen Jackett überhaupt nicht. Er hatte die Waffe gesichert, aber eine Kugel befand sich bereits im Lauf.
Er beobachtete die viel befahrene Diagonal. Auf den ersten Blick schien es unmöglich, sie zu kontrollieren, doch seine Augen erfassten die vorbeifahrenden Autos schon, wenn sie noch an der Ampel standen.
Die, in denen nur eine Person saß, interessierten ihn weniger, vor allem wenn die Fensterscheibe auf der Beifahrerseite geschlossen war. In dem kurzen Moment, in der man an einem Haus vorbeifährt, war es für den links sitzenden Fahrer nahezu unmöglich, die rechte Scheibe herunterzufahren, sich zu ihm zu beugen und treffsicher zu schießen oder eine Bombe zu zünden. Außerdem würde das Auto danach sofort im Stau steckenbleiben.
Wachsamer hingegen war er bei den Wagen mit zwei Fahrgästen, denn einer konnte fahren und der andere das Attentat begehen. Die hatte er im Blick.
Und die Motorräder.
Am schlimmsten waren die mit Beifahrer.
Wenn der Fahrer allein war, vor Miralles bremste und auch nur die kleinste ungewöhnliche Bewegung machte, blickte er in Bruchteilen von Sekunden in die Mündung einer Pistole. Aber wenn es zwei Fahrer waren, blieb dem zweiten Zeit zu handeln. Miralles wusste, am leichtesten war ein Attentat von einem Motorrad aus mit zwei Leuten zu begehen. Deshalb überwachte er sie besonders genau mit angespannten Muskeln und seinem fotografischen Blick.
Der kritische Moment war noch nicht gekommen. Was Miralles tat, war, sagen wir, Position beziehen. Wenn jemand ein Attentat gegen seinen Schützling geplant hatte, war es am besten, ihn bereits im Vorfeld abzuschrecken.
Er sah auf die Uhr. Genau zehn nach neun.
Gleich würden sie rauskommen.
Loscertales, der Leiter der
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