Der Tod wohnt nebenan Kriminalroman
die wenigstens seine Augen erfreute, und das, obwohl sie schon seit Monaten Spenden für seinen Kranz sammelte. Nur ein paar junge Mädchen, die gerade aus der Polizeischule kamen, und ihre Pistole so eitel zur Schau trugen, als wäre es ein Halstuch von Hermés. Verdammt, Méndez, wie der Hauptkommissar immer sagte. Auch sie kennen dich nicht.
Méndez setzte sich geschmeidig, zur Überraschung derjenigen, die erwartet hatten, seine Knochen knacken zu hören.
»Sie mischen sich aber auch in jeden verfluchten Schlamassel ein, Méndez. Ich weiß nicht mehr, was ich mit Ihnen machen soll. Erst schneiden Sie einem Kerl mit einer kaputten Weinflasche die Eier ab, die zu allem Überfluss auch noch Markenwein enthielt. Glauben Sie ja nicht, das wird der Staat zahlen. Und dann blasen Sie einem anderen das Hirn weg.«
»Der hatte schon lange kein Hirn mehr«, warf Méndez respektvoll ein.
»So ein Scheiß. Dieser Bermúdez hat sich im Gefängnis sehr anständig benommen, er war fast schon vertrauenswürdig, er wollte sogar irgendetwas studieren, ich glaube Vergleichende katalanische Grammatik, da hat er auf Unterstützung gehofft. Eines Tages wird jemand aufdecken, wo all die öffentlichen Gelder hinwandern, Méndez. Wo die privaten hinwandern, kann ich ihnen jetzt schon sagen. Ein Anwalt verlangt, dass Sie das Opfer entschädigen und aussagen, Bermúdez habe nicht vorgehabt, auf das Kind zu schießen. Außerdem haben Sie mit einer nicht vorschriftsmäßigen Waffe geschossen. Deshalb verlangt der Anwalt jetzt eine andere Art von Entgegenkommen.«
»Was zum Teufel?«
»Der Anwalt spricht von ›Kollateralschäden‹.«
»Und was meint er damit?«
»Keine Ahnung, Méndez, aber die Kollateralschäden erhöhen die geforderte Schadenersatzsumme, und Ihnen kann eine Strafe drohen, die Sie nicht mit zehnmal Weihnachtsgeld begleichen können. Und am Ende muss sich der Staat darum kümmern – er machte eine kleine Verbeugung – denn Sie, Méndez, sind ja bekannt dafür, dass Sie chronisch pleite sind.«
»Stimmt«, gab Méndez zu. »Ich schulde der Hälfte aller Buchhändler von Barcelona Geld.«
»Verstehen Sie jetzt?«
»Ich weiß, dass man mir demnächst die Anklageschrift präsentieren wird«, flüsterte der Beschuldigte. »Ich fürchte, ich bin der meistgesuchte Polizist von ganz Barcelona.«
»Das sind Sie. Ich an Ihrer Stelle würde mir eine Tarnung zulegen.«
Méndez dachte ein Weilchen darüber nach.
»Ich hab’s«, sagte er dann. »Ich werde um eine Geschlechtsumwandlung bitten.«
»Da wären Sie nicht der erste Polizist, der das tut, mit der Hoffnung, in Mutterschutz gehen zu können. Aber nun mal im Ernst, Méndez, lassen Sie uns Tacheles reden. Erstens: Gehen Sie mir nicht auf die Nerven. Zweitens: Sie sind superaktenkundig. Drittens: Wir werden versuchen, Sie da rauszuholen. Viertens: Entsorgen Sie Ihren verfluchten 45er-Colt. Fünftens: Mischen Sie sich nicht in eine parlamentarische Ermittlung ein, sonst schneide ich Ihnen die Eier ab, auch wenn ich bezweifle, dass Sie das überhaupt merken würden. Sechstens: Sagen Sie mir, was Sie über diesen Kerl namens Leónidas Pérez wissen, der hinter all dem stecken muss.«
»Er ist verschwunden«, sagte Méndez leise. »Ich weiß nichts über ihn, obwohl er immer noch die Fäden zieht, denn er handelt über Mittelsmänner. Und was für welche.«
»Es gibt zu viele Orte, an denen er sich verstecken kann«, befand der Hauptkommissar. »Es ist ein Land für Touristen, jeder kann sich nach Belieben in einen Touristen verwandeln.«
»Früher war es noch schlimmer«, meinte Méndez. »Minister Fraga überreichte dem millionsten Touristen immer einen Blumenstrauß, und immer war das rein zufällig eine geile Schnecke.«
»Ha.«
»Ich hätte da einen Plan«, murmelte Méndez. »Dieser Mistkerl von Leónidas hält es keinen Tag ohne Frau aus, so könnten wir ihm auf die Spur kommen. Das Blöde ist, dass ich ihn nicht verfolgen kann, denn ich habe noch keine Frau kennengelernt, die mich länger als zehn Minuten erträgt.«
»Denken Sie, wir würden nicht in diese Richtung ermitteln?«, sagte der Hauptkommissar. »Wir haben in verschiedenen Bordellen und Begleitagenturen (oder wie sie sich auch immer nennen) Informanten, sogar bei Seniorenorganisationen. Ich nehme an, dort vermuten Sie die Frauen, die Ihnen die Informationen geben, Méndez.«
»Ein schlechter Scherz, Hauptkommissar. Seien Sie ihnen gegenüber nicht respektlos. Einige dieser Frauen waren
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