Der Todesbote
Rolle, ob mir dies befohlen wurde oder ich irgendwelche Stimmen gehört habe.
Es war ganz einfach meine Arbeit, dies zu tun. Wir warten jetzt zunächst auf das dritte Jahrtausend. Vielleicht werde ich es gar nicht mehr erleben. Das wäre für das Land sehr gut. Je eher ich wieder auf diese Welt zurückkehre, umso besser für die Menschen. Es wird noch viele, viele Onoprienkos geben. Ob die Menschen mich darin wiedererkennen, das vermag ich nicht vorherzusagen.«
»Kann es sein, dass es außer Ihnen derzeit noch einen Onoprienko auf dieser Welt gibt?«
»Darüber darf ich nicht sprechen. Fest steht, es kann hunderte Onoprienkos geben. Sie werden wie ich – wie ein Roboter –
töten. Sie haben den Auftrag, dies zu tun. Es gibt einen so genannten weißen Roboter, der ohne weiteres aus einem Menschen gemacht sein kann. Mehr möchte ich Ihnen dazu nicht sagen.«
»Sind Sie auch ein ›weißer Roboter‹?«
»Nein, das bin ich leider nicht. Ich bin irgendwelchen Stimmen und Befehlen untergeordnet. Der weiße Roboter dagegen ist ein Wesen ohne Seele, für eine bestimmte Arbeit vorprogrammiert. Er kann im Gegensatz zum Menschen nicht Kartoffeln schälen oder Auto fahren.«
»Onoprienko, lassen Sie uns über Frauen sprechen. Alle Frauen, die Sie geliebt haben, sagen, es gibt keinen besseren Mann als Sie. Wie konnten Sie Liebe und Mord vereinen?«
»Dies ist ganz einfach erklärt. Was ich mit den Frauen getan habe, war eine Art zärtliche Hypnose. Das Wichtigste war dabei die Zärtlichkeit. Es gibt den Begriff der vollkommenen Zärtlichkeit. Man muss vollkommen und zärtlich sein, dann kannst du mit jeder Frau tun, was du gerne möchtest. Ich kann Frauen so bearbeiten, dass sie auch mit mir töten gehen würden. Ohne einem Befehl, nur aus Liebe zu mir.«
»Haben Sie je einer Frau den Befehl zum Töten gegeben?«
»Zum Töten habe ich noch nie einen anderen Menschen angestiftet oder benutzt. Die wenigsten hätten verstanden, in welcher Form dies zu geschehen hat. Ich habe noch nie Helfer für meine Impfungen benötigt. Schon gar nicht eine Frau. Ich brauchte dies nicht. Auch Rogosin (ein Mithäftling) habe ich ebenso wenig gebraucht. Er wollte einen Mitgefangenen töten und bat mich um meinen Rat und meine Hilfe bei der Durchführung der Tat. Doch ich lehnte es ab, ihm beim Töten zu helfen. Denn als ich bemerkte, dass er eine Art Bande im Gefängnis bilden wollte, wandte ich mich von ihm ab. Als die Mitarbeiter der Prokuratur mich eines Tages baten, den Namen des Anführers der geplanten Bande preiszugeben, habe ich ihn genannt, da er durch meine Erzählungen auch Zeuge aller meiner Taten war. Das Gefängnis wird ihn mit Sicherheit vernichten.«
»Fürchten Sie auch, nach Ihrem Urteil in diesem Gefängnis vernichtet zu werden?«
»Ich bin zu allem bereit. Hier habe ich nichts mehr zu tun. Ich konnte meine Aufgabe nicht erfüllen, das kränkt mich sehr.
Welches Urteil das irdische Gericht ausspricht, interessiert mich nicht. Wenn, dann habe ich nur Angst vor dem überirdischen Urteil. Die Richter auf dieser Welt können mich nicht beeindrucken. Es ist mir egal, wie Sie über mich urteilen.
Eines Tages wird die Welt erkennen, was sie durch mich verloren hat.«
»Würde Sie die Vollstreckung der Todesstrafe nicht erschrecken? Möchten Sie lieber sterben oder weiterleben?«
»Weder noch. Ich gehöre mir nicht selbst, weiß jedoch nicht einmal, wem ich gehöre. Ich habe sehr viele Kenntnisse und Informationen in meinem Leben gesammelt. Wie ein Professor oder ein Wissenschaftler. Dieses ganze Wissen verschenke ich nun. Innerhalb der letzten zwei Jahre musste ich meine Zelle mit bestimmt 400 verschiedenen Häftlingen teilen. Ihnen schenkte ich meine gesamten Weisheiten. Doch die Informationen, die ich ihnen mitgab, können ihnen außerhalb der Gefängnismauern das Leben kosten. Ja, es kann durch meine Erkenntnisse sogar zu einem neuen Krieg kommen.«
»Wer ist für Sie ein Vorbild unter den Persönlichkeiten unserer Zeltgeschichte: Stalin, Lenin oder Hitler? Oder gibt es eine andere Person, die Sie verehren?«
»Hitler hat mir nie gefallen, da er meiner Meinung nach einem Biotoproboter ähnlich ist. Ich habe einige Videofilme von ihm gesehen. Sein Gesicht drückt keine Gefühle aus. Über die anderen möchte ich jetzt nicht sprechen, dazu reicht unsere Zeit nicht annähernd aus.«
»Onoprienko, Sie sagen einmal, Sie sind ein Roboter, ein anderes Mal bezeichnen sie sich als jemanden, der Befehle ausführt.
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