Der Todesbote
aus ihm heraus. Er hat offensichtlich den Faden nicht verloren und berichtet weiter.
»… Doch schon bald kam ich trotzdem wieder nach Deutschland und habe mehr als 100 schwere Diebstähle begangen. Ich klaute überall, in Häusern, Firmen, Bars und Restaurants. Ich stahl mir auch ein Auto. Damit konnte ich nach Österreich fahren. Doch ich wurde in Österreich sehr schnell von der Polizei gefasst und in ein Gefängnis gebracht.
Da haben sie mir auch das Auto weggenommen. Das war in Eisenstadt. Doch ich konnte aus dem Gefängnis flüchten. Dann stahl ich mir einen Opel Astra. Damit fuhr ich wieder nach Deutschland. Ich wollte, dass die deutsche Polizei auf mich aufmerksam wird, aber sie waren zu langsam. Ich war immer schneller als sie. Interessant ist auch, dass ich den Opel im Hof der Polizei in Eisenstadt gestohlen habe.«
(Dies entspricht nicht den Tatsachen, wie sich später herausstellte. Das Auto, das Onoprienko stahl, stand nicht vor einem Polizeigebäude, sondern auf dem Parkplatz der Handelskammer.)
»Wie war es Ihnen möglich, aus dem Gefängnis zu flüchten?«
»Das war ein ganz normales Gefängnis mit gewöhnlichen Gittern und Wänden, genauso wie hier. Man hatte mir schon zweimal vorgeschlagen, am Tage zu flüchten, aber das gefiel mir nicht. Doch eines Tages – ich arbeitete gerade in der Küche
– habe ich zwei Besen zusammengebunden und mir ein Seil aus Lappen gefertigt. Damit flüchtete ich über den Zaun. Es wurde sehr fleißig nach mir gesucht, da ich als Seelenkranker galt. Ich konnte beobachten, wie man alle Kräfte mobilisierte und einsetzte, um mich zu finden. In einem Polizeirevier (er meint damit das Gebäude der Handelskammer) habe ich Nachts alle Türen aufgebrochen, alle Akten durcheinander geworfen –
und trotzdem hat man mich nicht gefangen. Dann habe ich ohne Probleme die Grenze nach Deutschland überquert.«
»Wurde die deutsche Polizei nicht auf Sie aufmerksam?«
»In Deutschland fuhr ich überall mit meinem gestohlenen Auto herum, bis man mich schnappte und wieder in ein Gefängnis brachte. Eine Nacht vorher war ich in einem Laden für Computerspiele und elektrische Geräte eingebrochen. Davon habe ich einige genommen und in das Auto gepackt. Diesen Einbruch habe ich für meinen Freund gemacht, der mich bat, ihm Unterricht im Stehlen und Einbrechen zu geben. Seine Freundin benötigte dringend Dinge für ihre Küche. Das Diebesgut hatte einen Wert von 60 DM, errechnete später die Polizei. Diese Bekannte, der ich das Diebesgut schenkte, hat mich dann bei der Polizei verraten. Das Urteil für diesen Einbruch lautete ein Monat Haft. Ein Monat Gefängnis für mich, der eigentlich bei weit mehr als 100 Firmen eingebrochen war. Als alles aufgedeckt wurde, hat man mich zu sieben Monaten Haft verurteilt und nach Verbüßen der Strafe wieder in die Ukraine abgeschoben. Ich bin mir sicher, dass die deutsche Geheimpolizei von allen meinen großen Verbrechen wusste, mich aber mit Absicht nur wegen des 60-Mark-Diebstahls verhaftete. Darüber war ich sehr böse und fühlte mich alleine unter Feinden. Meine Vernunft empfahl mir, ruhig zu bleiben, doch meine Seele forderte den Kampf.
Ich fühlte mich so, wie sich Hitler oder Lenin gefühlt hatten: Beide hatten mit der Zeit so viel erlebt, dass es ihnen egal war, was weiter geschah. Ich glaube nicht, dass diese Persönlichkeiten einfach erschienen sind. Ich bin mir sicher, sie wurden von irgendwelchen Organisationen auf ihr Tun vorbereitet. Dies begann nicht in unserem Jahrhundert, sondern schon viel früher.«
»Sind Sie nach der Abschiebung in die Ukraine noch einmal nach Deutschland gekommen?«
»Zunächst bin ich nach Griechenland gefahren, doch die Griechen hatten kein Interesse an mir. Dann kamen amerikanische Geistliche zu mir. Sie nannten sich Mormonen.
Sie luden mich zu sich nach Hause ein. Als ich das nicht wollte, erhielt ich Drohungen. Sie versuchten, mich zu vergiften. Und fingierte Autounfälle hatten sie gegen mich vorbereitet. So habe ich Griechenland wieder verlassen und bin nach Deutschland gereist. 10 Jahre lang wanderte ich durch ganz Europa, lernte Bräuche und Traditionen und die Politik und Wirtschaft der einzelnen Länder kennen.«
»Reisten Sie mit Ihrem richtigen Namen durch diese Länder?«
»Bis ich das erste Mal in Deutschland verhaftet wurde, reiste ich unter meinem richtigen Namen Onoprienko. Dann habe ich mich Smirnov genannt. Ich wohnte monatelang unter diesem Namen in Deutschland, bis mich ein
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