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Der Todesengel von Florenz

Der Todesengel von Florenz

Titel: Der Todesengel von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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seine Abneigung auch war und wie begründet sie vor seinem Gewissen auch sein mochte, tief in seinem Innersten verzweifelte er an sich selbst. Gehörte zum Lobpreis Gottes, dem er sich mit so großer Leidenschaft verschrieben hatte, denn nicht vor allen Dingen, dass er seinen Nächsten liebte, so wenig liebenswert dieser auch sein mochte, und dass er, wenn jemand ihn schmähte oder verletzte, auch noch die andere Wange hinhielt? Manchmal gelang es ihm, so zu handeln, aber so gut wie nie, wenn er mit Bandelli zu tun hatte.
    Warum nur besaß er weder den Willen noch die Kraft, über seinen Schatten zu springen und die Größe zu zeigen, die sein Oberer nicht aufbrachte? Warum erlag er so oft dem Drang, sich für die Verletzungen, die Bandelli ihm zugefügt hatte, zu revanchieren, indem er ihm selbst in lächerlichen Kleinigkeiten wie gerade beim »Benedicite – Dominus« die Stirn bot und damit seine Berufung zu einem monastischen Leben immer wieder aufs Neue in Frage stellte? Warum nur empfand er seinen Oberen wie einen giftigen Dorn in seinem Fleisch?
    Er wusste es nicht zu sagen, vermutete aber, dass sie einander ähnlicher waren, als er wahrhaben wollte.
    Andererseits: Nirgendwo stand geschrieben, dass ein Ordensgewand einen zu einem besseren Menschen machte. Immerhin erinnerte es ihn häufiger als andere Kleider daran, dass die Zahl seiner Schwächen die seiner Stärken weit übertraf und dass er die Hoffnung, dieses Verhältnis eines Tages umkehren zu können, noch nicht aufgegeben hatte. Eine Hoffnung, die bei all den Dämonen, mit denen er zu kämpfen hatte, im zeitweiligen Dunkel seines Lebens so viel Licht und Zuversicht verbreitete wie ein Talglicht im nachtschwarzen Wald.

9
    D er Prior räusperte sich. »So geht es nicht weiter, Pater Angelico!«, sagte er energisch, aber mit gedämpfter Stimme in Bruder Bartolos lautes Stampfen und Malmen hinein.
    In Pater Angelicos Gesicht regte sich nichts. »Nun, wenn Ihr es sagt, wird es wohl so sein, ehrwürdiger Vater«, erwiderte er.
    »Ihr wisst, wovon ich rede?«
    »Nein, aber ich bin sicher, Ihr werdet mich gleich erleuchten.«
    »Es geht um Marsilio Petrucci!«
    Hatte er es doch geahnt!
    »Ich nehme an, der Name ist Euch noch nicht ganz entfallen«, sagte der Prior bissig.
    »Da vermutet Ihr richtig.«
    »Wirklich? Das erstaunt mich nun doch. Denn in den letzten Wochen hätte man leicht den Eindruck gewinnen können, dass Ihr den Namen ebenso vergessen habt wie Eure Verpflichtungen, die sich mit ihm verbinden!«
    Der Vorwurf ärgerte Pater Angelico über die Maßen, was er vermutlich nicht verbergen konnte. Die dreiste Eigenmächtigkeit, die sein Oberer in der causa Petrucci an den Tag gelegt hatte, war wohl der Tropfen gewesen, der das Fass zum Überlaufen gebracht und das letzte dünne Band monastischer Brüderlichkeit zwischen ihnen durchtrennt hatte.
    »Wie könnte ich vergessen, dass Ihr den Auftrag für die Ausmalung einer ganzen Hauskapelle im Palazzo des Wollfabrikanten angenommen habt, ohne vorher mit mir darüber gesprochen zu haben, geschweige denn die Entscheidung darüber, ob ich dazu überhaupt willens oder fähig bin, mir zu überlassen!«, erwiderte er scharf.
    Der Prior wedelte mit seiner goldberingten Rechten, als wollte er ein lästiges Insekt vertreiben. »Lasst uns nicht wieder bei Adam und Eva beginnen! Was damals dazu zu sagen war, ist gesagt worden – von Euch wie von mir! Da gibt es nichts, was jetzt noch einmal aufzuwärmen wäre«, sagte er unwillig, aber auch abwiegelnd, wusste er doch nur zu gut, dass er den Bogen damals überspannt hatte.
    »Dass Ihr daran kein Interesse habt, wundert mich nicht«, gab Pater Angelico zurück. »Aber es liegt in der Natur der Dinge, dass sich am Ende alles auf Adam und Eva – und die hinterhältige Schlange zurückführen lässt!«
    Vincenzo Bandelli zog es vor, diese Spitze zu ignorieren, und gab nun den umgänglichen Prior, der an das Ehrgefühl und den Gemeinsinn eines Klosterbruders appellierte. »Lasst uns zum Kern der leidigen Angelegenheit kommen, werter Bruder. Marsilio Petrucci sitzt mir seit Wochen im Nacken, und das mit gutem Recht! Egal, wie wir es drehen und wenden, wir stehen bei ihm im Wort. Er hat unserem Kloster im Oktober die beachtliche Summe von hundert Florin überlassen und damit die Hälfte des ausgehandelten Lohns im Voraus gezahlt. Und es gibt nichts daran zu rütteln, dass Ihr den Auftrag letztlich angenommen habt«, fügte er mahnend hinzu.
    Was leider der Wahrheit

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