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Der Todesengel von Florenz

Der Todesengel von Florenz

Titel: Der Todesengel von Florenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer M. Schroeder
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ist schneller als das Gerücht, und es wächst im Fortschreiten, wie Ihr ja wohl selbst wisst!«
    Pater Angelico schaute bedrückt drein. »Damit habt Ihr leider recht.«
    »Und ob ich recht habe!« Der Prior funkelte ihn an. »Also was vergeudet Ihr hier kostbare Zeit und haltet Totenwache, wofür genügend andere Brüder zur Verfügung stehen, während dieses verleumderische Gerücht auf Straßen und Plätzen und in den Tavernen die Runde macht?«
    Verständnislos blickte Pater Angelico ihn an. »Wie kommt Ihr auf den Gedanken, dass ein derart unberufener Mann wie ich das Gerücht eindämmen oder gar aufhalten könnte?«
    Genervt verdrehte Vincenzo Bandelli die Augen. »Herr im Himmel, das liegt doch wohl auf der Hand. Einer der mächtigsten Männer dieser Stadt hört auf Euch und ist zweifellos in der Lage, dieser Verleumdung auf irgendeine Art Einhalt zu gebieten!«
    »Redet Ihr von Commissario Scalvetti?«
    »Von dem rede ich in der Tat!«
    Pater Angelico lachte unfroh. »Ich weiß nicht, wie Ihr zu der irrigen Annahme gelangt seid, Tiberio Scalvetti höre auf mich. Nichts liegt dem Wesen dieses Mannes und der Natur seines Amtes ferner, ehrwürdiger Vater. Er mag mich respektieren und womöglich …«
    »Sage ich doch«, schnitt ihm der Prior das Wort ab. »Nutzt diesen Respekt, um den guten Namen nicht nur des Verstorbenen, sondern unseres Klosters zu schützen! Ihr wisst, man neidet uns seit langem, dass wir unter dem Schutz des Hauses Medici stehen und Lorenzo unser Patron ist! Wird unser Name nun in den Schmutz gezogen, kann uns das großen Schaden zufügen. Die Augustiner von Santo Spirito, aber vor allem die Franziskaner von Santa Croce – diese eingebildeten Schwarzkutten, die sich in ihrer Selbstüberschätzung für die besseren Mönche und Theologen halten – werden sich die Gelegenheit, uns bei dem Signore in Misskredit zu bringen und sich selbst in Szene zu setzen, nicht entgehen lassen.«
    »Der brüderliche Zusammenhalt unter unseren florentinischen Orden ist doch immer wieder herzbewegend«, murmelte Pater Angelico.
    Vincenzo Bandelli überhörte den Sarkasmus geflissentlich. »Das muss um jeden Preis verhindert werden! Also nutzt Euren Einfluss! Hier geht es nicht um Euch oder mich, sondern um den Namen und das Ansehen unseres Klosters! Seht zu, was Ihr bei Commissario Scalvetti erreichen könnt, um der Liebe Christi und der Wahrheit willen!«
    Was auch immer zwischen ihnen stand, diesem Appell konnte Pater Angelico sich nicht widersetzen, wenngleich er wenig Hoffnung hegte, dass irgendjemand in der Lage war, dem Geschwätz der Straße einen Riegel vorzuschieben.
    Er seufzte. »Gut, ich werde mit Scalvetti reden und sehen, was sich tun lässt. Aber macht Euch nicht zu große Hoffnungen!«
    »Ich gebe mich nicht mit Hoffnungen ab, ich habe konkrete Erwartungen«, beschied Vincenzo Bandelli ihn kühl. Daraufhin wandte er sich ab und rauschte aus der Kapelle, wobei er in der Tür um ein Haar Bruder Bartolo über den Haufen gerannt hätte.
    Verblüfft blickte der Novize dem Oberen nach. »Hat es wieder Ärger gegeben, Meister?«, raunte er besorgt, nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte.
    »Nein, unser ehrwürdiger Vater hat mich nur wissen lassen, wie verbunden er sich mir fühlt«, antwortete Pater Angelico ehrlich und doppeldeutig zugleich. »Aber jetzt geh hinüber ins scriptorium und bitte einen der Brüder, an meiner Stelle die Totenwache zu übernehmen. Ich muss in die Stadt. Unser Prior wünscht, dass ich meine Nützlichkeit fürs Kloster auf ganz neue Art unter Beweis stelle.«
    Bruder Bartolo sah ihn verwundert an. »Inwiefern auf ganz neue Art, Meister?«
    »Indem ich im Winter nach Feigen suche!«

18
    W ann immer Pater Angelico das Bargello in der Via Balestrieri betrat, konnte er sich eines Schauers nicht erwehren. Das lag weniger an dem massiv gemauerten Quaderbau selbst, der mit seinen Zinnen und Türmen entschlossene Wehrhaftigkeit und Unnachgiebigkeit gegenüber allen Feinden der Republik demonstrierte. Auch die Tatsache, dass gelegentlich Hinrichtungen nicht auf dem Richtplatz im Osten vor der Stadtmauer, sondern hier im weitläufigen Innenhof vollstreckt wurden, war nicht der Grund für die Beklemmung, die ihn an diesem Ort befiel. Sie hatte vielmehr mit den unterirdischen Kerkern und der Folterkammer zu tun, in die der Commissario ihn einst geführt hatte. Die Erinnerung an jene Nacht, in der er dort unten auf der Streckbank erwacht war, ließ sich nicht so leicht

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