Der Todesflieger
er die düstere Atmosphäre des Gewölbes von sich ab, als er den sonnenbeschienenen Treppenabsatz erreichte. Halb hatte er sich bereits durch die rostigen Stäbe gezwängt – Giordino stand seltsam starr draußen und schien auf ihn zu warten –, als jemand neben dem Eingang in ein unbändiges Gelächter ausbrach.
»Donnerwetter, meine Herren! Sie beweisen in der Auswahl Ihrer Souvenirs ja einen ausgezeichneten Geschmack. Trotzdem ist es leider meine staatsbürgerliche Pflicht, Sie darauf aufmerksam zu machen, daß das griechische Gesetz den Diebstahl wertvoller Objekte aus historischen Stätten unter strenge Strafe stellt.«
11. Kapitel
Pitt erstarrte. Sein Herz schlug ihm bis zum Hals. Eine Ewigkeit verharrte er unbeweglich, das eine Bein bereits außerhalb des Gittertors, das andere noch linkisch nach hinten gestreckt.
Endlich hatte er den Schreck einigermaßen überwunden. Er warf die Taschenlampe und die Reisetasche hinter sich die Treppe hinab und kniff die Augen zusammen, um sich an das gleißende Sonnenlicht zu gewöhnen. Undeutlich konnte er eine schattenhafte Gestalt erkennen, die sich von der niedrigen Steinmauer löste und auf ihn zukam.
»Ich… ich begreife nicht«, murmelte Pitt blöde. Dann fing sich. »Wir sind keine Diebe«, erklärte er in geheuchelter Naivität.
Dröhnendes Lachen antwortete ihm. Die Gestalt entpuppte sich als der Fremdenführer der
Greek National Tourist Organisation.
Er grinste Pitt breit an, wobei er zwei Reihen perlweißer Zähne entblößte. Er hielt eine Neun-Millimeter-Clisenti in der Hand, deren Mündung direkt auf Pitts Herz zielte.
»Keine Diebe?« fragte der Fremdenführer sarkastisch in makellosem Englisch. »Dann vielleicht Kidnapper?«
»Nein, nein«, stammelte Pitt. Er legte ein ängstliches Tremolo in seine Stimme. »Wir sind nur zwei einsame Matrosen auf Landurlaub, die ein bißchen Spaß haben wollen.« Er zwinkerte dem Fremdenführer vertraulich zu. »Das verstehen Sie doch?«
»Selbstverständlich verstehe ich das«, entgegnete der Grieche ungerührt. Die Pistole senkte sich um keinen Millimeter.
»Deshalb sind Sie hiermit festgenommen.«
Pitts Magen krampfte sich zusammen. Er hatte einen üblen Geschmack im Mund. Schlimmer hätte es nicht kommen können. Das bedeutete möglicherweise das Ende: Eine Gerichtsverhandlung und anschließende Ausweisung. Er behielt seinen dümmlich-naiven Gesichtsausdruck bei, schob sich endlich ganz durch das Gitter und ging ein paar Schritte auf den Griechen zu. Er machte eine beschwörende Geste.
»Sie müssen uns glauben. Wir haben niemanden gekidnappt.
Schauen Sie« – er wies auf Teris nackten Hintern –, »diese Frau ist nur eine Nutte, die wir in irgend so einem Schweinestall, der sich hochtrabend Taverne nannte, aufgegabelt haben. Sie schlug uns vor, wir sollten uns einer Fremdenführung durch die Ruinen anschließen; sie würde uns dann beim Amphitheater treffen.«
Der Führer sah ihn belustigt an, griff dann
mit
seiner freien Hand nach Teris Negligés und befühlte es. Dann ließ er seine Finger über ihre sanfte, glatte Haut gleiten. Teri erschauerte leicht.
»Und wieviel hat sie verlangt?« fragte er langsam.
»Zuerst wollte sie zwei Drachmen haben«, erwiderte Pitt mürrisch. »Aber nachdem wir unseren Spaß gehabt hatten, verlangte sie plötzlich zwanzig. Und da haben wir uns natürlich geweigert zu bezahlen.«
»Natürlich«, erwiderte der Grieche unbeeindruckt.
»Es ist die reine Wahrheit«, fiel Giordino ein. Die Worte sprudelten vor Aufregung nur so aus ihm heraus. »Diese dreckige Nutte da ist der Dieb, nicht wir.«
»Eine wirklich hervorragende Komödie, die Sie da spielen«, sagte der Fremdenführer verächtlich. »Schade nur, daß Ihr Publikum so klein ist. Wir Griechen führen vielleicht ein einfaches, anspruchsloses Leben, verglichen mit dem, was in Ihren Heimatländern üblich ist. Aber deshalb kann man uns noch lange nicht für dumm verkaufen.« Er wies mit der Pistole auf Teri. »Dieses Mädchen ist keine billige Prostituierte.
Möglicherweise eine Prostituierte für gehobene Ansprüche, das kann sein; aber eine billige bestimmt nicht. Allein ihre Hautfarbe entlarvt Sie schon als Lügner – sie ist viel zu weiß.
Unsere einheimischen Mädchen sind viel dunkelhäutiger.
Außerdem haben sie vollere Hüften als diese Dame da.«
Pitt erwiderte nichts. Er beobachtete den Griechen sorgfältig und lauerte auf eine Gelegenheit zu einem Überraschungsangriff. Und Giordino, dessen war er
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