Der Todesflieger
Steuer und ließ einen Fuß aus dem Wagen hängen. Als er sie kommen sah, erhob er sich und öffnete die hinteren Türen.
Pitt betrachtete den Mann aufmerksam. Der Gegensatz zwischen dem elegant geschnittenen und engtaillierten Anzug und dem dunklen, häßlichen Gesicht machte ihn zu einer eindrucksvolle Erscheinung. Er war gute fünf Zentimeter größer als Pitt und besaß die ungeschlachte Statur eines Schwergewichtsboxers. Pitt hatte noch nie so ausladende Schultern gesehen. Er mußte wenigstens 135 Kilo wiegen. Sein Gesicht war grob und abstoßend, doch gleichzeitig ging eine geheimnisvolle Faszination davon aus. Es war ein Gesicht, das jeden Maler sofort zu einem Bild inspiriert hätte. Aber Pitt ließ sich davon nicht täuschen. Er wußte, das war ein Mann, der mit derselben Leichtigkeit einen Menschen töten würde, wie er eine Fliege erschlug. Oft genug war er in seinem Leben mit derartigen Männern zusammengetroffen.
Der Fremdenführer trat zurück und ging in einem weiten Bogen zum Wagen, die Pistole unablässig im Anschlag. »Wir haben Gäste, Darius. Drei kleine Geißlein, die sich verirrt haben.
Wir wollen sie Inspektor Zacynthus vorführen. Sie spielen nämlich ausgezeichnet Theater.« Er wandte sich an Pitt. »In Inspektor Zacynthus haben Sie auch ein dankbareres Publikum als in mir.«
Darius wies auf die Rückbank des Mercedes. »Ihr zwei kommt nach hinten. Das Mädchen nach vorne.« Seine Stimme war tief und rauh.
Pitt ließ sich in die Polster sinken. Sein Gehirn arbeitete fieberhaft. Er erwog mindestens ein Dutzend Fluchtpläne, doch einer war so wenig erfolgversprechend wie der andere. Der Fremdenführer hatte sie in der Hand. Wäre Teri nicht gewesen, hätten sie wenigstens eine gewisse Chance gehabt, den Kerl zu überwältigen und ihm die Pistole zu entreißen. Zwar war er möglicherweise gar nicht skrupellos genug, um Teri einfach über den Haufen zu schießen. Aber dieses Risiko mochte Pitt nicht eingehen.
Der Fremdenführer wandte sich jetzt in einer etwas gezwungenen Höflichkeit an seinen Kameraden.
»Sei ein Gentleman, Darius, und biete der Dame deinen Mantel an. Ihre… äh… ziemlich unverhüllten Reize könnten sonst allzu ablenkend wirken.«
»Geben Sie sich keine Mühe«, meinte Teri geringschätzig.
»Ich ziehe unter keinen Umständen den Mantel dieses Gorillas an. Nebenbei wäre es mir eine große Genugtuung, eine schmutzige Type wie Sie geil vor sich hinschwitzen zu sehen.«
Der Blick des Führers verhärtete sich, dann lächelte er schwach und zuckte die Schultern.
»Wie Sie wünschen.«
Teri lüpfte ihr Negligé bis über die Knie und kletterte in den Wagen. Der Fremdenführer stieg hinterher. Sie saß also eingezwängt zwischen ihm und dem grobschlächtigen Darius.
Der Dieselmotor des Mercedes sprang nagelnd an, und der Wagen setzte sich langsam in Bewegung. Die enge, kurvenreiche Straße wurde auf lange Strecken von tiefen, schlammigen Bewässerungsgräben gesäumt. Die Augen des Fremdenführers wanderten zwischen Pitt und Giordino hin und her. Die Pistole hielt er unverwandt auf Teris rechtes Ohr gerichtet. Seine nicht nachlassende Wachsamkeit kam Pitt übertrieben vor.
Mit größtem Bedacht zog Pitt eine Zigarette aus seiner Brusttasche – den Blick fest auf den Fremdenführer geheftet, damit der seine Bewegung nicht mißverstand. Dann steckte er sie mit derselben Langsamkeit in Brand.
»Wie heißen Sie eigentlich?« fragte er.
»Polyclitus Anaxemander Zeno«, erwiderte der Fremdenführer. »Stets zu Diensten.«
Pitt versuchte gar nicht, den Griechen mit seinem Namen anzusprechen. »Mich würde außerordentlich interessieren, warum Sie sich eigentlich zum Amphitheater zurückgeschlichen haben«, fuhr er fort.
»Ich bin ein neugieriger Mensch«, erwiderte Zeno mit einem schiefen Lächeln. »Es kam mir nicht ganz geheuer vor, daß Sie und Ihr Freund plötzlich aus meiner Gruppe verschwunden waren. Was hatten zwei so düstere Gestalten wie Sie in den Ruinen zu suchen?! Was konnte dort für Sie überhaupt von Interesse sein? In meiner Einfalt konnte ich es mir nicht erklären. Darum habe ich meine Fremdengruppe einem Kollegen übergeben und bin zum Amphitheater zurückgekehrt.
Sie waren wie vom Erdboden verschluckt. Dann entdeckte ich die herausgebrochene Stange im Tor. Nun ja, Sie mußten ja irgendwann einmal wieder aus der Höhle herauskommen. Also habe ich mich einfach hingesetzt und gewartet.«
»Und wenn wir nicht wieder herausgekommen wären?«
»Es
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