Der Todesflug der Cargo 03
Dann zuckte er die Achseln. »Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, welcher Art eine militärische Ladung sein könnte, die in rostfreien Stahlbehältern befördert werden muß.« Ein neuer Gedanke schien von Steiger Besitz zu ergreifen. Er sah Pitt eindringlich an. »Was war mit der Mannschaft?«
»Die sitzen immer noch festgeschnallt in ihren Sitzen. Zumindest das, was nach all den Jahren noch von ihnen übrig ist.«
Vorsichtig begann Giordino jetzt, die verklebte Plastikmappe an einer Seite aufzuschlitzen. »Vielleicht sind die Papiere noch lesbar«, bemerkte er. »Ich werde jedenfalls versuchen, die Blätter voneinander zu trennen und oben in der Berghütte zu trocknen.«
»So wie die Mappe aussieht, könnte sie den Flugplan der Cargo 03 enthalten«, sagte Steiger. »Es gibt übrigens heute noch eine Reihe von alten Luftwaffen-Piloten, die diesen vorsintflutlichen Typus von Plastikmappe bevorzugen.«
»Wenn der Flugplan drin ist, dann müßte sich auch rauskriegen lassen, warum der Pilot so weit vom geplanten Kurs abgewichen ist.«
»Das hoffe ich auch«, sagte Steiger. »Es wäre am schönsten, wenn wir alle erforderlichen Fakten beisammen haben, bevor wir das Ganze in einem netten dicken Paket dem zuständigen Bürokraten im Pentagon auf den Schreibtisch knallen.«»Übrigens, Steiger…« Der Angesprochene sah Pitt fragend an.
»Es tut mir leid, wenn ich Ihre Pläne über den Haufen werfe. Aber die Papiere ans Pentagon geben – so geht das nicht!«
»Das Wrack ist gefunden und kann gehoben werden«, sagte Steiger mit fester Stimme, wobei er sich bemühte, im Ton nicht laut oder ärgerlich zu werden. Andererseits war er jedoch auch fest entschlossen, sich den Triumph, das Rätsel um ein vermißtes Geisterflugzeug gelöst zu haben, nicht entgehen zu lassen. »Was immer sich bei der Hebung des Wracks an Tatbeständen ergibt, es ist dann Sache der Regierung und des Militärs. Oder gibt es irgendeinen Grund, warum diese Stellen nicht sofort offiziell von der ganzen Sache informiert werden dürften?«
»Ja«, sagt Pitt ruhig, mit schwerer Stimme. »Es gibt ein Problem.«
»Was für ein Problem?«
»Ein Mord. Da unten ist ein Mord geschehen!«
10
Mit spitzen Fingern legte Giordino ein nasses Papier nach dem anderen auf den Küchentisch. Insgesamt waren es sechs Bögen, die er auf diese Weise zum Trocknen ausbreitete. Das kleine Aluminiumschild, das Pitt in der Uniformjacke des Piloten gefunden hatte, lag in einer chemischen Lösung, die Giordino gemixt hatte und von der er hoffte, dass sie die vorläufig noch unlesbare Gravur, die auf der Oberfläche des Schildchens zu erahnen war, wieder sichtbar machen würde.
Pitt und Steiger standen in dem an die Küche angrenzenden Wohnraum vor dem knisternden Kaminfeuer und schlürften Kaffee. Der Kamin bestand aus massiven Felssteinen, die die Hitze des offenen Feuers speicherten und auf wohltuende Weise wieder abstrahlten.
»Sind Sie sich darüber klar, welche Konsequenzen das hat, was Sie da heute auf dem Boot zu mir gesagt haben?« fragte Steiger. »Sie reden von Mord, ohne irgendeinen Beweis für solch eine schwerwiegende Behauptung in den Händen zu haben…«
»Ich glaube, ich muß Ihnen mal ein paar sehr deutliche Worte sagen, damit Sie mich auch ganz bestimmt richtig verstehen!« entgegnete ihm Pitt mit ruhiger Bestimmtheit. »Sie tun so, als ob ich irgendeine Person in der Luftwaffe der Vereinigten Staaten des Mordes beschuldigt hätte. Ich beschuldige niemanden. Alles was ich sage ist, dass hier ein Mord geschehen ist. Die Indizien sind nicht sehr vollständig, zugegeben. Trotzdem wette ich alles Geld, was ich habe, dass die Gerichtsmediziner meine Vermutung bestätigen werden. Der nur teilweise skelettierte Mann, den ich im Frachtraum bei den Metallkanistern vorfand, ist nicht vor vierunddreißig Jahren, zusammen mit der Flugzeugmannschaft, gestorben.«
»Wieso sind Sie sich dessen so sicher?«
»Es gibt klare Hinweise darauf, dass da unten ein geheimnisvolles Drama vor sich gegangen ist. Zunächst einmal hat der seltsame fünfte Passagier, der anders gekleidet ist als die Mannschaft, noch Reste von Gewebe auf den Knochen, während die anderen vier Skelette blank wie Plastikgerippe aus dem Anatomieunterricht sind und offensichtlich schon seit Jahrzehnten dort unten liegen. Es steht außer Zweifel, dass dieser fünfte Mann erst viele Jahre später nach dem eigentlichen Absturz des Flugzeugs ums Leben gekommen ist. Es gibt auch keine harmlose
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