Der Todesflug der Cargo 03
Erklärung dafür, warum das fünfte Skelett mit Händen und Füßen an die eisernen Halteringe auf dem Boden des Laderaums festgebunden ist. Man braucht wenig Phantasie, um sich vorzustellen, dass hier offensichtlich eine Gangsterbande miteinander abgerechnet hat.«
»Ihre ganze Theorie klingt sehr melodramatisch, wie das Drehbuch zu einem Mafia-Film aus den dreißiger Jahren.«
»Was ich sage, ergibt sich logisch aus dem, was man da unten vorfindet, egal ob man Mafia-Filme mag oder nicht«, beharrte Pitt. »Mord bleibt Mord, auch wenn die Begleitumstände noch so melodramatisch aussehen.«
Steiger schüttelte den Kopf. »Lassen Sie uns doch einmal davon ausgehen, was wir mit Sicherheit wissen! Da unten im Bergsee liegt ein Flugzeugwrack mit der Seriennummer 75403. Dieses Wrack müßte eigentlich irgendwo im Pazifik verschwunden sein. Aber das ist es nicht, es liegt hier, mitten in den Vereinigten Staaten. Wovon wir außerdem mit großer Sicherheit ausgehen können, ist, dass es sich bei den vorgefundenen vier Leichen tatsächlich um die Mannschaft der Cargo 03 handelt«, fuhr Steiger fort. »Was die fünfte Leiche angeht, so wird dieser Mann in den Flugbegleitpapieren nicht erwähnt. Es könnte sich um jemanden handeln, der noch in allerletzter Minute an Bord genommen wurde, zum Beispiel um einen zweiten Ingenieur oder einen Flugzeugmechaniker. Dieser Mann könnte sich dann bei dem Absturz, kurz vor dem Aufprall, an den Halteringen festgebunden haben, die eigentlich zur Verankerung der Ladung bestimmt sind.«
»Wie erklärt sich dann der Unterschied in der Uniform? Der fünfte Mann trägt Khaki, nicht das übliche Luftwaffen-Blau.«
»Ich gebe zu, dass es dafür keine rechte Erklärung gibt. Aber aus dieser ungelösten Frage abzuleiten, dass dieser Mann Jahre nach dem eigentlichen Absturz ermordet wurde, scheint mir doch sehr weit hergeholt.«
»Meine These vom Mord ist nicht so abwegig, wie Sie denken«, entgegnete Pitt sehr ernst. »Ich glaube zu wissen, wer unser geheimnisvoller fünfter Mann ist. Und wenn meine Vermutung sich bestätigt, dann steht es auch außer Zweifel, dass er durch andere Menschen gewaltsam zu Tode gebracht worden ist.«
Steiger runzelte die Stirn. »Jetzt haben Sie mich neugierig gemacht«, murmelte er. »Wer ist der Tote?«
»Der gleiche Mann, der diese Berghütte gebaut hat. Der Tote ist Charlie Smith, der Vater der Kongreßabgeordneten Laura Smith.«
Steiger schwieg. Einige Minuten lang ließ er Pitts Feststellung auf sich einwirken, wobei er über die Tragweite von Pitts Aussage und über die möglichen Verwicklungen, die das alles mit sich bringen würde, nachdachte. »Welche Beweise haben Sie für Ihre Behauptung, dass die fünfte Leiche im Wrack mit Charlie Smith identisch ist?« fragte er dann trocken.
»Es gibt eine ganze Menge Mosaiksteinchen, die meine These erhärten. Ich weiß aus sicherer Quelle, dass im Polizeibericht über den Tod von Charlie Smith festgestellt wurde, er sei bei der versehentlichen Explosion eines selbstgebastelten Sprengkörpers in die Luft geflogen. Das einzige, was je von ihm gefunden wurde, waren ein Stiefel und ein Daumen. Der perfekte Mord, finden Sie nicht? Man sollte sich das merken, für den Fall, dass man einmal selbst jemanden ungestraft um die Ecke bringen will. Es ist ganz einfach.
Man bringt seinen Widersacher, egal auf welche Weise, um und versteckt seine Leiche an einer Stelle, wo sie mit Sicherheit niemand findet. Dann begibt man sich zum offiziellen Tatort und zündet dort eine mächtige Explosion. In die rauchenden Trümmer wirft man sodann ein gut identifizierbares Kleidungsstück des Opfers, zum Beispiel einen Stiefel, und außerdem einen gut identifizierbaren Körperteil des Ermordeten, einen Finger oder einen Daumen. Die Freunde des Toten kommen und identifizieren den Stiefel. Auch der Sheriff freut sich ungemein, kann er doch mit Hilfe der Fingerabdrücke sehr bald die Identität der Leiche feststellen und die ganze Akte schließen. Die ganze Sache wandert als bedauerlicher Unfall in die Kartei, und der Mörder geht froh und glücklich seinen Tagesgeschäften nach.«
»Wollen Sie damit sagen, dass dem fünften Skelett dort unten im Wrack ein Stiefel und ein Daumen fehlten?« Pitt nickte. »So ist es.«
Es wurde halb zehn, bis Giordino die Papierbögen, die er der aus dem Wrack geborgenen Plastikmappe entnommen hatte, getrocknet hatte. Er rief Pitt und Steiger zu sich und informierte sie fachmännisch über seine
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