Der Todesflug der Cargo 03
ausgehöhlt worden, und das Stilett hatte in dem entstandenen Hohlraum Platz gefunden. Sodann war der Griff mit Isolierband umwickelt worden. Das Stilett war leicht zu entnehmen. Ein einziger tiefer Stich ins Herz des Gegners, wenn nicht anders möglich auch in die Augenhöhle oder ins Ohr, genügte, um den schnellen und sicheren Tod herbeizuführen.
Machita verstärkte den Griff um den Handgriff des Korbes, in dem auch die zwei Millionen Dollar für den Agenten lagen. Inzwischen war die Schlange, in der er gewartet hatte, so weit vorgerückt, dass er vor dem Kassenhäuschen stand. Er zahlte und begab sich auf die hölzerne Plattform, von der die Wagen der Geisterbahn starteten. Sinnend beobachtete er, wie in dem Wagen vor ihm ein kichernder Mann mit seiner unförmig dicken Frau Platz nahm. Der Platzanweiser, ein alter, ungepflegter Tagelöhner, schloss den Sicherheitshebel über den Knien der beiden Passagiere, dann drückte er mit nachlässiger Routine einen großen Eisengriff nach vorn, der an der Spitze einer rostigen Eisenstange aus dem Boden der Plattform ragte. Mit einem heftigen Ruck wurde das kleine Gefährt, in dem ,der Mann und die Frau Platz genommen hatten, seitlich weggezogen. Eine Sekunde später stieß es gegen die beiden zerkratzten Schwingtüren, die den Eingang zur Geisterbahn bildeten. Bald waren erschreckte Schreie und hysterisches Lachen zu hören, wobei Machita nicht unterscheiden konnte, ob es von den beiden letzten Passagieren oder von anderen Gästen des Etablissements stammte.
Entschlossen setzte er sich in den nächsten Wagen, der von dem Platzanweiser für ihn bereitgehalten wurde. Der Gedanke daran, dass das bedeutungsvolle Treffen mit dem geheimnisvollen Agenten ausgerechnet in einer Geisterbahn stattfinden würde, amü sierte ihn. Bilder aus seiner Kinderzeit kamen ihm in Erinnerung. Er sah sich als kleinen Jungen allein in einem Wagen durch eine Geisterbahn fahren, in der phosphoreszierende Gespenster mit kratzigen Strohbesen und klebrigen Federwischen nach ihm langten.
Machita achtete nicht darauf, dass der Platzanweiser den Starthebel für seinen Wagen bereits betätigt hatte. Und er war völlig überrascht, als der Alte sich mit einem behenden Sprung zu ihm in den Wagen setzte und den Sicherheitshebel herunterzog, worauf sich das Gefährt quietschend und ruckend in Bewegung setzte.
»Ich hoffe, Sie genießen die Fahrt«, sagte die Stimme neben ihm. Es war Emma. Wieder einmal – so fuhr es Machita durch den Kopf war der andere klüger und schneller gewesen. Seine Maskewar perfekt. Machitas Chancen, den Agenten in einer Überraschungsaktion zu überrumpeln und ohne irgendwelches Aufsehen zu töten, hatten sich drastisch verringert.
Machita spürte, wie Emmas Hände ihn im Dunkeln nach Waffen abtasteten. »Wie klug von Ihnen, dass Sie unbewaffnet gekommen sind, Major Machita«, sagte die Stimme neben ihm.
Vorsichtig tastete Machita nach dem Stilett, dessen Griff er im Henkel des Korbes spürte. »Haben Sie den Plan für das Unternehmen ›Wilde Rose‹ bei sich?« fragte er in sachlichem Ton.
»Und Sie, haben Sie die zwei Millionen Dollar mitgebracht?«, war die Gegenfrage.
Machita zögerte mit der Antwort. Plötzlich bemerkte er, wie aus dem Dunkel über ihren Häuptern eine Anzahl rötlich beleuchteter Fässer auf sie zugeschleudert wurden. Nur wenige Handbreit vor ihnen wurden die Fässer, die zu den Schrecknissen der Geisterbahn zu gehören schienen, von einem unsichtbaren Mechanismus gestoppt. Machita atmete auf. »Hier im Korb ist das Geld«, sagte er.
Emma zog einen Umschlag aus der Brusttasche seines verdreckten Anzuges. »Ihr Anführer wird das mit großem Interesse lesen«, sagte er.
»Wir hoffen sehr, dass der Plan wirklich das Geld wert ist, das er kostet«, entgegnete Machita reserviert.
Mit einer raschen Bewegung schlitzte er den Umschlag auf und überflog die darin enthaltenen Dokumente. Er wurde in seiner Lektüre abgelenkt, als von beiden Seiten zwei grotesk bemalte Hexenfiguren auf den dumpf dahinrumpelnden Wagen zuschnellten. Aus versteckt angebrachten Lautsprechern war das infernalische Gekreisch zu hören, dass der Konstrukteur der Geisterbahn mit dem Mechanismus der beiden Puppen gekoppelt hatte. Unbeeindruckt von dem Getöse um sie her, nahm Emma einige Dollarnoten aus den dicken Bündeln, die auf dem Boden des Korbes lagen, und hielt sie prüfend gegen das geisterhaft violette Licht, das in diesem Augenblick über ihnen aufleuchtete. Der Wagen glitt
Weitere Kostenlose Bücher