Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)
Erschöpfung.
Assistant Director Jones kommt durch die Tür, einen Becher Kaffee in der Hand. Er entschuldigt sich nicht, dass er uns aufhält, und niemand erwartet es. Er ist der Boss. Zu spät zu kommen ist sein Vorrecht.
»Fangen Sie an«, sagt er.
»Okay«, antworte ich. »Du zuerst, Alan.«
Ich weiß, dass Alan gestern Nacht noch einmal im Büro war, um das Leben der Langstroms zu durchforsten.
»Erstens, Großvater Langstrom. Er war Lindas Vater, deswegen hieß er nicht Langstrom, sondern Walker. Tobias Walker.«
»Moment mal«, sagt AD Jones und stellt seinen Kaffeebecher ab. »Habe ich richtig gehört? Haben Sie gerade Tobias Walker gesagt?«
»Ja, Sir.«
»Heilige Scheiße.«
Alle sehen ihn an. Seine Miene ist grimmig.
»Ich habe Ihnen heute Morgen diese Liste gegeben, Agent Thorne. Die Polizeibeamten und Agenten, die zu der Sondereinheit abgestellt waren, die Jagd auf die Menschenschmuggler machen sollte … Werfen Sie einen Blick darauf.«
Callie überfliegt die vor ihr liegenden Seiten. Stockt.
»Tobias Walker war vom LAPD zu der Sondereinheit abgestellt.«
Ein Gefühl der Unwirklichkeit erfasst mich, gepaart mit elektrisierender Erregung.
»Hier steht ein weiterer Name, der dir bekannt sein dürfte, Smoky«, fährt Callie fort. »Dave Nicholson.«
»Nicholson?« AD Jones runzelt die Stirn. »Ein Detectivevom LAPD . Ein hochgewachsener Bursche. Ein guter Cop. Was ist mit ihm?«
Ich schildere Jones in knappen Worten, was sich gestern ereignet hat. Er ist geschockt.
»Selbstmord? Und seine Tochter wurde als Geisel genommen?« Er greift nach seinem Kaffee, überlegt es sich anders, streicht sich mit der Hand durchs Haar. Ich kann nicht sagen, ob er bestürzt ist oder wütend. Wahrscheinlich beides.
Mir kommt ein Gedanke, kreist in meinem Kopf, verdrängt jeden anderen. Eine aufgehende Sonne aus plötzlicher Erkenntnis.
»Was, wenn …?«
Alle sehen mich fragend an. Alle außer James. Er starrt ins Leere. Wie versteinert.
Sieht er das Gleiche wie ich?
Wahrscheinlich. Vielleicht.
»Hört zu«, sage ich und bemerke, wie die Aufregung meine Stimme zittern lässt. »Wir haben eine Sondereinheit, die versagt hat, wahrscheinlich wegen interner Korruption. Wir haben ein Rachemotiv. Wir haben zwei Schlüsselbotschaften des Killers. Die eine Botschaft von Cathy Jones, zusammen mit ihrem goldenen Polizeiabzeichen: Symbole sind bloß Symbole. Und die zweite von Nicholson: Der Mann hinter dem Abzeichen ist wichtig, nicht das Abzeichen selbst. In Verbindung mit dem, was wir bereits wissen – was sagt uns das?«
Keiner von ihnen ist so schnell wie James. Er ist da, hat zu mir aufgeschlossen, ist genauso weit wie ich. Mein Zwilling im Geiste.
»Nur weil jemand ein Abzeichen trägt, heißt das noch lange nicht, dass er zu den Guten gehört. Das will er damit sagen. Symbole sind bloß Symbole.«
Begreifen leuchtet in Alans Augen auf. »Genau! Ganz genau! Wir haben den Wald vor lauter Bäumen nicht gesehen! Rache war das Motiv, doch es sind nicht die Menschenschmuggler, dieder Killer am schlimmsten bestrafen will. Deshalb ist Vargas so leicht davongekommen. Der Killer hat es auf die Mitglieder der Sondereinheit abgesehen! Wer immer es war, der die Kinder und das Versteck verraten hat.«
Stille. Alle verdauen das Gesagte und nicken, als es ihnen dämmert. Es ist plausibel, es ist die Wahrheit.
»Sir«, frage ich AD Jones. »Was können Sie uns über Tobias Walker erzählen? Woran erinnern Sie sich?«
Der Assistant Director reibt sich das Gesicht. »Gerüchte. Ich erinnere mich an viel Gerüchte. Walker war noch altmodischer als Haliburton. Ein widerlicher Kerl. Lief mit einem Totschläger durch die Gegend und hat ihn fleißig benutzt. Genauso wie Gummischläuche und Telefonbücher bei den Vernehmungen. Er war derjenige, den sie nach dem Angriff auf das Versteck am genauesten unter die Lupe genommen haben.«
»Wieso?«
»Die Abteilung für Innere Angelegenheiten beim LAPD hat schon dreimal wegen mutmaßlicher Bestechlichkeit gegen Walker ermittelt. Jedes Mal ist er ungeschoren davongekommen, doch die Gerüchte blieben. Er soll für das organisierte Verbrechen gearbeitet haben. Niemand konnte ihm je etwas nachweisen. Er starb 1983 an Lungenkrebs.«
»Unser Killer ist offensichtlich überzeugt, dass mehr dahintergesteckt hat als Gerüchte«, bemerkt James.
»Wer noch?«, frage ich. »Was ist aus Haliburton geworden, Sir?«
Das Gesicht von AD Jones wird aschfahl. »Noch vor einer Minute hätte ich
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