Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)
Stimme von jemandem, der eine nüchterne Feststellung trifft.
»Ich weiß«, antwortete der Künstler. »Und jetzt hör genau zu. Ich werde dir sagen, was du zu tun hast. Wenn ich fertig bin, erwarte ich deine Antwort.«
KAPITEL 55
Sarah hat den Kopf von den Knien gehoben und sieht mich an. Ich sehe eine Erschöpfung, die mir Angst macht. Ich schaue in das Gesicht eines Menschen, der längst aufgegeben hat.
»Was hat er dir gesagt?«, frage ich und achte vorsichtig darauf, meine Stimme frei zu halten von allem, das Sarah als Vorurteil missverstehen könnte.
Sie wendet den Blick von mir ab.
»Er hat gesagt, dass er das Passwort von Michaels Computer braucht. Er hat gesagt, dass er die Cops auf eine falsche Spur führen würde, zu einem falschen Mann, und dass ich ihm dabei helfen würde. Indem ich mein Tagebuch schreibe. Und indem ich nach Ihnen frage.«
» Er wollte, dass du nach mir fragst?«
Ihre Stimme ist tonlos. »Ja.«
»Was hat er mit ›einem falschen Mann‹ gemeint?«
»Er hat gesagt, dass er noch mehr Arbeit erledigen muss. Ich weiß nicht, was er damit gemeint hat. Er hat gesagt, er habeirgendwann vorgehabt, sich zu stellen, habe seine Meinung dann aber geändert.«
Diese Informationen muss ich erst einmal verdauen. Zwei Gedanken:
Der erste: James hat recht gehabt mit ihm.
Der zweite: Es ist nicht Cabrera.
Dann eine Frage:
Warum ist Cabrera in die Sache verwickelt?
»Hat er dir sonst noch etwas gesagt?«
Sarah schaut mich an. Ihr Blick ist berechnend, erwartungsvoll. Wie der eines Menschen, der eine erschütternde Wahrheit zu erzählen hat und die Risiken abwägt, ob er es tun soll oder nicht.
»Sarah, ich weiß, was er getan hat. Er hat dir das Gleiche angetan wie deiner Mom, wie Cathy Jones, wie all den anderen. Er hat jemanden geholt, den du liebst, und benutzt ihn dazu, dich zu bestimmten Dingen zu zwingen. Es ist nicht deine Schuld.« Ich sehe ihr in die Augen. »Ich mache dir keinen Vorwurf. Sieh mich an, Sarah. Du musst mir zuhören, du musst mich ansehen, und du musst mir glauben!«
Ihr Gesicht läuft rot an. Ob vor Trauer oder Wut, kann ich nicht sagen.
»Aber ich … ich wusste es! Ich wusste , dass er kommen und Dean und Laurel und Michael etwas antun würde! Und als er …«, sie atmet tief durch, ein Schnaufen, »als er mich zwang, Michael die Kehle durchzuschneiden, konnte ich nur daran denken, wie ich gegrinst habe, als ich an seinen Tod gedacht hatte. Und an Sie, als ich Sie belogen habe und … und … und als der Mann heute im FBI-Gebäude alles in die Luft gejagt hat … Leute wurden verletzt oder getötet, und ich … ich hätte ihn hierher führen können.« Ihr Gesicht ist jetzt ganz weiß. »Er hätte Bonnie und Elaina etwas antun können, und ich wusste es!«
»Er wollte , dass du es weißt, Sarah«, sage ich.
Sie steht auf und geht auf und ab, auf und ab, und Tränen rinnen ihr übers Gesicht. »Es ist mehr, Smoky! Viel mehr! Er hat gesagt, wenn ich tue, was er von mir verlangt, dann lässt er sie gehen!«
»Wen?«
»Theresa und noch ein anderes Mädchen. Er sagte, ihr Name sei Jessica.«
Ich bin bestürzt und wütend zugleich. Er hat Sarah die Verantwortung für das Leben vieler Menschen aufgebürdet; er hat ihr eine nicht zu ertragende Last auferlegt und eine Reihe brutaler Alternativen, die keine sind.
Ich denke an die Fußabdrücke, die wir am Kingsley-Tatort gefunden haben und an meine Frage nach Cabrera. Vielleicht wurde er nur in die Sache verwickelt, weil er Narben an den Fußsohlen hatte. Vielleicht hatte er eine eigene Rechnung zu begleichen?
»War der andere Mann dort, Sarah? Im Haus von Dean und Laurel?«
»Ich habe nichts gesehen.«
Vielleicht war Cabrera dort, und du hast ihn nicht gesehen. Vielleicht hatte er nur eine einzige Aufgabe – barfuß auf den Fliesen neben dem Pool zu stehen.
»Gibt es sonst noch etwas, Sarah? Irgendetwas, von dem du meinst, ich sollte es wissen?«
Schon wieder dieser Blick. Berechnend.
»Er wollte, dass ich noch eine Sache tue, nachdem Sie den Falschen getötet haben. Eine letzte Sache, und dann wollte er sie gehen lassen.«
»Was?«
»Er wollte, dass ich mit ihm schlafe.«
Ich starre sie an. Es hat mir für den Moment die Sprache verschlagen. Das ist es , geht es mir durch den Kopf. Das i-Tüpfelchen in seinem perversen Spiel.
Ein neuer Ausdruck erscheint jetzt auf diesem jungen unddoch so alten Gesicht. Ein Ausdruck von Entschlossenheit, gemischt mit einer Kälte, die zuzuordnen ich eine Sekunde
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