Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)
viele Frauen finden diese Kombination von Selbstsicherheit und großem Herzen unwiderstehlich.
Aber ich glaube, das ist nur ein Teil der Wahrheit. Ich sehe eine unnachgiebige Kraft in Barry, die unter seiner Liebenswürdigkeit schlummert wie ein Gewitter in der Ferne. Barry hat unvorstellbar schreckliche Dinge gesehen. Er weiß, dass das Böse Wirklichkeit ist, und was es anrichten kann. Barry ist ein Menschenjäger, und auf einer gewissen Ebene, einer beinahe schon animalischen Ebene, hat das eine erotische Wirkung.
Ich weiß, dass sein Murren bloß Show ist; wir haben längst vergessen, wer wem noch einen Gefallen schuldet, und genaugenommen scheren wir uns beide einen Dreck darum.
»Nun denn«, sagt er und zückt ein Notizbuch, seinen eigenen Ned, bereit, zur Sache zu kommen. »Was haben Sie für mich, Smoky?«
»Rituelle Schlachtung. Ausgeweidete Opfer. Ein Meer von Blut. Das Übliche«, sage ich.
Ich berichte ihm, was ich weiß. Es ist nicht viel, doch es ist der Anfang eines jener gegenseitigen Rapports, die bei uns so gut funktionieren. Wir werden den Tatort besichtigen, und während wir das tun, werden wir uns gegenseitig Beobachtungen zuwerfen und unsere Schlussfolgerungen verfeinern. Für einen Unbeteiligten mag es ziellos wirken, doch es hat Methode, auch wenn es nach Chaos aussieht.
»Drei Tote?«, fragt er.
»Drei, die ich gesehen habe. Aber ich bin ziemlich sicher, dass es nicht mehr sind. Die Streifenbeamten waren im Haus, und sie haben nichts von weiteren Leichen gesagt.«
Er nickt und tippt mit seinem Stift auf den Notizblock. »Sie sind sicher, dass das Mädchen es nicht getan hat?«
»Ganz sicher«, sage ich mit Nachdruck. »Sie hatte nicht genug Blut an der Kleidung. Wenn Sie reingehen, werden Sie sehen, was ich meine. Es ist … schmutzig. Außerdem bin ich sicher, dass wenigstens einer der Toten unten im Haus ermordet und dann hinauf ins Schlafzimmer getragen wurde. Das Mädchen besitzt nicht annähernd genug Kraft dafür.«
Barry blickt zum Haus und denkt nach; dann zuckt er die Schultern. »Ich glaube eigentlich auch nicht, dass das Mädchen es getan haben könnte«, sagt er. »Was Sie beschreiben, hört sich nach einem Täter an, der eine solche Schweinerei nicht zum ersten Mal anrichtet. Was gibt’s sonst?«
»Ich habe Alan losgeschickt, damit er sich bei den Nachbarn umhört. Sie haben doch nichts dagegen?«
»Absolut nicht. Alan ist der richtige Mann, wenn es um so etwas geht.«
»Wann können wir ins Haus?«, frage ich. Ich bin begierig darauf, voller Energie. Ich will endlich anfangen, mir diesen Killer anzuschauen.
Barry blickt auf die Uhr. »Ich schätze, die Spurensicherung ist jeden Augenblick hier – noch ein Gefallen, den Sie mir schulden. Sobald die Leute da sind, können wir unsere Papierschuhe überziehen und uns an die Arbeit machen.«
Ich fange draußen vor dem Haus an. Barry und Callie warten geduldig.
Ich untersuche die Vorderfront des Hauses. Ich blicke die Straße hinauf und hinunter, schaue zu den Häusern auf beiden Seiten. Ich versuche mir vorzustellen, wie es hier tagsüber aussieht.
»Das ist eine Familien-Wohngegend«, konstatiere ich. »Lebendig, aktiv. Es war Samstag, also waren die meisten Leute zu Hause. Ganz schön riskant, heute hierherzukommen. UnserFreund ist entweder übermütig oder verdammt kompetent. Mit hoher Wahrscheinlichkeit ist es nicht seine erste Tat. Ich schätze, er hat schon häufiger gemordet.«
Ich gehe los, den Weg entlang zur Eingangstür. Ich stelle mir vor, der Täter zu sein, wie er den gleichen Weg nimmt. Gut möglich, dass er die Morde begangen hat, als ich mit Bonnie beim Shoppen gewesen bin. Vielleicht auch, während ich Matts Schlafzimmerschrank ausgeräumt habe. Leben und Tod, Seite an Seite, ohne etwas voneinander zu ahnen.
Ich zögere, bevor ich durch die Eingangstür trete. Ich versuche ihn mir vorzustellen, hier, an dieser Stelle. War er aufgeregt? Gelassen? War er wahnsinnig?
Ich spüre nichts. Ich weiß noch nicht genug über ihn.
Ich betrete das Haus. Barry und Callie folgen.
Im Haus riecht es immer noch nach Mord. Der Geruch ist sogar noch schlimmer geworden, intensiver, weil mehr Zeit vergangen ist.
Wir gehen zum Salon. Ich starre auf den blutgetränkten Teppichboden. Der Fotograf der Spurensicherung ist damit beschäftigt, alles abzulichten.
»Das ist eine verdammte Menge Blut«, stellt Barry fest.
»Er hat ihnen die Kehlen durchgeschnitten«, informiere ich ihn. »Von einem Ohr zum
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