Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)
anderen.«
»Das erklärt das viele Blut.« Er blickt sich um. »Wie Sie bereits gesagt haben. Keine Blutspuren nach oben.«
»Ja. Trotzdem, das alles verrät uns ein wenig über den Täter.«
»Zum Beispiel?«, fragt Barry.
»Was er tut, macht ihm Spaß. Mit einer Klinge zu töten ist etwas Persönliches. Es ist ein Akt der Wut und des Hasses, doch auf einer anderen Ebene ist es auch ein Akt der Freude und der Lust. So tötet man eine Geliebte. Die einzige Möglichkeit, noch persönlicher zu werden, sind die bloßen Hände. Manchmal tötet ein Killer auf diese Weise, weil es ihm Freudebereitet, so zu töten. Weil es ein Zeichen von Respekt ist, ein Dank an das Opfer dafür, dass es sein Leben hergibt.« Ich deute mit einer ausholenden Geste auf das blutige Zimmer. »Blutvergießen kann sowohl intim sein, als auch unpersönlich. Blut ist Leben. Man schlitzt sein Opfer auf, um dem Blut nahe zu sein, wenn es fließt. Das Blut ist ein Weg in den Tod. Schweine lässt man auf genau die gleiche Art und Weise ausbluten. Wie hat der Täter es gesehen? Intim oder unpersönlich? Bedeuteten sie ihm nichts – oder alles?«
»Was ist Ihre Meinung?«
»Ich weiß es nicht. Noch nicht. Jedenfalls gab es kein Zögern, egal wie der Killer es gesehen haben mag. Kein Zögern, keine Zweifel. Man tötet nicht mit einem Messer, wenn man Zweifel hat. Es ist ein Akt der Gewissheit. Eine Pistole schafft Distanz, aber ein Messer? Ein Messer muss aus unmittelbarer Nähe benutzt werden. Außerdem ist ein Messer ein Hinweis, dass die Art des Tötens für den Täter genauso wichtig ist wie der Tod selbst.«
»Wieso?«
Ich zucke die Schultern. »Eine Pistole tötet schneller.«
Callie geht im blutigen Zimmer umher und schüttelt den Kopf.
»Was ist?«, frage ich sie.
Callie deutet auf eine dunkle Lache zu ihren Füßen. »Das stimmt nicht.« Sie deutet auf eine weitere Lache ein Stück weiter links. »Das stimmt nicht.«
»Wieso?«, fragt Barry.
»Die Analyse von Blut erfordert die Anwendung von Biologie und Chemie, Physik und Mathematik. Wir haben keine Zeit für einen detaillierten Vortrag, deshalb muss es reichen, wenn ich sage, dass die Viskosität des Blutes und das Teppichmaterial mir verraten, dass diese beiden Lachen absichtlich hinterlassen wurden.« Sie kommt näher zu uns und deutet auf die größere Lache in der Nähe des Eingangs zum Salon. »Seht ihr dieseLinien hier?« Callie beugt sich vor und zeigt auf eine Blutlinie, die breiter wird, je weiter sie sich von uns entfernt, und die in einem beinahe runden Fleck mit ausgefransten Rändern endet. »Erkennt ihr, wie es aussieht? Wie eine riesige Kaulquappe.«
»Ja«, antworte ich.
»So etwas sieht man ständig, nur in kleinerem Maßstab. Spritzer aller Art erzeugen einen langen, schmalen Fleck mit einem definierten, erkennbaren dicken Ende. Das schmale Ende des Flecks, der ›Schwanz‹, zeigt immer zum Ursprung. Das hier ist eine größere Version eines solchen Spritzers. Dass den Opfern die Kehle durchgeschnitten wurde, passt dazu.« Sie zeigt auf verschiedene Stellen. »Man kann es hier erkennen, und hier, und hier. Und seht ihr das Blut an der Wand, direkt daneben?«
Ich blicke zu der Stelle. Ich sehe weitere »Kaulquappen«, nur kleiner, zusammen mit einer Anzahl Tropfen in verschiedenen Größen. »Ja.«
»Stell dir das Blut in einem Körper als Flüssigkeit in einem Behälter unter Druck vor. Stich ein Loch in den Behälter, und es spritzt heraus. Die Blutspritzer sind, vereinfacht gesagt, bei einem solchen Vorgang entstanden. Die Menge und Geschwindigkeit, mit der das Blut spritzt, ist abhängig vom Druck im Körper und der Größe der Austrittsöffnung, also der Wunde. Das Blut spritzt mit mehr oder weniger hohem Druck aus der Wunde, bis es auf einen Gegenstand trifft und ein typisches Muster hinterlässt – ›Kaulquappen‹, Tropfen mit ausgefransten Rändern und so weiter.«
Sie deutet erneut auf den Teppich und die Wand. »Hier sieht man Hinweise auf arterielle Spritzer – in der Nähe der Fußleiste und an den Linien auf dem Teppich. Seht ihr? Spontane Bewegung in einer Richtung, erzeugt durch Druck, einem ziemlich hohen Druck, wie beispielsweise bei einer arteriellen Verletzung. Das lässt den Schluss zu, dass diese Spritzer bei den Morden entstanden sind. Diese beiden anderen aber resultieren nicht aus einem Mord. Wenn ich raten müsste würde ich sagen, dass das Blut dorthin gegossen wurde. Aus einem Behälter, zum Beispiel. Es sind Pfützen. Das
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