Der Todeskünstler: Thriller (German Edition)
streiche mit einem Finger über die Locken seiner Brusthaare und denke nach. Tommy hat recht, wird mir klar. Ich habe ihm in groben Zügen erzählt, wie der Tag gelaufen ist, doch aus dem Wenigen hat er ein Gefühl für den Killer entwickelt, von dessen Hunger und davon, wie er hungert. Ich habe an Drogen gedacht, zugegeben, doch ein Muskel-Relaxans ist etwas Spezielles, und eine Überlegung wert.
Wann hast du daran gedacht, Tommy? Bevor wir Sex hatten oder danach? Oder währenddessen?
Ich bin schon wieder bereit, und ich frage mich nur einen winzigen Moment nach dem Warum. Ich habe heute jede Menge Leichen gesehen. Ich bin noch am Leben. Sex ist eine Möglichkeit, sich lebendig zu fühlen.
Ich gehe mit der Hand tiefer und bekomme etwas zu packen.
»Ich gehe diesem Hinweis morgen nach«, sage ich. »Aber jetzt möchte ich, dass du dich anstrengst, richtig anstrengst, und deine Ausbildung vom Secret Service benutzt. Tu deine Pflicht.«
Er kneift in meinen Nippel, stellt sein Bier weg, und wir verbringen eine weitere Stunde damit, uns zu beweisen, dass wir am Leben sind.
Erschöpft. Verausgabt. Glücklich.
»Ich habe noch eine Idee«, sagt Tommy und beendet das wohlige Schweigen.
»Du scheinst eine Menge nachzudenken, wenn wir Sex haben.«
»Ich habe meine besten Einfälle beim Sex.«
»Ach?«
»Es gibt ein Motiv, das sowohl Schmerz als auch Gerechtigkeit beinhaltet.«
»Ja, ich weiß.«
Er hebt eine Augenbraue. »Tatsächlich?«
»Das älteste Motiv von allen«, sage ich. »Rache.«
»Ich dachte, ich wäre dir damit vielleicht zuvorgekommen.«
Ich küsse ihn auf die Wange. »Sei nicht traurig. Wann hattest du denn Zeit, darüber nachzudenken?«
Er grinst mich an. »Orgasmen klären den Verstand.«
Ich muss lachen, und erst jetzt wird mir bewusst, um wie vieles besser ich mich fühle. Um Welten besser. Ich habe mich schlecht gefühlt, und Tommy rief an, kam vorbei, wir hatten Sex und redeten über die Arbeit und …
Ich zucke innerlich zusammen, als mir ein neuer Gedanke kommt.
Sind wir ein Paar?
Die Vorstellung ist genauso eigenartig, wie sie mir tröstend und vertraut erscheint. Einer der Vorteile einer Ehe ist das Gefühl von Sicherheit, das sich entwickelt. Die Sicherheit,immer wenigstens eine Person in der eigenen Ecke zu haben. Wenn alle anderen dich enttäuschen, dich verraten, dich im Stich lassen, so hast du diesen einen Menschen, der zu dir hält. Du bist niemals wirklich allein. Diese Sicherheit zu verlieren ist, als würde man einen Teil von sich selbst verlieren. Der leere Platz im Bett juckt in der Nacht wie ein amputiertes Körperteil.
Haben wir die Grenze überschritten? Die Grenze vom Ungezwungenen zur Bindung und Verpflichtung?
»Was ist?«, fragt Tommy.
Ich schüttle den Kopf. »Ich habe gerade an uns gedacht. Ist nicht wichtig.«
»Tu das nicht.«
»Was?«
»Denk nicht über irgendetwas nach und sag, es wäre nichts. Du musst mir nicht erzählen, worüber du nachgedacht hast, aber sag mir nicht, es wäre nichts.«
Ich blicke ihm suchend in die Augen. Finde keinen Zorn darin, nur Aufrichtigkeit und Sorge.
»Tut mir leid, Tommy. Ich habe nur überlegt …« Ich muss schlucken. Warum ist es so schwer, die Worte auszusprechen? »Tommy, sind wir ein Paar?«
Er lächelt mich an. »Natürlich.«
»Oh.«
»Hör mal, Smoky, ich sag ja nicht, dass es Zeit ist für uns, zusammenzuziehen oder zu heiraten. Aber wir sind zusammen. So sehe ich es jedenfalls.«
»Oh. Wow.«
Er schüttelt belustigt den Kopf. »Du warst glücklich verheiratet. Du bist daran gewöhnt, dass ›zusammen‹ das Gleiche bedeutet wie Liebe und Ehe. Ich liebe dich nicht.«
Mir ist plötzlich ganz schlecht. »Du … nein?«
Er streckt die Hand aus, streichelt meine Wange. »Tut mir leid. Ich hab das nicht so gemeint, wie es sich in deinen Ohrenanhören muss. Was ich sagen wollte … Ich bin noch nicht so weit. Aber wenn wir auf dem gleichen Weg weitergehen wie bisher, werde ich eines Tages aufwachen und dich lieben. Das ist die Straße, auf der wir uns befinden. Wir sind zusammen.«
Ich habe Schmetterlinge im Bauch, und die Übelkeit weicht Aufregung. »Ehrlich?«
»Absolut.« Er sieht mich aus zusammengekniffenen Augen an. »Was denkst du darüber?«
Ich kuschle mich an ihn.
»Es gefällt mir«, sage ich, und mir wird bewusst, dass es die Wahrheit ist.
Es gefällt mir tatsächlich. Und ich habe keine Schuldgefühle, spüre keine Missbilligung von Matts Geist.
Aber was ist mit Quantico? Soll ich
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