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Der Todesstoss

Der Todesstoss

Titel: Der Todesstoss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Aber ich muss es versuchen. Es ist die
einzige Möglichkeit, vielleicht endlich zu verstehen, was mit
mir geschieht.«
Abu Dun seufzte. »Und ich dachte, es wäre endlich vorbei«,
murmelte er.
»Aber du hast nur eine Besessenheit gegen die andere
getauscht, scheint mir.«
Das stimmte nicht. Jedes Wort, das Andrej gesagt hatte,
entsprach der Wahrheit, aber dazu kam noch etwas, das er Abu
Dun in diesem Moment unmöglich sagen konnte. Wenn er mehr
über sich erfuhr, wenn er endlich begriff, was und wer er war,
dann würde er vielleicht Maria wiederfinden.
»Der Weg ist sehr weit - und nicht ungefährlich.« Abu Dun
gab sich immer noch nicht geschlagen. »Wir würden Wochen
brauchen, wenn nicht Monate, und wir wissen nicht einmal
genau, wo wir suchen sollen! Das Mädchen hat uns keine Stadt
genannt. Eine alte Zigeunerin namens Anka, irgendwo im
Bayerischen, eine Stunde von der Grenze entfernt! Weißt du,
was für ein riesiges Gebiet das ist, du Narr? Wir können ein
Jahr lang suchen, ohne sie zu finden. Falls sie überhaupt noch
lebt.«
»Du musst mich nicht begleiten«, sagte Andrej ruhig.
»Vielleicht ist es an der Zeit, dass wir uns trennen.«
»Was soll denn das heißen?«
»Ich meine es ernst, Abu Dun«, unterbrach ihn Andrej.
»Meine Freundschaft bringt den Tod. Wenn du noch ein wenig
leben willst, dann solltest du vielleicht nicht mit mir kommen.«
»Wenn dich schon niemand bedauert, dann wenigstens du
selber, wie?«, antwortete Abu Dun finster. Er schüttelte den
Kopf. »Wohin sollte ich schon gehen? Wenn ich hier bleibe,
ende ich auf dem Scheiterhaufen, dafür hast du ja gesorgt. Und
wenn ich zurückgehe, begegne ich früher oder später meinen
Landsleuten, die dabei sind, euer verfluchtes Christenreich
Stück für Stück zu erobern. Sie sind auch nicht gerade gut auf
mich zu sprechen.«
»Trotzdem solltest du …«
»Ich sollte dich begleiten!«, sagte Abu Dun entschieden. »Du
überlebst doch keine zwei Tage, wenn ich nicht auf dich
aufpasse. Aber ich bleibe dabei, dass es Wahnsinn ist!«
»Habe ich je das Gegenteil behauptet?«, fragte Andrej.
Abu Dun schüttelte den Kopf.
Sie brauchten nicht Monate, wie Abu Dun befürchtet hatte,
aber mehr als fünf Wochen, von denen sie anfangs noch dem
Lauf der Donau folgten, der sie getreulich nach Norden führte.
Dann aber wichen sie vom direkten Weg ab, um einen großen
Bogen um Wien zu schlagen. Die Nachrichten über das, was in
Vater Carols Ort geschehen war, waren längst hinter ihnen
zurückgeblieben und würden bald vergessen sein. Oder zu einer
der zahllosen Schreckensgeschichten verblassen, die die
Menschen sich abends am Feuer erzählten, um sich an dem
wohligen Schauer zu erfreuen, der einen überkommt, wenn man
vom Unglück anderer hört, während man sich selbst in
Sicherheit weiß. Aber andere, kaum weniger schlechte
Nachrichten, holten sie ein und warteten vielerorts bereits auf
sie; Neuigkeiten vom Krieg, die Andrej mit tiefer Beunruhigung
erfüllten. Der Vormarsch der Türken war un-gebrochen.
Noch waren ihre Heere nicht in diesen Teil des Landes
vorgedrungen, aber die Kunde von ihren angeblichen
Gräueltaten eilte ihnen weit voraus, und dass Abu Dun kein
Türke war und selbst vor ihnen auf der Flucht, stand ihm
schließlich nicht auf die Stirn geschrieben. Menschen mit
dunklen Gesichtern, die Turbane trugen, waren in Zeiten wie
diesen nicht sonderlich beliebt. Andrej schlug vor, zumindest
die großen Städte zu umgehen, und Abu Dun hatte nichts
dagegen einzuwenden.
Sie überschritten die Grenze in der Nähe eines kleinen Ortes,
der bereits den deutschen Namen Kuschenwalde trug, aber noch
nicht auf deutschem Boden lag, und als sie den unauffälligen
Grenzstein am Wegesrand passiert hatten, zügelte Abu Dun sein
Pferd und sagte: »Irgendwo im Bayerischen. Da sind wir.«
Andrej antwortete nicht gleich, sondern erst nach einer
geraumen Weile. Zu seiner großen Überraschung hatte Abu
Dun während der gesamten Reise darauf verzichtet, ihn noch
einmal auf die vermeintliche Sinnlosigkeit dieser Mission
anzusprechen; aber natürlich hatte er gewusst, dass dieser
Moment kommen würde, und versucht, sich entsprechend
darauf vorzubereiten. Statt all der geschliffenen und wohlfeilen
Worte jedoch, die er sich zurechtgelegt hatte, sagte er ziemlich
lahm: »Das ist wohl mehr das Fränkische hier. Wir haben noch
ein gutes Stück vor uns. Eine Woche, wenn nichts
dazwischenkommt. Vielleicht etwas mehr.«
»Wie beruhigend«, sagte Abu

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