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Der Todesstoss

Der Todesstoss

Titel: Der Todesstoss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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sehr zierlich
war. Sie hatte dunkle Ringe unter den Augen, und ihre Haut war
mit einem kränklichen grauen Schimmer überzogen.
»Da seid Ihr ja schon«, begrüßte Birger seine Gäste. Er klang
jetzt wieder so fröhlich wie am vergangenen Abend. Von dem
Groll, der ihn in Ludowigs Gegenwart überkommen hatte, war
nichts mehr geblieben. Eifrig deutete er auf den Tisch und fuhr
mit einer Kopfbewegung in Richtung der jungen Frau fort:
»Helga kennt Ihr ja bereits. Nehmt Platz. Die Suppe ist gleich
fertig.«
Andrej nickte wortlos in Helgas Richtung, doch obwohl sie
ihn ansah, reagierte sie nicht einmal mit einem Wimpernzucken
darauf. Er erinnerte sich jetzt, sie schon am vergangenen Abend
am Feuer gesehen zu haben.
Während Andrej Birgers Einladung Folge leistete und sich
setzte, sagte dieser: »Helga ist meine Schwester. Alles, was von
meiner Familie geblieben ist.«
Das dunkelhaarige Mädchen ging an Andrej vorüber, und er
registrierte einen schwachen, aber unangenehmen Geruch, den
er nur dank seiner überscharfen Vampyrsinne wahrnahm. Es
war der gleiche Geruch, den auch Birger verströmte. Jedem
anderen Menschen wäre er verborgen geblieben, aber Andrej
wusste nun, dass die beiden das Lager miteinander geteilt
hatten.
Schwester?
Nun, was ging es ihn an.
Auf Abu Duns Gesicht erschien ein kurzes, aber anzügliches
Grinsen, als er sich auf der anderen Seite des reich gedeckten
Tisches niederließ, und Andrej warf ihm einen warnenden Blick
zu. Anscheinend bedurfte es nicht zwingend des wölfischen
Geruchssinns und der Eulenaugen eines Unsterblichen, um
gewisse Dinge erkennen zu können. Aber sie hatten nicht das
Recht, über diese Leute zu urteilen.
Dennoch: Andrej musste Abu Dun im Stillen Recht geben.
Zwar hatte es gut getan, wieder einmal unter Menschen zu sein
und in einem richtigen Bett zu schlafen, aber sie hätten nicht
herkommen sollen.
Irgendetwas war mit diesem Dorf und seinen Menschen nicht
in Ordnung.
Birger trug eine heiße Gemüsebrühe auf, der sie ebenso
ausgiebig zusprachen wie dem frisch gebackenen Brot und dem
Salzfleisch, das Helga kredenzte. Es begann zu dämmern, als
sie mit dem Mahl fertig waren. Birger redete die ganze Zeit
belangloses Zeug, während Helga kein Wort sprach. Nur dann
und wann warf sie Andrej verstohlene Blicke zu, unter denen er
sich immer unwohler zu fühlen begann. In ihren Augen, die
scheinbar vollkommen ausdruckslos waren, schien etwas wie
eine Aufforderung zu liegen, beinahe schon etwas Gieriges.
Unsinn! dachte er. Der Einzige, der hier Gier verspürte, war
er. Er hatte keine Frau mehr gehabt, seit sie Transsylvanien
endgültig den Rücken gekehrt hatten, was mittlerweile mehr als
drei Monate zurücklag. Aber daran würde sich vorerst nichts
ändern.
Ihr graues Gesicht zeugte nicht nur von Müdigkeit. Er konnte
riechen, dass irgendetwas in ihrem Körper wühlte, tief innen
und ihr selbst noch nicht bekannt, das sie am Schluss zerstören
musste. Schuldbewusst senkte er den Blick in seine fast geleerte
Suppenschale.
Birger deutete ihn offenbar falsch. »Noch einen Nachschlag?«
»Nein«, antwortete Andrej rasch. Er sah zum Fenster, hinter
dem der Himmel mittlerweile hellgrau geworden war. »Es ist
wirklich an der Zeit.«
»Auf ein Wort noch«, wandte Birger ein, als Andrej aufstehen
wollte.
»Bitte.«
Andrej ließ sich wieder zurücksinken. Er war plötzlich
angespannt. Birger hielt ihn nicht nur unter allen möglichen
Vorwänden hier fest, weil er ihre Gesellschaft genoss, das
spürte er plötzlich. »Ja?«
»Ich weiß nicht recht, wie ich beginnen soll …«, sagte Birger,
und Abu Dun unterbrach ihn: »Nur immer geradeheraus. Du
hast unsere Sachen durchwühlt, nicht wahr?«
Andrej sah ihn fragend an, und Abu Dun nickte finster. »Als
du dich vorhin gewaschen hast, war ich bei den Pferden.
Jemand hat sich an unserem Gepäck zu schaffen gemacht. Er
war sehr vorsichtig, aber ich habe es gemerkt.«
»Ich wollte mir nur darüber klar werden, wer Ihr seid«, sagte
Birger. »Ich habe nichts gestohlen.«
»Ich weiß«, sagte Abu Dun. »Wäre es anders, dann wärst du
jetzt schon tot.«
»Warum?«, fragte Andrej. »Haben wir Euch irgendeinen
Grund gegeben, uns zu misstrauen?«
»Im Gegenteil«, antwortete Birger. Er lächelte verlegen.
»Immerhin habt Ihr mein Gold nicht angerührt.«
»Gold?«
»In der Truhe, in die ich das Geldsäckchen gelegt habe«,
antwortete Birger mit einer Kopfbewegung. »Darunter liegt ein
ganzer Beutel voller

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