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Der Todesstoss

Der Todesstoss

Titel: Der Todesstoss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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nichts gegessen.«
»Zehn Tage?«, entfuhr es Andrej.
»Elf, den heutigen mitgerechnet«, entgegnete Thobias. »Ich
sagte Euch doch, Eure Lage war sehr ernst. Einige Tage war ich
nicht sicher, dass Ihr es schafft. Ich habe für Euch gebetet, und
wie es aussieht, hat Gott meine Gebete erhört.« Er gab sich
einen Ruck. »Aber nun hole ich Euch erst einmal etwas zu
essen, und danach sollten wir Euch waschen und einigermaßen
ansehnlich anziehen. Ihr müsst noch heute mit Vater Benedikt
sprechen.«
Er sah Vater Benedikt an diesem Tag nicht mehr. Als Thobias
nach wenigen Minuten mit der versprochenen Suppe
zurückkam, fand er Andrej in tiefem, traumlosem Schlaf vor,
aus dem er erst am nächsten Morgen wieder erwachte, halbwegs
erfrischt, aber mit knurrendem Magen und so ausgehungert,
dass er nicht nur die kalte Suppe vom vergangenen Abend
herunterschlang, sondern anschließend noch fast eigenen
ganzen Laib Brot und ein gutes Stück einer Speckseite, und
dazu einen ganzen Krug des kalten, klaren Quellwassers trank.
Vermutlich hätte er auch dann noch nicht aufgehört, hätte
Thobias nicht lächelnd, aber unerbittlich den Kopf geschüttelt,
als er ihn um mehr bat.
Stattdessen kam er mit Wasser, einem gewaltigen Stück
Kernseife und frischen Tüchern, sodass Andrej sich reinigen
konnte, was dringend notwendig war. Zehn Tage, in denen er
fiebernd dagelegen hatte, forderten ihren Preis. Er stank kaum
weniger schlimm als das Mädchen, das sie aus dem Kerker
befreit hatten. Thobias trug nicht nur die schmutzigen
Verbände, sondern auch seine Kleider und selbst das Bettzeug
nach draußen, um es zu verbrennen. Bevor er ihm half, frische
Kleider anzuziehen, bat er ihn, sich auf den Bauch zu legen,
damit er sich die Wunde in seinem Rücken noch einmal
ansehen konnte. Andrej gehorchte. Thobias betastete die
Stichwunde zwischen seinen Schulterblättern mit kundigen
Fingern und trug anschließend eine angenehm kühle, nach
Kräutern riechende Salbe auf.
»Erstaunlich«, sagte er, während er einen frischen Verband
anlegte. »Ich habe schon eine Menge schlim-mer Verletzungen
gesehen, aber selten einen Mann, der sich so schnell erholt. Die
Wunde sieht aus, als wäre sie zwei Monate alt, nicht zwei
Wochen. Gehen Eure Krankheiten ebenso schnell vorbei?«
»Ich weiß es nicht«, antwortete Andrej wahrheitsgemäß. »Ich
war noch nie krank.«
»Niemals?«, fragte Thobias zweifelnd.
»Niemals.« Andrej griff nach dem Hemd, das Thobias ihm
reichte, und schlüpfte hinein. Der Stoff war so grob, dass er auf
der Haut scheuerte.
»Gott muss Euch wirklich lieben, mein Freund«, sagte
Thobias kopfschüttelnd.
Gott hat damit wenig zu tun, dachte Andrej. Ganz im
Gegenteil. Wenn es ihn wirklich gibt, dann muss er mich ganz
außergewöhnlich hassen. Und ich weiß nicht einmal, warum.
Er sprach nichts von alledem aus, aber Thobias musste seine
wahren Gefühle wohl gespürt haben. Er sagte nichts, aber sein
Lächeln erlosch.
»Vater Benedikt wird gleich hier sein«, sagte er. »Es wäre
klug, wenn Ihr nicht darüber reden würdet.«
»Worüber?«
»Dass Ihr nie krank werdet«, antwortete Thobias. »Oder wie
schnell Eure Wunden heilen. Vater Benedikt ist ein sehr
strenggläubiger Katholik, der das falsch deuten könnte.«
Andrej war plötzlich auf der Hut. Thobias’ Worte mochten
Zufall sein, ebenso gut aber auch eine geschickte Falle, die er
ihm stellte. Aber als er in seine Augen blickte, sah er keinerlei
Hinterlist oder Tücke darin.
»Und Ihr?«, fragte er.
»Auch ich bin ein strenggläubiger Katholik, wenn ihr das
meint«, antwortete Thobias. »Aber ich bin nicht wie viele hier.
Ich glaube nicht, dass Satan es uns so leicht macht. Doch wie
gesagt: Ihr solltet Vater Benedikt gegenüber vorsichtig mit dem
sein, was Ihr redet. Und noch etwas.«
»Ja?«, fragte Andrej, als Thobias nicht sofort antwortete.
Thobias sah ihm in die Augen, aber sein Blick war nicht mehr
so fest wie bisher. Andrej hatte das sichere Gefühl, dass ihm
das, was er zu sagen hatte, nicht sehr angenehm war.
Schließlich räusperte er sich und sagte: »Ich will ganz offen zu
Euch sein, Andrej. Ich bin der Meinung, dass Ihr mir etwas
schuldig seid.«
»Zum Beispiel?«, fragte Andrej.
»Zum Beispiel Euer Leben«, antwortete Thobias. »Die
Wachen wollten Euch töten. Immerhin habt Ihr und Euer
Kamerad fünf von ihnen erschlagen und f ast alle anderen übel
zugerichtet. Es hat mich meine ganze Überredungskunst
gekostet, dass sie Euch nicht

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