Der Todesstoss
offensichtlich zu keinem endgültigen Schluss.
»Ich kann das nicht entscheiden«, sagte er schließlich. »Du
magst Recht haben, Thobias, aber es bleibt der Umstand, dass
diese beiden mit Waffengewalt hier eingedrungen sind und
mehrere Männer erschlagen haben.
Getäuscht oder nicht, sie müssen sich für dieses Verbrechen
verantworten.«
»Aber …«
»Aber«, fuhr Benedikt betont und eine Spur lauter fort, »seine
Worte entbehren nicht einer gewissen Logik. Ich werde von hier
aus weiterreisen und den Fall dem Landgrafen vortragen, denn
er betrifft zweifelsfrei auch die weltliche Gerechtigkeit.« Sein
Blick richtete sich auf Andrej und wurde bohrend. »Wir mögen
hier keine Fremden, die in unser Land kommen und unsere
Gesetze brechen.«
»Aber es geht auch um ihr Seelenheil«, sagte Thobias. »Ihr
habt es selbst gesagt, Vater.«
»Ich weiß, was ich gesagt habe, Thobias«, wies Benedikt ihn
scharf in seine Schranken. Er dachte erneut nach. »Ich werde
zum Landgrafen reiten und den Fall dort vortragen. Bis ich
zurück bin, überlasse ich die beiden Fremden deiner Obhut,
Thobias. Aber auch deiner Verantwortung. Sollten sie fliehen
oder gar weiteres Unheil anrichten, wirst du dafür gerade stehen
müssen.
Willst du das?«
»Ja«, antwortete Thobias rasch.
»Ich meine das so, wie ich es sage«, beharrte Vater Benedikt.
Er klang sehr ernst. »Rechne nicht mit meiner Großmut oder
dem Schutz der Kirche, sollte etwas passieren. Ich weiß
ohnehin nicht, wie lange ich dir diesen Schutz noch gewähren
kann. Es gibt Stimmen, die meinen, dass das, was du hier tust,
an Ketzerei grenzt. Noch kann ich sie zum Schweigen bringen,
aber nun, wo das Teufelskind wieder frei ist und offensichtlich
wurde, dass es noch mehr von seiner Art gibt, …« Er zuckte mit
den Schultern und ließ den Satz unbeendet, was ihn mehr als
alles andere zu einer Drohung machte, von der sich Thobias
jedoch nicht beeindrucken ließ.
»Umso wichtiger sind Andrej und sein Freund für uns«,
antwortete Thobias.
»Sie sind die Einzigen, die diese anderen kennen. Sie könnten
uns helfen, sie zu finden.«
»Du hast gehört, was ich dazu zu sagen habe«, sagte Vater
Benedikt, bevor er sich mit einer schwerfälligen Bewegung zur
Tür herumdrehte. Ohne ein weiteres Wort verließ er den Raum,
und nach kurzem Zögern -und nachdem er einen fast flehenden
Blick in Andrejs Richtung geworfen hatte - folgte ihm Thobias.
Es wurde Abend, bis er Thobias wieder sah, und er machte
ein sehr ernstes und besorgtes Gesicht, als er mit dem letzten
Licht des verblassenden Tages hereinkam. Kurz zuvor hatte
Andrej Hufschlagen und das Geräusch des schweren Tores
gehört, das für die Nacht geschlossen wurde. Er nahm an, dass
Vater Benedikt und seine Begleitung das Kloster verlassen
hatten, was entweder von außergewöhnlichem Mut, oder von
außergewöhnlicher Dummheit zeugte. Nach dem, was Andrej in
diesen Bergen erlebt und mit eigenen Augen gesehen hatte,
hätte er es sich gut überlegt, die schützenden Mauern nach
Einbruch der Dunkelheit zu verlassen.
Er sprach Thobias sofort darauf an, aber der junge Geistliche
schüttelte nur besorgt den Kopf. »Vater Benedikt nimmt die
Angelegenheit sehr ernst. Er wird nicht mehr als zehn Tage
brauchen, um zurück zu sein. Und ich fürchte, er wird nicht
allein kommen.«
»Der Landgraf ?«
»Die Inquisition«, antwortete Thobias. »Ich habe Euer
Erschrecken vorhin bemerkt, als dieses Wort das erste Mal fiel,
Andrej. Ihr fürchtet die Heilige Römische Inquisition?«
»Die Inquisition«, wiederholte Andrej, als ob er damit die
Frage beantworten wollte.
Thobias sah ihn aufmerksam an und nickte schließlich. Er
fragte nicht, was geschehen war.
»Warum tut Ihr das, Thobias?«, fragte Andrej plötzlich. »Ihr
wisst, dass ich nicht tatenlos hier sitzen und auf meinen Henker
warten werde. Warum also geht Ihr dieses Risiko ein?
Immerhin habe ich versucht, Euch umzubringen.
Ihr seid mir also nichts schuldig.«
»Ich halte Euch für einen aufrechten Mann, Andrej«,
antwortete Thobias.
»Das beweist allein der Umstand, dass Ihr diese Frage stellt.
Ihr wusstet nicht, was Ihr tut.«
»Das ist keine Antwort auf meine Frage«, sagte Andrej.
»Wenn Abu Dun und ich fliehen, sind Eure Tage in diesem
Kloster gezählt.«
»Wenn Gott kein Wunder geschehen lässt, ist mein Leben
verwirkt«, antwortete Thobias. »So oder so. Und nicht nur
meines.« Er seufzte tief, schüttelte ein paar Mal den Kopf und
kam näher. Mit einer
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