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Der Todesstoss

Der Todesstoss

Titel: Der Todesstoss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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das
Raubtier wirklich dort oben verkrochen hat, wird es schwer für
uns werden, es zu finden.«
»Trotz der Hunde?«
»Der Weg wird zu schwierig«, antwortete Günther. »Ich bin
nie tief hineingegangen, aber ich habe gehört, dass er vor einer
Felswand endet.« Er hob abermals die Schultern. »Ich frage
mich, welches Raubtier sich dort verstecken würde.«
»Vielleicht eines, das darauf hofft, dass wir uns genau diese
Frage stellen und erst gar nicht nachsehen«, sagte Andrej. Er
betrachtete Günther aufmerksam, während er dies sagte, aber
auf dem Gesicht des Hundeführers zeigte sich keine Reaktion.
Er erwiderte Andrejs Blick ruhig, dann stand er auf und stieß
einen kurzen, so schrillen Pfiff aus, dass er in Andrejs Ohren
schmerzte. Die beiden Hunde hörten auf, ausgelassen
herumzutollen und nahmen die Fährte wieder auf.
Sie setzten ihren Weg fort, und die Hunde führten sie
tatsächlich in direkter Linie zur Schattenklamm. Andrej
verspürte bereits ein eisiges Frösteln, lange bevor sie den steil
eingeschnittenen Spalt im Fels erreichten. Der Name
»Schattenklamm« klang nach düsteren Mächten und uralten
Flüchen. Doch je näher sie ihr kamen, desto klarer wurde ihm,
dass die wirkliche Erklärung eine viel einfachere war: Die
Schlucht war so schmal, dass sie mit Mühe und Not
nebeneinander hineingehen konnten, und ihre Wände wichen
nach oben nicht nennenswert auseinander. Vermutlich gab es
am Grunde dieser Schlucht nur wenig Sonnen-licht. Im
Augenblick ihres Eintretens war sie von dem erfüllt, was ihr
ihren Namen gegeben hatte: Schatten.
Die Hunde liefen voraus, aber sie waren nicht mehr so
ausgelassen wie bisher. Sie erfüllten ihre Aufgabe zuverlässig,
aber nicht mit Begeisterung.
Andrejs Blick tastete misstrauisch über die Felswände und
den schmalen, mit Geröll und Schutt übersäten Weg vor ihnen,
und seine Hand lag griffbereit auf dem Schwert, ohne dass er
selbst es auch nur wahrnahm. Vor ihnen rührte sich nichts, nur
die Hunde und vielleicht ein paar Insekten, die sie
aufgescheucht hatten. Vollkommen kahl lagen die Felsen vor
ihnen. Die Herrschaft der Schatten war hier so vollkommen und
das Sonnenlicht so spärlich, dass nicht einmal Flechten und
Moose auf dem harten Stein Fuß gefasst hatten.
Dennoch war die Klamm nicht völlig ohne Leben. Etwas war
hier. Andrej hätte die Hunde nicht gebraucht, um zu wissen,
dass sie noch immer auf der richtigen Spur waren. Das
Raubtier, das die Kuh gerissen hatte, war hier entlanggelaufen.
Er konnte seine Nähe beinahe körperlich spüren.
Und nicht nur ihm schien es so zu ergehen. Auch Günther
wurde zusehends unruhiger, obgleich er sich alle Mühe gab,
sich seine Furcht nicht anmerken zu lassen.
Sie hatten die Hälfte der Klamm durchmessen, und ihr
jenseitiges Ende kam bereits in Sicht. Die Schlucht weitete sich
dort auf ein Mehrfaches ihrer anfänglichen Breite, und die
Wände rechts und links waren nicht mehr so hoch wie am
Eingang der Schlucht. Dafür stieg der Boden in einem steiler
werdenden Winkel an und war mit Trümmern und Felsbrocken
übersät. Aber es gab wieder Licht und damit Vegetation. Moos,
Flechten und üppig wucherndes Gebüsch hangelten sich an den
Felswänden entlang.
Günther blieb stehen. »Dort vorne kommen wir nicht weiter«,
sagte er.
»Nicht einmal eine Bergziege käme den Hang hinauf.«
»Etwas ist dort hinaufgekommen«, antwortete Andrej.
»Wenn es dort oben ist, kann es uns nichts tun«, beharrte
Günther. Er schüttelte den Kopf. »Wir müssen nur am Eingang
der Klamm eine Wache aufstellen, dann erwischen wir es,
sobald es sich zeigt.«
Andrej antwortete nicht gleich, sondern maß den Hundeführer
mit einem langen, aufmerksamen Blick. Günther wirkte nicht
nur ängstlich, sondern auch erschöpft, stärker, als er es nach
dem Weg hätte sein dürfen, der hinter ihnen lag. Seine Augen
waren unnatürlich geweitet, und seine Hände zitterten.
Vielleicht rührte der Name der Klamm doch nicht nur daher,
dass es hier so wenig Sonnenlicht gab.
»Wir gehen noch bis zum Ende der Klamm. Wenn die Hunde
der Spur bis dahin folgen, sehen wir weiter«, entschied Andrej.
Günther hatte nicht den Mut zu widersprechen. Mit einem
müden Achselzucken wandte er sich um und setzte seinen Weg
fort.
Der Weg wurde zunehmend schwieriger, sodass sie noch
langsamer vorankamen, und auch Andrej fühlte sich müde und
erschöpft, als das Ende der Klamm endlich vor ihnen lag.
Zwei Schritte, bevor sich die Wände vor ihnen

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