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Der Todesstoss

Der Todesstoss

Titel: Der Todesstoss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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Gruppen. Schließlich blieb nur noch Ludowig zurück.
Bei ihm waren zwei Männer, die Fackeln trugen und es sich
offensichtlich zur Aufgabe gemacht hatten, auf ihren Priester
Acht zu geben.
»Allah sei Dank«, murmelte Abu Dun, als endlich auch
Ludowig und seine beiden Begleiter den Friedhof verlassen
hatten. »Ich dachte schon, er wollte gleich hier bleiben.«
»Wieso?«
»Er ist ziemlich alt«, sagte Abu Dun mit todernstem Gesicht.
»Möglicherweise lohnt sich der weite Rückweg gar nicht
mehr.«
»Du bist wieder ganz der Alte«, erwiderte Andrej.
»Zumindest deine Späße sind so schlecht wie eh und je.«
»Wieso Späße?« Abu Dun sah ihn einen Moment lang so
überzeugend ernst an, dass Andrej tatsächlich Zweifel kamen,
dann grinste er plötzlich breit und wollte sich zur Tür wenden,
aber Andrej schüttelte den Kopf.
»Noch nicht. Ich möchte sichergehen, dass niemand
zurückkommt.«
Seine Vorsicht war völlig überflüssig. Niemand kam zurück,
um noch einmal am Grab seines Bruders oder Vaters zu weinen,
und es erschien auch niemand, um einen Drudenfuß abzulegen
oder das Grab auf andere Weise magisch zu versiegeln. Nach
einer Weile verließen sie die Kapelle und näherten sich
vorsichtig den beiden frisch ausgehobenen Gräbern. Andrej
lauschte mit all seinen übermenschlich scharfen Sinnen in die
Nacht hinein, aber da war kein Geräusch mehr, das nicht hierher
gehörte. Sie waren allein.
Dennoch erlebten sie eine Überraschung. Es gab nicht zwei
Gräber, sondern nur ein einzelnes, breit genug, um zwei Särge
nebeneinander aufzunehmen. Auf diesem Grab lag kein Stein,
und es gab nur ein einfaches Holzkreuz ohne Beschriftung.
»Was suchen wir hier?«, fragte Abu Dun, nachdem sie eine
ganze Weile schweigend nebeneinander dagestanden und den
flachen Hügel aus frischer Erde angestarrt hatten. Das Grab
roch gut; nicht so, wie ein Grab riechen sollte, sondern nach
Leben. Sonderbar.
»Ich weiß es nicht«, gestand Andrej. »Aber irgendetwas ist
hier nicht so, wie es sein sollte. Oder wie man uns Glauben
machen will, dass es ist.«
»Du bist auch ganz der Alte geblieben«, sagte Abu Dun
spöttisch.
»Du liebst es noch immer, in Rätseln zu sprechen.«
Andrej machte eine unwillige Geste zu den frischen Gräber
ringsum.
»Fünf Tote in weniger als zwei Wochen, das nenne ich auf
jeden Fall nicht üblich«, sagte er.
»Vielleicht ist eine Krankheit ausgebrochen«, sagte Abu Dun
achselzuckend. Nach einem kurzen Augenblick fügte er hinzu:
»Oder es sind die Soldaten aus dem Kloster.«
»Die man extra den langen Weg hierher geschafft hat, um sie
auf diesem Friedhof beizusetzen?« Andrej schüttelte wenig
überzeugt den Kopf.
»Dann doch eine Krankheit«, beharrte Abu Dun. »Wer weiß,
vielleicht sogar die Pest. Wir sollten machen, dass wir von hier
verschwinden, bevor wir uns am Ende noch anstecken.«
»Unsinn!« Andrej sah sich suchend um, und er entdeckte fast
sofort, wonach er Ausschau gehalten hatte: Die Dörfler hatten
Spitzhacken und Schaufeln nicht wieder mitgenommen,
sondern in ein paar Schritten Entfernung liegen gelassen.
Vielleicht hatte Abu Dun Recht, und es standen tatsächlich noch
mehr Beerdigungen an, sodass es die Mühe nicht lohnte, das
Werkzeug ständig hin- und herzuschleppen.
Er holte zwei Schaufeln und reichte eine davon Abu Dun. Der
Nubier starrte sie an, als handele es sich um ein besonders
ekliges Getier, das noch mit den Giftzähnen klapperte.
»Was soll ich damit?«
»Mir beim Graben helfen«, antwortete Andrej. »Ich will
wissen, woran diese Leute gestorben sind.«
»Bist du verrückt?« Abu Dun verschränkte die Arme vor der
Brust.
»Außerdem bin ich krank und darf mich nicht so anstrengen,
das hast du selbst gesagt.«
Ohne ein weiteres Wort zu erwidern, begann Andrej zu
graben. Der lockere Boden machte es leicht, rasch vorwärts zu
kommen. Abu Dun sah ihm eine Weile mit finsterer Mine zu,
zog sich aber bald ein Stück zurück; auch, weil die eine oder
andere Schaufel Erdreich ganz zufällig in seine Richtung flog.
Zu Andrejs Erleichterung - aber ebenso großen Überraschung
- war das Grab nicht besonders tief. Er hatte kaum einen halben
Meter gegraben, als die hölzerne Schaufel auf Widerstand stieß.
Er schaufelte schneller, legte nach einem Augenblick den ersten
und wenige Augenblicke später den zweiten Sarg frei.
»Mach nicht so viel Lärm«, sagte Abu Dun grinsend. »Du
weckst ja die Toten auf.«
Andrej warf die Schaufel nach ihm, ging in die Hocke und

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