Der Todeswirbel
Mann.«
»Wieso suchten Sie ihn dann auf?«
»Ach, die übliche Geschichte. Er hatte sich an mich gewandt, weil es ihm schlecht ging. Er erwähnte ein paar Städte, in denen ich auch gelebt habe, nannte Bekannte von mir, mit denen er zusammengetroffen war, erzählte vom Krieg, packte Erlebnisse aus – wie das so zu sein pflegt.« David zuckte die Achseln. »Es war ein Pumpve r such, nichts weiter, und was er mir auftischte, war reic h lich fadenscheinig.«
»Haben Sie ihm Geld gegeben?«
Für den Bruchteil einer Sekunde schien David zu z ö gern, dann erwiderte er:
»Nur eine Fünfernote, mehr als Glücksbringer gemeint. Der Mann hatte schließlich den Krieg mitgemacht.«
»Und er nannte Namen von Bekannten?«
»Ja.«
»Nannte er auch Captain Robert Underhay?«
Diesmal hatte der Inspektor die Genugtuung, eine Wi r kung seiner Frage beobachten zu können. David richtete sich auf. Seine Haltung wurde steif. Rosaleen, die hinter ihm saß, stieß einen kleinen Schrei aus.
»Wie kommen Sie darauf?«, fragte David schließlich. Seine Augen versuchten den anderen zu durchdringen.
»Wir haben eine dahingehende Information erhalten«, gab Spence vage Auskunft.
Es entstand eine kleine Pause. Der Inspektor spürte Davids forschenden Blick auf sich ruhen.
»Wissen Sie, wer Robert Underhay war, Inspektor?«, fragte David schließlich.
»Wie wär’s, wenn Sie es mir erzählten?«, kam die G e genfrage.
»Robert Underhay war der erste Mann meiner Schwe s ter. Er starb vor ein paar Jahren in Afrika.«
»Sind Sie dessen ganz sicher?«, erkundigte sich Spence sachlich.
»Ganz sicher. Stimmt’s, Rosaleen?«
David drehte sich zu seiner Schwester um.
»Ja… ja, natürlich.« Sie sprach hastig und kurzatmig. »Robert starb an Sumpffieber. Es war sehr traurig.«
»Es muss nicht unbedingt alles wahr sein, was gesagt wird, Mrs Cloade. Manchmal wird von Ereignissen b e richtet, die gar nicht stattgefunden haben.«
Rosaleen gab keine Antwort. Ihre Augen hingen an D a vid. Nach einer ängstlichen Pause stammelte sie:
»Robert ist tot.«
»Wie ich erfahren habe, behauptete dieser Enoch A r den, ein Freund von Captain Robert Underhay zu sein. Außerdem hat er Ihnen mitgeteilt, dass sich Underhay noch am Leben befände.«
David schüttelte den Kopf.
»Unsinn«, erklärte er. »Absoluter Unsinn.«
»Sie bleiben also dabei, dass der Name Robert U n derhay in Ihrer Unterhaltung mit Enoch Arden nicht gefallen ist?«
David lächelte entwaffnend.
»O doch, der Name wurde erwähnt. Der Mann kannte Underhay.«
»Handelte es sich vielleicht um eine kleine – Erpre s sung, Mr Hunter?«
»Erpressung? Ich verstehe nicht, was Sie meinen, I n spektor.«
»Wirklich nicht? Nun, lassen wir das. Aber etwas and e res hätte ich gern gewusst – eine reine Formsache selbs t verständlich: Wo haben Sie sich gestern Abend zwischen sieben und elf Uhr aufgehalten?«
»Und wenn ich – eine reine Formsache selbstverstän d lich – die Antwort auf diese Frage verweigere?«
»Wäre das nicht etwas kindisch, Mr Hunter?«
»Dieser Meinung bin ich nicht. Ich hasse es und habe es von jeher gehasst, beaufsichtigt und kontrolliert zu we r den.«
Der Inspektor zweifelte nicht an der Aufrichtigkeit di e ser Behauptung.
Er hatte schon öfter mit Leuten vom Schlage dieses David Hunter zu tun gehabt. Sie waren imstande, aufsä s sig und widerspenstig zu sein, keineswegs, weil sie eine Schuld zu verbergen hatten, sondern weil diese Aufsä s sigkeit ihrem Charakter entsprach. Die Tatsache allein, dass sie über ihr Kommen und Gehen Rechenschaft a b legen sollten, reizte sie zu Widerspruch und Auflehnung.
Der Inspektor blickte fragend zu Rosaleen Cloade hi n über, und sie reagierte unverzüglich auf die stumme Au f forderung.
»Warum sagst du es ihm nicht, David – «
»So ist’s recht, Mrs Cloade. Uns liegt doch einzig und allein daran, Licht in diese Sache zu bringen«, hakte Spence versöhnlich ein.
»Lassen Sie meine Schwester in Ruhe«, fuhr David ihn an. »Was schert es Sie, ob ich gestern Abend hier, in Warmsley Vale oder in Honolulu war?«
»Man wird Sie als Zeugen vor Gericht zitieren, Mr Hunter, und dort werden Sie wohl oder übel Auskunft erteilen müssen«, hielt der Inspektor ihm vor.
»Ich ziehe es vor zu warten, bis ich vor Gericht befragt werde. Und jetzt wäre es mir angenehm, wenn Sie so schnell wie möglich von der Bildfläche verschwänden.«
»Wie Sie wünschen.«
Der Inspektor ließ sich von dem hitzigen Ton des
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