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Der Todeswirbel

Der Todeswirbel

Titel: Der Todeswirbel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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ju n gen Mannes nicht aus der Ruhe bringen.
    »Bevor ich mich jedoch zurückziehe, habe ich noch e i ne Frage an Mrs Cloade.«
    »Ich wünsche nicht, dass meine Schwester belästigt wird«, brauste David von neuem auf.
    »Verständlich, aber ich muss Mrs Cloade bitten, sich den Toten anzuschauen, da sie ihn vielleicht identifizieren kann. Dem können Sie sich nicht widersetzen, Mr Hu n ter. Es ist lediglich eine Frage des Zeitpunkts, denn früher oder später muss Mrs Cloade den Mann persönlich in Augenschein nehmen. Am besten wäre es, sie käme gleich mit mir. Je eher man so eine unerfreuliche Sache hinter sich bringt, desto besser. Wir haben Zeugen dafür, dass Mr Arden sagte, er habe Mr Underhay gekannt. Nichts liegt näher, als dass er auch Mrs Underhay gekannt hat, und wenn er Mrs Underhay gekannt hat, ist es sehr wahrscheinlich, dass Mrs Underhay auch ihn kannte. Es ist eine ausgezeichnete Chance, den wirklichen Namen des Mannes, der sich Enoch Arden nannte, herauszufi n den.«
    Zu des Inspektors Erstaunen erhob sich Rosaleen s o fort und erklärte:
    »Ich komme, wann immer Sie wünschen.«
    Spence erwartete einen neuen Ausbruch Davids, doch verblüffenderweise lächelte der junge Mann nur.
    »Das ist recht, Rosaleen«, sagte er. »Ich muss gestehen: Ich bin selbst neugierig. Sehr gut möglich, dass du uns sofort verraten kannst, wer der Bursche in Wirklichkeit war.«
    »Sie haben ihn in Warmsley Vale nicht getroffen?«, e r kundigte sich Spence.
    »Ich bin schon seit Sonnabend in London«, antwortete Rosaleen.
    Der Inspektor nickte.
    »Und Arden traf Freitag nacht in Warmsley Vale ein.«
    »Möchten Sie, dass ich jetzt gleich mitkomme?«, verg e wisserte sich Rosaleen im Ton eines folgsamen Kindes, das seinen Lehrern gefallen möchte. Wider Willen fühlte sich Spence zu ihren Gunsten beeinflusst. Diese Berei t willigkeit, ihn zu unterstützen, hatte er nicht erwartet.
    »Ich warte in der Halle auf Sie.«
    Er zog sich zurück.
    Unten begab er sich abermals ins Büro, wo der General ihn bereits erwartete.
    »Nun?«
    »Beide Betten sind letzte Nacht benutzt worden, I n spektor. Auch die Badetücher waren nass, und um halb zehn heute früh wurde Frühstück aufs Zimmer serviert.«
    »Um welche Zeit Mr Hunter gestern Nacht heimkam, haben Sie nicht in Erfahrung bringen können?«
    »Leider nicht, Inspektor.«
    Der Inspektor hatte mit keiner besseren Auskunft g e rechnet. Er war sich nicht im Klaren darüber, ob Davids kindisches Verhalten nur einem trotzigen Charakter en t sprach oder ob sich mehr hinter der Widerspenstigkeit des jungen Mannes verbarg. Wie die Dinge lagen, konnte er sich eigentlich nicht verhehlen, dass er in Verdacht stand, einen Mord begangen zu haben. Je eher er mit der Wahrheit herausrückte, desto besser. Was für einen Sinn sollte es haben, der Polizei zu trotzen? Aber gerade das bereitete Leuten wie David Hunter besonderes Vergn ü gen. Inspektor Spence wusste das nur zu gut.
    Die Fahrt nach Warmsley Vale verlief äußerst schwei g sam. Als die drei am Leichenschauhaus anlangten, war Rosaleen sehr blass. Ihre Hände zitterten. David redete tröstend, so wie man einem verschüchterten Kind Mut zuspricht.
    Auf ein Zeichen des Inspektors hin wurde das Leintuch von der leblosen Gestalt auf der Bahre gezogen. Stumm stand Rosaleen Cloade vor dem Toten, der sich Enoch Arden genannt hatte. Spence war einen Schritt zurückg e treten, doch seine Augen hingen am Gesicht der jungen Witwe.
    Sie schaute auf den Toten hinunter, ohne sich zu rü h ren, ohne aufgeregt zu sein, es war fast ein Staunen in ihrem Blick, eine leichte Verwunderung. Und dann mac h te sie ruhig, beinahe sachlich, das Zeichen des Kreuzes über ihm und sagte:
    »Gott sei seiner armen Seele gnädig. Ich habe diesen Mann noch nie in meinem Leben gesehen. Ich habe keine Ahnung, wer er ist.«
    Ihr Ton war so überzeugend, dass es für den Inspektor nur zwei Möglichkeiten gab: Entweder hatte Rosaleen Cloade die Wahrheit gesagt, oder sie war eine der besten Schauspielerinnen, die er je erlebt hatte.
    Etwas später rief Inspektor Spence Rowley Cloade an.
    »Mrs Cloade hat den Toten gesehen«, sagte er. »Sie b e hauptet, ihn nicht zu kennen. Damit ist jeder Zweifel, ob es Robert Underhay war oder, nicht, ein für alle Mal aus der Welt geschafft.«
    Es entstand eine kleine Pause, bevor Rowley langsam entgegnete:
    »Sind Sie fest überzeugt davon?«
    »Jede Geschworenenbank würde Mrs Cloade Glauben schenken«, erwiderte der Inspektor.

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