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Der Todschlaeger

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Titel: Der Todschlaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlo von der Birke
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der Hämmer. Wenn sie
    eintrat, war sie über und über rot, die blonden
    Härchen in ihrem Nacken flatterten wie die
    einer Frau, die zu einem Stelldichein kommt.
    Goujet erwartete sie mit nackten Armen und
    nackter Brust und schlug an diesen Tagen
    stärker auf den Amboß los, damit er von weit
    her zu hören war. Er ahnte sie, empfing sie mit
    einem schweigenden, gutmütigen Lachen in
    seinem gelben Bart. Aber sie wollte nicht, daß
    er sich bei seiner Arbeit stören ließ, sie bat ihn
    inständig, wieder den Hammer zu fassen, weil
    sie ihn noch mehr liebte, wenn er mit seinen
    starken, vor Muskeln beuligen Armen den
    Hammer schwang. Sie ging zu dem am
    Blasebalg hängenden Etienne und gab ihm
    einen leichten Klaps auf die Wange, und sie
    blieb eine Stunde da und sah sich die Bolzen
    an. Sie wechselten keine zehn Worte. In einem
    Zimmer eingeschlossen, dessen Schlüssel
    zweimal herumgedreht war, hätten sie ihre
    zärtliche Zuneigung nicht besser befriedigt.
    Das Gekicher Salzschnabels, genannt
    Trinkohndurst, störte sie kaum, denn sie hörten
    es nicht einmal mehr. Nach einer Viertelstunde
    begann ihr etwas schwül zu werden; die Hitze,
    der starke Geruch, die aufsteigenden
    Rauchwolken machten sie benommen,
    während die dumpfen Schläge sie von den
    Fersen bis zur Kehle durchschüttelten. Sie
    begehrte dann nichts mehr, das war ihre
    Wonne. Hätte Goujet sie in seine Arme
    geschlossen, so würde das keine so große
    Erregung in ihr hervorgerufen haben. Sie trat
    näher an ihn heran, um den Luftzug seines
    Hammers auf ihrer Wange zu spüren, um an
    dem Schlag teilzuhaben, den er führte. Wenn
    Funken in ihre zarten Hände stachen, zog sie
    sie nicht zurück, sie genoß im Gegenteil diesen
    Feuerregen, der ihr mit Gertenhieben die Haut
    peitschte. Sicher erriet er das Glück, das sie
    dabei auskostete; er hob die schwierigen
    Arbeiten für Freitag auf, um ihr mit seiner
    ganzen Kraft und seiner ganzen
    Geschicklichkeit den Hof zu machen; er
    schonte sich nicht mehr, auf die Gefahr hin,
    die Ambosse aufzuspalten, keuchend, die
    Lenden bebend von der Freude, die er ihr
    bereitete. Einen Frühling lang erfüllte so ihr
    Lieben die Schmiede mit einem
    Gewittergrollen. Es war ein Idyll bei der
    Arbeit eines Riesen inmitten des Flammens
    der Steinkohle, der Erschütterung des
    Schuppens, dessen rußgeschwärztes Gerippe
    krachte. All dieses breit gedrückte, wie rotes
    Wachs geknetete Eisen bewahrte die rauhen
    Merkmale ihrer Zärtlichkeiten. Wenn die
    Wäscherin freitags Goldmaul verließ, ging sie
    langsam die Rue des Poissonniers hinauf,
    zufrieden, ermattet, Geist und Fleisch ruhig.
    Allmählich ließ ihre Angst vor Lantier nach,
    sie wurde wieder vernünftig. Zu dieser Zeit
    hätte sie ohne Coupeau noch sehr glücklich
    gelebt, mit dem es entschieden eine schlimme
    Wendung nahm. Eines Tages kam sie gerade
    aus der Schmiede zurück, als sie Coupeau in
    Vater Colombes »Totschläger«, im
    »Assommoir«, zu erkennen glaubte, wie er
    sich gerade mit MeineBotten, RöstfleischBibi
    und Salzschnabel, genannt Trinkohndurst,
    Runden Sprit leistete. Sie ging schnell vorüber,
    damit es nicht so aussehe, als spioniere sie
    ihnen nach. Sie drehte sich aber um: es war
    wirklich Coupeau, der sich mit einer bereits
    vertrauten Handbewegung sein Gläschen Fusel
    hinter die Binde kippte. Er log also, er war
    also jetzt beim Schnaps angelangt! Verzweifelt
    ging sie heim; ihr ganzes Entsetzen vor dem
    Schnaps erfaßte sie wieder. Den Wein, den
    verzieh sie, weil Wein den Arbeiter ernährt;
    Schnaps dagegen war Dreck, Gift, das den
    Arbeiter abmurkste. Oh, die Regierung sollte
    doch die Herstellung dieser Schweinereien
    verhindern!
    Als sie in der Rue de la Goutted'Or ankam,
    fand sie das ganze Haus in heller Aufregung.
    Ihre Arbeiterinnen hatten den Arbeitstisch
    verlassen, standen auf dem Hof und schauten
    nach oben. Sie fragte Clémence aus.
    »Das ist Vater Bijard, der seiner Frau eine
    Tracht Prügel verabreicht«, antwortete die
    Plätterin. »Er stand in der Tür, sternhagelblau,
    und lauerte auf sie, bis sie aus dem Waschhaus
    zurückkam ... Er hat sie unter Faustschlägen
    die Treppe hinaufklettern lassen, und jetzt
    schlägt er sie tot da oben in ihrer Stube ... Da,
    hören Sie das Geschrei?«
    Gervaise stieg schnell hinauf. Sie empfand
    Freundschaft für Frau Bijard, ihre Waschfrau,
    die eine sehr tüchtige Frau war. Sie hoffte dem
    Streit ein Ende zu machen.
    Oben im sechsten Stock stand die Tür der
    Stube offen, ein

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