Der Todschlaeger
Kumpel mitbringen.«
»Danke«, erwiderte RöstfleischBibi, »ich lasse
es sausen ... Das mußt du MeineBotten
vorschlagen, der gestern nach einer Bude
gesucht hat ... Warte mal, MeineBotten ist
bestimmt da drin.«
Und als sie am unteren Ende der Straße
ankamen, erblickten sie tatsächlich
MeineBotten bei Vater Colombe. Trotz der
frühen Morgenstunde flammte der
»Assommoir«, der »Totschläger«, denn die
Läden waren abgenommen, das Gas
angezündet. Lantier blieb an der Tür stehen
und empfahl Coupeau, sich zu beeilen, weil sie
gerade noch zehn Minuten Zeit hatten.
»Was! Du gehst zu Bourguignon, diesem
Esel!« schrie MeineBotten, als der
Bauklempner mit ihm gesprochen hatte. »Fällt
mir gar nicht ein, mich in diesen Stall
reinkriegen zu lassen! Nein, lieber will ich bis
zum nächsten Jahr die Zunge raushängen
lassen! – Aber, alter Freund, du bleibst keine
drei Tage da, das sage ich dir!«
»Ist das wirklich so ein Dreckstall?« fragte
Coupeau besorgt.
»Oh, das Dreckigste, was es gibt ... Man kann
sich nicht rühren. Der Alte liegt einem dauernd
auf der Pelle. Und dazu Manieren, eine
Meisterin, die einen mit Säufer betitelt, ein
Laden, wo Spucken verboten ist – Ich habe sie
am ersten Abend zum Henker geschickt,
verstehst du.«
»Gut, da bin ich gewarnt. Ich werde keinen
Scheffel Salz bei ihnen essen ... Ich will es
heute vormittag mal probieren; aber wenn der
Meister mich ärgert, hebe ich ihn dir hoch und
setze ihn dir auf seine Alte rauf, weißt du, daß
sie zusammenkleben wie ein Paar
Seezungen!«
Der Bauklempner schüttelte dem Kumpel die
Hand, um ihm für die gute Auskunft zu
danken, und wollte gehen, da wurde
MeineBotten böse. Himmeldonnerwetter!
Wolle Bourguignon sie etwa daran hindern,
ein Schnäpschen zu trinken? Männer seien
wohl keine Männer mehr? Der Alte könne
ruhig fünf Minuten warten.
Und Lantier kam herein, um die Lage
anzunehmen, und die vier Arbeiter standen vor
dem Schanktisch. MeineBotten, mit seinen
schiefgetretenen Schuhen, seinem vor Dreck
schwarzen Kittel und seiner auf dem Scheitel
des Schädels plattgedrückten Mütze, brüllte
unterdessen im »Assommoir«, im
»Totschläger«, laut herum und rollte
gebieterisch die Augen. Er sei soeben zum
Kaiser der Säufer und zum König der
Schweine ausgerufen worden, weil er einen
Salat aus lebenden Maikäfern gegessen und in
eine krepierte Katze gebissen habe.
»Hören Sie mal, Sie Stück von einem
Borgia77!« schrie er Vater Colombe an.
»Geben Sie mir von dem gelben, von Ihrer
Eselspisse Nummer eins.«
Und als Vater Colombe, bleich und gelassen in
seiner blauen Strickweste, die vier Gläser
vollgeschenkt hatte, leerten die Herren sie mit
einem tüchtigen Schluck, bloß um das Getränk
nicht schal werden zu lassen.
»Das tut doch gut, wo es so durchkommt«,
murmelte RöstfleischBibi.
Doch MeineBotten, dieser Schafskopf,
erzählte eine komische Geschichte. Am
Freitag sei er so besoffen gewesen, daß die
Kumpels ihm seine Pfeife im Schnabel mit
einer Handvoll Gips festgekittet hätten. Ein
anderer wäre daran verreckt, er habe sich
dickegetan und sich gebrüstet.
»Wollen die Herren nicht noch einmal?« fragte
Vater Colombe mit seiner fetten Stimme.
»Doch, füllen Sie uns das noch mal voll«,
sagte Lantier. »Ich bin dran.«
Nun redete man über die Frauen.
RöstfleischBibi hatte seine Olle vergangenen
Sonntag nach Montrouge zu einer Tante
ausgeführt. Coupeau erkundigte sich nach der
»Indischen Lade«, einer Wäscherin aus
Chaillot, die im Lokal bekannt war. Man
wollte gerade trinken, als MeineBotten
ungestüm nach Goujet und Lorilleux rief, die
vorbeigingen. Die kamen bis zur Tür und
lehnten es ab, hereinzukommen. Der Schmied
verspürte kein Verlangen, etwas zu trinken.
Bleifahl und schlotternd preßte der
Kettenmacher in seiner Tasche die goldenen
Ketten zusammen, die er abliefern ging; und er
hustete, er entschuldigte sich und sagte, ein
Tropfen Branntwein schmeiße ihn um.
»Sind das aber Mucker!« brummte
MeineBotten. »Die werden wohl in
irgendeiner Ecke picheln.« Und als er seine
Nase ins Glas gesteckt hatte, schnauzte er
Vater Colombe an: »Alter Gauner, du hast die
Flasche vertauscht! – Weißt du, bei mir
brauchst du deinen Sprit nicht zu pantschen!«
Das Tageslicht hatte zugenommen, ein trüber
Schein erhellte den »Totschläger«, dessen Wirt
das Gas auslöschte.
Coupeau entschuldigte jedoch seinen
Schwager, der
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