Der Todschlaeger
»Das
habe ich gerochen ... Na, was essen wir denn?«
Während sie bei Mutter Louis die
Knöchelchen der Hammelfüße auslutschten,
zogen sie erneut über die Arbeitgeber her.
Salzschnabel, genannt Trinkohndurst, erzählte,
in seinem Stall liege ein Eilauftrag vor. Oh,
der Alte sei im Augenblick umgänglich; man
könne beim Aufrufen fehlender Weibe
freundlich, er müsse sich noch recht glücklich
schätzen, wenn man wiederkäme. Zunächst
bestehe keine Gefahr, daß einer wage,
Salzschnabel, genannt Trinkohndurst, jemals
rauszuschmeißen, denn Kerle von seiner
Tüchtigkeit finde man nicht mehr. Nach den
Hammelfüßen aß man ein Omelett. Jeder trank
seinen Liter. Mutter Louis ließ ihren Wein aus
der Auvergne79 kommen, einen blutroten
Wein, den man mit dem Messer hätte
schneiden können. Es begann lustig zji
werden, die Kneipgesellschaft fing Feuer.
»Was hat er mich denn anzuecken, dieser
vernagelte Alte?« schrie Salzschnabel beim
Nachtisch. »Hat er nicht gerade erst den
Einfall gehabt, in seiner Bude eine Glocke
aufzuhängen? Eine Glocke, die ist gut für
Sklaven ... Na, die kann heute läuten! Da soll
doch ein Donnerwetter dreinfahren, wenn man
mich wieder an den Amboß rankriegt! Seit
fünf Tagen schinde ich mich nun schon ab, da
kann ich ihn ruhig aufsitzen lassen ... Wenn er
mir einen Anschnauzer verpaßt, wünsche ich
ihn zum Teufel.«
»Ich«, sagte Coupeau mit wichtiger Miene,
»ich bin gezwungen, euch zu verlassen, ich
gehe arbeiten. Ja, ich habe es meiner Frau
geschworen ... Amüsiert euch, mit dem Herzen
bleibe ich bei den Kameraden, das wißt ihr.«
Die anderen ulkten. Aber er wirkte so
entschlossen, daß ihn alle begleiteten, als er
davon sprach, sein Werkzeug von Vater
Colombe zu holen. Er nahm seinen Beutel
unter der Bank hervor, stellte ihn vor sich hin,
während man ein letztes Schnäpschen trank.
Um ein Uhr spendierte sich die ganze
Gesellschaft immer noch Lagen. Da schaffte
Coupeau das Werkzeug mit einer verdrossenen
Gebärde unter die Bank zurück; es störte ihn,
er konnte nicht an den Schanktisch
herantreten, ohne darüber zu stolpern. Es war
zu dumm, er würde eben am nächsten Tag zu
Bourguignon gehen. Die anderen vier, die sich
über die Lohnfrage stritten, wunderten sich
nicht, als ihnen der Bauklempner ohne jede
Erklärung einen kleinen Spaziergang über den
Boulevard vorschlug, um sich die Beine zu
vertreten. Der Regen hatte aufgehört. Der
kleine Spaziergang beschränkte sich darauf,
daß sie mit schlenkernden Armen zweihundert
Schritte in einer Reihe nebeneinander
machten; und von der Luft überfallen,
verdrossen darüber, draußen zu sein, fiel ihnen
kein Wort mehr ein. Langsam gingen sie, ohne
daß sie sich erst mit den Ellbogen anzustoßen
und zu beratschlagen brauchten, instinktiv
wieder die Rue des Poissonniers hinauf, wo sie
zu François hineingingen, um ein Glas
Flaschenwein zu trinken. Wirklich, sie
brauchten das, um sich zu erholen. Auf der
Straße verfiel man ja zu sehr in Trübsinn, er
herrschte ein Schmutz, daß man nicht mal
einen Polizisten vor die Tür gejagt hätte.
Lantier drängte die Kumpels in das
Nebengelaß, einen engen Winkel, in dem nur
ein. Tisch stand und den eine Scheidewand mit
Mattglasscheiben von der allgemeinen
Gaststube trennte. Er begoß sich die Nase
gewöhnlich in den Nebengelassen, weil das
ratsamer war. Fühlten sich die Kumpel da etwa
nicht wohl? Man hätte meinen können, zu
Hause zu sein, hier hätte man, ohne sich
Zwang anzutun, heia machen können. Er
verlangt die Zeitung, breitete sie ganz weit
auseinander, überflog sie mit gerunzelter Stirn.
Coupeau und MeineBotten hatten eine Partie
Pikett80 begonnen. Auf dem Tisch standen
zwei Literflaschen und fünf Gläser herum.
»Na, was wird denn in dem Blatt da
zusammengeschwatzt?« fragte RöstfleischBibi
den Hutmacher.
Er antwortete nicht sofort. Dann sagte er, ohne
aufzublicken: »Ich habe gerade die
Abgeordnetenkammer vor. Das sind doch
Achtgroschenrepublikaner, diese verdammten
Faulpelze von der Linken. Setzt das Volk sie
etwa ein, damit sie ihr Zuckerwasser sabbern?
Der da glaubt an Gott und macht sich bei
diesen Kanaillen von Ministern lieb Kind!
Wenn ich eingesetzt würde, dann würde ich
auf die Rednertribüne steigen und ›Scheiße!‹
sagen. Ja, weiter nichts, das ist meine
Meinung!«
»Ihr wißt doch, daß sich Badinguet mit seiner
Alten neulich abends vor seinem ganzen Hof
Ohrfeigen
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