Der Todschlaeger
hatte die Gesellschaft leise zu
lachen begonnen. Die Nachtwache wurde
heiter bei Wahrung des Anstandes.
Aber als man den Glühwein austrank, kam ein
seltsames Geräusch, ein dumpfes Geriesel, aus
der Kammer. Alle hoben den Kopf und sahen
sich an.
»Das ist nichts weiter«, sagte Lantier
seelenruhig und senkte die Stimme. »Sie
entleert sich.«
Diese Erklärung bewirkte, daß man mit
beruhigter Miene mit dem Kopf nickte, und
die Gesellschaft stellte die Gläser auf den
Tisch zurück.
Schließlich zogen sich die Poissons zurück.
Lantier brach mit ihnen auf; er gehe zu seinem
Freund, sagte er, um sein Bett den Damen zu
überlassen, die sich der Reihe nach jede eine
Stunde darin ausruhen könnten. Lorilleux ging
hinauf, um sich allein schlafen zu legen, und
sagte immer wieder, das sei ihm seit seiner
Hochzeit nicht passiert. Alsdann richteten sich
Gervaise und die beiden Schwestern, die mit
dem schlafenden Coupeau zurückgeblieben
waren, am Ofen ein, auf dem sie Kaffee warm
hielten. Dort saßen sie zusammengekauert,
ganz gebeugt, die Hände unter der Schürze,
die Nase überm Feuer, und redeten ganz leise
in der tiefen Stille des Viertels. Frau Lorilleux
greinte: sie habe kein schwarzes Kleid, sie
wolle es jedoch gern vermeiden, eins zu
kaufen, denn sie seien arg in der Klemme, arg
in der Klemme; und sie horchte Gervaise aus
und fragte, ob Mama Coupeau nicht einen
schwarzen Rock hinterlassen habe, jenen
Rock, den man ihr zum Namenstag geschenkt
hatte. Gervaise mußte den Rock holen. Mit
einer Falte in der Taille könnte er zu
gebrauchen sein. Aber Frau Lorilleux wollte
auch alte Wäsche, sprach vom Bett, vom
Schrank, von den beiden Stühlen und blickte
sich suchend nach dem Trödel um, den man
teilen müsse. Beinahe hätte man sich
überworfen. Frau Lerat stiftete Frieden; sie
war gerechter: die Coupeaus hätten die Last
mit der Mutter gehabt und hätten ihre paar
Klamotten durchaus verdient. Und wiederum
schlummerten sie alle drei bei eintönigem
Geschwätz über dem Ofen ein. Die Nacht kam
ihnen schrecklich lang vor. Ab und zu
schüttelten sie sich, tranken Kaffee, streckten
den Kopf in die Kammer vor, wo die Kerze,
die man nicht putzen durfte, mit roter und
trauriger Flamme brannte, die durch die
verkohlten Schnuppen des Dochtes größer
geworden war. Gegen Morgen bibberten sie
trotz der starken Hitze des Ofens. Ihre Zungen
waren trocken, ihre Augen krank, und eine
Bangigkeit, eine Müdigkeit vom zu vielen
Reden benahm ihnen den Atem. Frau Lerat
warf sich auf Lantiers Bett und schnarchte wie
ein Mann, während die anderen beiden, deren
Kopf herabgesunken war und die Knie
berührte, vor dem Feuer schliefen. Beim
Tagesgrauen weckte sie ein Frösteln. Soeben
war Mama Coupeaus Kerze abermals
ausgegangen. Und da das dumpfe Geriesel in
der Dunkelheit wieder einsetzte, gab Frau
Lorilleux mit lauter Stimme die Erklärung, um
sich selber zu beruhigen.
»Sie entleert sich«, wiederholte sie und
zündete eine andere Kerze an.
Die Beerdigung war auf halb elf Uhr
festgesetzt. Ein schöner Vormittag im
Vergleich zur Nacht und dem
vorhergegangenen Tag! Das heißt, Gervaise
würde, obgleich sie keinen Sou besaß,
demjenigen hundert Francs gegeben haben, der
Mama Coupeau drei Stunden früher abgeholt
hätte. Nein, man mag die Menschen noch so
sehr lieben – wenn sie tot sind, sind sie zu
beschwerlich; ja, je mehr man sie liebt, desto
schneller möchte man sie loswerden.
Der Vormittag einer Beerdigung ist zum Glück
voller Ablenkungen. Man hat allerhand
Vorbereitungen zu treffen. Zuerst wurde
gefrühstückt. Dann kam ausgerechnet Vater
Bazouge, der Leichenträger aus dem sechsten
Stock, der den Sarg und den Sack mit Kleie
brachte. Er wurde nicht nüchtern, dieser brave
Mann. An diesem Tage war er um acht Uhr
noch ganz fidel von einem Rausch, den er sich
am Vortage angetrunken hatte.
»So, es ist doch hier, nicht wahr?« fragte er.
Und er stellte den Sarg hin, der dabei krachte
wie ein neuer Kasten. Aber als er den Sack mit
Kleie daneben warf, blieb er mit aufgerissenen
Augen und offenem Munde stehen, weil er
Gervaise vor sich erblickte. »Verzeihung,
Entschuldigung, ich habe mich geirrt«,
stotterte er. »Man hatte mir gesagt, es sei bei
Ihnen.«
Er hatte den Sack bereits wieder
aufgenommen, und die Wäscherin mußte ihm
zurufen:
»Lassen Sie das doch sein, es ist ja hier.«
»Na, Himmeldonnerwetter! Da muß man sich
deutlich
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