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Der Todschlaeger

Der Todschlaeger

Titel: Der Todschlaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlo von der Birke
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Färbung, ein so zartes Blau
    wie das Blau von einst. Aber sie, sie fühlte,
    daß sie jetzt ganz schön verändert und
    verschrumpelt war. Zunächst einmal stand sie
    nicht mehr unten, das Gesicht zum Himmel
    erhoben, zufrieden und mutig, eine schöne
    Wohnung erstrebend. Sie war unterm Dach, im
    Winkel der armen Schlucker, im dreckigsten
    Loch, an der Stelle, wo man niemals den
    Besuch eines Sonnenstrahls empfing. Und das
    erklärte ihre Tränen, sie konnte ja über ihr Los
    nicht entzückt sein.
    Als sich Gervaise allerdings ein wenig
    eingelebt hatte, ließen sich die Anfänge der
    Familie in der neuen Wohnung nicht schlecht
    an. Der Winter war fast vorüber, die paar Sous
    für die Virginie überlassenen Möbel hatten das
    Einrichten erleichtert. Ferner trat gleich mit
    den schönen Tagen ein Glücksfall ein:
    Coupeau war eingestellt worden; er sollte in
    die Provinz gehen und in Etampes arbeiten;
    und dort war er fast ein Vierteljahr, ohne sich
    zu besaufen, eine Weile geheilt durch die
    Landluft. Man ahnt ja nicht, wie sehr den
    Trunkenbolden der Durst vergeht, wenn sie
    aus der Luft von Paris herauskommen, wo auf
    der Straße ein wahrer Schnaps und Weindunst
    herrscht. Bei seiner Rückkehr war er frisch wie
    eine Rose, und er brachte vierhundert Francs
    mit, von denen sie die beiden rückständigen
    Mieten für den Laden bezahlten, für die die
    Poissons aufgekommen waren, sowie andere
    kleine Schulden im Viertel, die sich am
    meisten zusammengeläppert hatten. Gervaise
    machte sich zwei oder drei Straßen frei, durch
    die sie nicht mehr gegangen war. Natürlich
    hatte sie als Plätterin auf Tagelohn
    angefangen. Frau Fauconnier, eine sehr gute
    Frau, vorausgesetzt, daß man ihr schmeichelte,
    hatte sie gern wieder genommen. Sie gab ihr
    sogar drei Francs wie einer Vorarbeiterin, mit
    Rücksicht auf ihre ehemalige Stellung als
    Meisterin. So schien es denn auch, als sollte
    die Familie langsam vorwärtskommen.
    Gervaise sah mit Arbeit und Sparsamkeit sogar
    den Tag nahen, an dem sie alles bezahlen und
    sich auf einen erträglichen alltäglichen Trott
    würden einstellen können. Allerdings erhoffte
    sie das bloß im Fieber der großen Summe, die
    ihr Mann verdient hatte. Nüchtern besehen,
    nahm sie die Zeit hin, wie sie kam, und sagte,
    daß das Gute nicht von Dauer sei.
    Am meisten hatten die Coupeaus jetzt darunter
    zu leiden, daß sie sahen, wie sich die Poissons
    in ihrem Laden einrichteten. Ihrer Natur nach
    waren sie gar nicht allzu neidisch, aber man
    reizte sie und brach absichtlich in ihrer
    Gegenwart in höchste Bewunderung über die
    von ihren Nachfolgern vorgenommenen
    Verschönerungen aus, Die Boches und vor
    allem die Lorilleux waren unerschöpflich
    darin. Ihrem Reden nach hätte man niemals
    einen schöneren Laden gesehen. Und sie
    sprachen von dem dreckigen Zustand, in dem
    die Poissons die Räumlichkeiten vorgefunden
    hatten, sie erzählten, allein das Reinigen habe
    sich auf dreißig Francs belaufen. Nach
    einigem Zögern hatte sich Virginie für einen
    kleinen Handel mit feinen Kolonialwaren,
    Bonbons, Schokolade, Kaffee, Tee,
    entschlossen. Lantier hatte ihr lebhaft zu
    diesem Handel geraten, denn mit Leckereien
    seien, wie er sagte, Riesensummen zu
    verdienen. Der Laden wurde schwarz
    gestrichen und mit schmalen gelben Leisten
    abgesetzt, zwei vornehme Farben. Drei
    Tischler arbeiteten acht Tage an der
    Einrichtung der Fächerschränke, der Vitrinen,
    eines Ladentisches mit Platten für die
    Bonbongläser wie bei einem Konditor. Die
    kleine Erbschaft, die Poisson in Reserve hatte,
    mußte derb angegriffen worden sein. Aber
    Virginie triumphierte, und die Lorilleux, die
    dabei von den Portiersleuten unterstützt
    wurden, ersparten Gervaise keinen
    Fächerschrank, keine Vitrine, kein
    Bonbonglas, hatten ihren Spaß daran, wenn sie
    sahen, wie ihr Gesicht die Farbe wechselte.
    Sowenig mißgünstig man auch sein mag, man
    wird immer wütend, wenn andere die Schuhe
    von einem anziehen und einen damit zertreten.
    Dahinter steckte auch eine Männergeschichte.
    Es wurde versichert, Lantier habe Gervaise
    verlassen. Das Viertel erklärte das für sehr gut.
    Das brachte endlich ein bißchen Moral in die
    Straße. Und die ganze Ehre der Trennung fiel
    dem Hutmacher zu, diesem Schlauberger, den
    die Damen immer noch anhimmelten.
    Einzelheiten wurden angeführt, er habe die
    Wäscherin ohrfeigen müssen, um sie dazu zu
    bringen, sich ruhig zu verhalten, so versessen
    sei sie hinter ihm hergewesen.

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