Der Todschlaeger
diesen Anlaß dazu, zweifellos auf den
Rat des Hutmachers hin. Sie luden die
Coupeaus ein und die Boches, deren Kleine
ebenfalls zur Erstkommunion ging. Am Abend
wollte man bei ihnen eine Hammelkeule und
noch irgend etwas dazu essen.
Gerade am Tage vorher, als Nana soeben aufs
höchste entzückt die auf der Kommode
ausgebreiteten Geschenke betrachtete,
kamCoupeau in einem scheußlichen Zustand
nach Hause. Die Pariser Luft packte ihn
wieder. Und er beschimpfte seine Frau und das
Kind mit den Reden eines Trunkenboldes,
ekelhaften Worten, die in dieser Situation
nicht angebracht waren. Übrigens bekam Nana
inmitten dieser schmutzigen Gespräche, die sie
dauernd hörte, selber ein loses Maul. An den
Tagen, an denen es Streit gab, schalt sie ihre
Mutter sehr wohl Kamel und Kuh.
»Und Brot?« brüllte der Bauklempner. »Ich
will mein Essen haben, ihr Haufen
Saustücken! – Das sind vielleicht Weiber mit
ihren Lumpen! Ich setze mich auf das Zeug
rauf, wißt ihr, wenn ich mein Essen nicht
kriege!«
»Was für ein Ekel, wenn er knülle ist!«
murmelte Gervaise ungeduldig. Und sich zu
ihm wendend: »Dein Essen wird schon warm
gemacht, du ödest uns an.«
Nana tat sittsam, weil sie das an diesem Tage
nett fand. Sie betrachtete weiter die Geschenke
auf der Kommode und tat so, als schlage sie
die Augen nieder und verstehe die garstigen
Reden ihres Vaters nicht.
Aber an Saufabenden war der Bauklempner
ganz schön zanksüchtig. Er sprach ganz nahe
an ihrem Hals:
»Ich werde dir helfen, weiße Kleider! He,
damit du dir mit Papierkugeln wieder Titten
ins Mieder machst wie neulich am Sonntag! –
Ja, ja, warte nur! Ich sehe genau, wie du mit
dem Hintern wackelst. Die kitzeln dich, die
schönen Klamotten. Die steigen dir zu Kopf ...
Willst du dich wohl da wegscheren, du
verdammte Kröte! Nimm deine Flossen weg,
steck mir das ja in eine Schublade, oder ich
wasch dir das Gesicht damit!«
Nana, die den Kopf gesenkt hielt, erwiderte
noch immer nichts. Sie hatte das Tüllhäubchen
genommen, sie fragte ihre Mutter, wieviel so
was koste. Und als Coupeau die Hand
ausstreckte, um ihr die Haube zu entreißen,
stieß Gervaise ihn zurück und schrie:
»Aber so laß doch das Kind! Es ist artig, es tut
nichts Böses.«
Da legte der Bauklempner richtig los.
»Oh, diese Weibsbilder! Mutter und Tochter,
die passen zusammen. Das ist ja was Sauberes,
den Heiland schlucken gehen und dabei nach
den Männern schielen. Wage doch das
Gegenteil zu behaupten, du Schlampe! Ich
werde dir einen Sack anziehen, wir werden ja
sehen, ob der dir auf der Haut kratzt. Ja, einen
Sack, um euch den Appetit zu verderben, dir
und deinen Pfarrern. Habe ich es denn nötig,
daß man dir Laster beibringt?
Himmelsakrament! Wollt ihr wohl auf mich
hören, ihr beide!«
Und auf einmal drehte sich Nana wütend um,
während Gervaise die Arme ausstrecken
mußte, um die Sachen zu schützen, die
Coupeau, wie er sagte, zerreißen wollte. Das
Kind sah seinen Vater starr an; dann vergaß es
die von seinem Beichtvater anempfohlene
Sittsamkeit
und
sagte
mit
zusammengebissenen Zähnen:
»Schwein!«
Sobald der Bauklempner seine Suppe gegessen
hatte, schnarchte er. Am nächsten Tag
erwachte er ganz gutmütig. Er hatte noch einen
Rest vom Vortage in der Krone, gerade genug,
um freundlich zu sein. Er wohnte dem
Ankleiden der Kleinen bei, war gerührt über
das weiße Kleid und fand, daß eine winzige
Kleinigkeit diesem Balg das Aussehen eines
richtigen Fräuleins verleihe. Schließlich sei ein
Vater, wie er sagte, an einem solchen Tage
natürlich stolz auf seine Tochter. Und man
mußte Nanas Schick sehen, die in ihrem zu
kurzen Kleid verlegen lächelte wie eine Braut.
Als man hinunterging und sie auf der Schwelle
der Conciergeloge Pauline erblickte, die auf
die gleiche Weise gekleidet war, blieb sie
stehen, musterte sie mit einem klaren Blick
und gab sich dann sehr freundlich, weil sie
fand, daß Pauline weniger gut angezogen war
als sie, wie ein Bündel hergerichtet. Die
beiden Familien brachen gemeinsam zur
Kirche auf. Nana und Pauline schritten voran,
das Gebetbuch in der Hand, ihre Schleier
festhaltend, die der Wind aufblähte; und sie
sprachen nicht, platzten vor Vergnügen, wie
sie die Leute aus den Läden treten sahen, und
zogen ein frommes Schmollmündchen, um zu
hören, wie man bei ihrem Vorübergehen sagte,
daß sie sehr nett aussähen. Frau Boche und
Frau Lorilleux
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