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Der Todschlaeger

Der Todschlaeger

Titel: Der Todschlaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlo von der Birke
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diesen Anlaß dazu, zweifellos auf den
    Rat des Hutmachers hin. Sie luden die
    Coupeaus ein und die Boches, deren Kleine
    ebenfalls zur Erstkommunion ging. Am Abend
    wollte man bei ihnen eine Hammelkeule und
    noch irgend etwas dazu essen.
    Gerade am Tage vorher, als Nana soeben aufs
    höchste entzückt die auf der Kommode
    ausgebreiteten Geschenke betrachtete,
    kamCoupeau in einem scheußlichen Zustand
    nach Hause. Die Pariser Luft packte ihn
    wieder. Und er beschimpfte seine Frau und das
    Kind mit den Reden eines Trunkenboldes,
    ekelhaften Worten, die in dieser Situation
    nicht angebracht waren. Übrigens bekam Nana
    inmitten dieser schmutzigen Gespräche, die sie
    dauernd hörte, selber ein loses Maul. An den
    Tagen, an denen es Streit gab, schalt sie ihre
    Mutter sehr wohl Kamel und Kuh.
    »Und Brot?« brüllte der Bauklempner. »Ich
    will mein Essen haben, ihr Haufen
    Saustücken! – Das sind vielleicht Weiber mit
    ihren Lumpen! Ich setze mich auf das Zeug
    rauf, wißt ihr, wenn ich mein Essen nicht
    kriege!«
    »Was für ein Ekel, wenn er knülle ist!«
    murmelte Gervaise ungeduldig. Und sich zu
    ihm wendend: »Dein Essen wird schon warm
    gemacht, du ödest uns an.«
    Nana tat sittsam, weil sie das an diesem Tage
    nett fand. Sie betrachtete weiter die Geschenke
    auf der Kommode und tat so, als schlage sie
    die Augen nieder und verstehe die garstigen
    Reden ihres Vaters nicht.
    Aber an Saufabenden war der Bauklempner
    ganz schön zanksüchtig. Er sprach ganz nahe
    an ihrem Hals:
    »Ich werde dir helfen, weiße Kleider! He,
    damit du dir mit Papierkugeln wieder Titten
    ins Mieder machst wie neulich am Sonntag! –
    Ja, ja, warte nur! Ich sehe genau, wie du mit
    dem Hintern wackelst. Die kitzeln dich, die
    schönen Klamotten. Die steigen dir zu Kopf ...
    Willst du dich wohl da wegscheren, du
    verdammte Kröte! Nimm deine Flossen weg,
    steck mir das ja in eine Schublade, oder ich
    wasch dir das Gesicht damit!«
    Nana, die den Kopf gesenkt hielt, erwiderte
    noch immer nichts. Sie hatte das Tüllhäubchen
    genommen, sie fragte ihre Mutter, wieviel so
    was koste. Und als Coupeau die Hand
    ausstreckte, um ihr die Haube zu entreißen,
    stieß Gervaise ihn zurück und schrie:
    »Aber so laß doch das Kind! Es ist artig, es tut
    nichts Böses.«
    Da legte der Bauklempner richtig los.
    »Oh, diese Weibsbilder! Mutter und Tochter,
    die passen zusammen. Das ist ja was Sauberes,
    den Heiland schlucken gehen und dabei nach
    den Männern schielen. Wage doch das
    Gegenteil zu behaupten, du Schlampe! Ich
    werde dir einen Sack anziehen, wir werden ja
    sehen, ob der dir auf der Haut kratzt. Ja, einen
    Sack, um euch den Appetit zu verderben, dir
    und deinen Pfarrern. Habe ich es denn nötig,
    daß man dir Laster beibringt?
    Himmelsakrament! Wollt ihr wohl auf mich
    hören, ihr beide!«
    Und auf einmal drehte sich Nana wütend um,
    während Gervaise die Arme ausstrecken
    mußte, um die Sachen zu schützen, die
    Coupeau, wie er sagte, zerreißen wollte. Das
    Kind sah seinen Vater starr an; dann vergaß es
    die von seinem Beichtvater anempfohlene
    Sittsamkeit

    und

    sagte

    mit
    zusammengebissenen Zähnen:
    »Schwein!«
    Sobald der Bauklempner seine Suppe gegessen
    hatte, schnarchte er. Am nächsten Tag
    erwachte er ganz gutmütig. Er hatte noch einen
    Rest vom Vortage in der Krone, gerade genug,
    um freundlich zu sein. Er wohnte dem
    Ankleiden der Kleinen bei, war gerührt über
    das weiße Kleid und fand, daß eine winzige
    Kleinigkeit diesem Balg das Aussehen eines
    richtigen Fräuleins verleihe. Schließlich sei ein
    Vater, wie er sagte, an einem solchen Tage
    natürlich stolz auf seine Tochter. Und man
    mußte Nanas Schick sehen, die in ihrem zu
    kurzen Kleid verlegen lächelte wie eine Braut.
    Als man hinunterging und sie auf der Schwelle
    der Conciergeloge Pauline erblickte, die auf
    die gleiche Weise gekleidet war, blieb sie
    stehen, musterte sie mit einem klaren Blick
    und gab sich dann sehr freundlich, weil sie
    fand, daß Pauline weniger gut angezogen war
    als sie, wie ein Bündel hergerichtet. Die
    beiden Familien brachen gemeinsam zur
    Kirche auf. Nana und Pauline schritten voran,
    das Gebetbuch in der Hand, ihre Schleier
    festhaltend, die der Wind aufblähte; und sie
    sprachen nicht, platzten vor Vergnügen, wie
    sie die Leute aus den Läden treten sahen, und
    zogen ein frommes Schmollmündchen, um zu
    hören, wie man bei ihrem Vorübergehen sagte,
    daß sie sehr nett aussähen. Frau Boche und
    Frau Lorilleux

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