Der Todschlaeger
werden niemals
böse miteinander sein ... Nur, Sie verstehen, es
ist alles aus.«
Und er ging mit großen Schritten davon und
ließ Gervaise betäubt zurück, die sein letztes
Wort mit Glockengedröhn in ihren Ohren
anschlagen hörte. Als sie in die Weinschenke
trat, hörte sie dumpf in ihrem Innern: Es ist
alles aus, ach ja, es ist alles aus; ich habe hier
nichts mehr zu schaffen, wenn alles aus ist! –
Sie setzte sich, verschlang einen Happen Brot
und Käse, leerte ein volles Glas, das sie vor
sich fand.
Es war ein langer Raum mit niedriger Decke
im Erdgeschoß, den zwei große Tische
einnahmen; Literflaschen, Viertel Brote, breite
dreieckige Stücke Briekäse auf drei Tellern
waren in einer Reihe zur Schau gestellt.
Die Gesellschaft aß nur in aller Eile etwas,
ohne Tischtuch und ohne Gedeck. Weiter weg
beendeten neben dem bullernden Ofen die vier
Leichenträger gerade ihr Mittagessen.
»Mein Gott«, erklärte Herr Madinier, »es
kommt jeder an die Reihe. Die Alten machen
den Jungen Platz ... Ihre Wohnung wird Ihnen
ja recht leer erscheinen, wenn Sie
heimkommen.«
»Oh, mein Bruder kündigt«, sagte Frau
Lorilleux lebhaft. »Dieser Laden ist ja ein
Untergang.«
Man hatte Coupeau bearbeitet. Jedermann
drängte ihn, den Mietvertrag abzutreten. Sogar
Frau Lerat, die sich seit einiger Zeit sehr gut
mit Lantier und Virginie stand und von dem
Gedanken gekitzelt wurde, daß sie ineinander
verschossen sein müßten, sprach von Bankrott
und Gefängnis, wobei sie eine erschrockene
Miene aufsetzte. Und jäh wurde der
Bauklempner ärgerlich, seine Rührung, die
bereits zu sehr mit. Alkohol begossen war,
schlug in Wut um.
»Hör zu!« schrie er seiner Frau ins Gesicht.
»Ich will, daß du auf mich hörst! Dein
verdammter Dickkopf macht immer nur, was
er will. Aber diesmal werde ich meinen Willen
durchsetzen, das kann ich dir sagen!«
»Ach was«, sagte Lantier, »als ob man sie
jemals durch gute Worte zur Vernunft bringt!
Man brauchte einen Holzhammer, um ihr das
in den Schädel einzuhämmern.«
Und beide hackten eine Weile auf sie ein. Das
hinderte die Kinnladen nicht, ihre Tätigkeit zu
verrichten. Der Briekäse verschwand, die
Literflaschen flossen wie Brunnen. Gervaise
wurde allerdings weich unter den Schlägen.
Sie erwiderte nichts, hatte den Mund immerzu
voll und beeilte sich, als habe sie großen
Hunger. Als die beiden müde wurden, hob sie
langsam den Kopf und sagte:
»Langt's jetzt, he? Der Laden ist mir ziemlich
schnuppe! Ich will ihn nicht mehr ... Versteht
ihr, er ist mir schnuppe! Es ist alles aus!«
Da bestellte man nochmals Käse und Brot und
unterhielt sich ernsthaft. Die Poissons
übernahmen den Pachtvertrag und erboten
sich, für die beiden rückständigen Mieten
aufzukommen. Im übrigen nahm Boche im
Namen
des
Hausbesitzers
mit
wichtigtuerischer Miene die Übereinkunft an.
Er vermietete den Coupeaus sogar auf der
Stelle eine Wohnung, die leerstehende
Wohnung im sechsten Stock auf Lorilleux'
Flur. Was Lantier anging, mein Gott, so wolle
er seine Stube gern behalten, wenn das die
Poissons nicht störe. Der Polizist verneigte
sich, das störe ihn durchaus nicht; unter
Freunden verstehe man sich immer, trotz der
politischen Ansichten. Und ohne sich weiter
um die Abtretung zu kümmern, machte sich
Lantier als ein Mann, der endlich sein
Geschäftchen abgeschlossen hat, eine große
Schnitte mit Briekäse zurecht; er lehnte sich
zurück und aß sie andächtig, vor Gesundheit
strotzend, er glühte vor tückischer Freude und
blinzelte mit den Augen, um abwechselnd zu
Gervaise und zu Virginie hinzuschielen.
»He! Vater Bazouge!« rief Coupeau.
»Kommen Sie doch her, einen Schluck
trinken. Wir sind nicht stolz, wir sind ja alle
Arbeiter.«
Die vier Leichenträger, die gerade weggehen
wollten, kamen zurück, um mit der
Gesellschaft anzustoßen. Das sei kein
Vorwurf, aber die Dame von vorhin habe ihr
Gewicht gehabt und sei wohl ein Glas Wein
wert. Vater Bazouge sah die Wäscherin
unverwandt an, ohne ein unangebrachtes Wort
fallen zu lassen.
Gervaise, der unbehaglich war, erhob sich, sie
verließ die Männer, die sich vollends
bezechten. Coupeau, der besoffen wie eine
Drossel war, fing wieder an zu heulen und
sagte, dies sei der Kummer.
Als Gervaise abends wieder zu Hause war,
blieb sie abgestumpft auf einem Stuhl sitzen.
Es kam ihr vor, als seien die Räume verödet
und riesig. Wirklich, da war sie eine
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