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Der Todschlaeger

Der Todschlaeger

Titel: Der Todschlaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlo von der Birke
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dieser Mittagsstunde blieb der
    »Totschläger« leer. Ein dicker vierzigjähriger
    Mann, Vater Colombe, bediente in einer
    Ärmelweste ein kleines Mädchen von etwa
    zehn Jahren, das für vier Sous Schnaps in einer
    Tasse von ihm verlangte. Eine breite Fläche
    Sonnenschein kam durch die Tür und
    erwärmte den vom Auswurf der Baucher stets
    feuchten Parkettfußboden. Und vom
    Schanktisch, von den Tonnen, von der ganzen
    Gaststube stieg ein süßwürziger Geruch, ein
    Alkoholdunst auf, der die umherfliegenden
    Sonnenstäubchen zu verdichten und trunken
    zu machen schien.
    Unterdessen drehte sich Coupeau eine neue
    Zigarette. Er war sehr sauber, hatte eine kurze
    Jacke an und eine kleine blaue Leinenmütze
    auf, lachte, zeigte seine weißen Zähne. Einen
    vorspringenden Unterkiefer, eine leicht platt
    gedrückte Nase hatte er und schöne
    kastanienbraune Augen und das Gesicht eines
    munteren und gutmütigen Hundes. Sein
    dichtes, krauses Haar stand ganz aufrecht
    empor. Er hatte mit seinen sechsundzwanzig
    Jahren noch eine zarte Haut.
    Ihm gegenüber aß Gervaise, in einem Mieder
    aus schwarzem Orleans9 und mit bloßem
    Kopf, ihre Pflaume auf, die sie mit den
    Fingerspitzen am Stiel festhielt. Sie saßen
    dicht an der Straße an dem ersten der vier
    Tische, die längs der Tonnen vor dem
    Schanktisch aufgestellt waren.
    Als der Bauklempner seine Zigarette
    angezündet hatte, stützte er die Ellbogen auf
    den Tisch, schob das Gesicht vor und
    betrachtete einen Augenblick, ohne zu
    sprechen, die junge Frau, deren hübsches
    Blondinengesicht an jenem Tage die milchige
    Durchsichtigkeit feinen Porzellans hatte.
    Dann fragte er, mit einer Anspielung auf eine
    bereits erörterte Angelegenheit, die ihnen
    allein bekannt war, lediglich mit halber
    Stimme:
    »Also nein? Sie sagen nein?«
    »O gewiß, nein, Herr Coupeau«, antwortete
    Gervaise ruhig und lächelnd. »Sie wollen doch
    nicht etwa hier mit mir darüber reden. Sie
    hatten mir doch versprochen, vernünftig zu
    sein ... Wenn ich das gewußt hätte, würde ich
    Ihre Einladung abgelehnt haben.«
    Er fing nicht wieder an und betrachtete sie
    weiterhin ganz aus der Nähe mit verwegener
    und sich anbietender Zärtlichkeit, vor allem
    begeistert von ihren Mundwinkeln, kleinen
    Winkeln von blassem, ein wenig feuchtem
    Rosa, die das lebhafte Rot des Mundes sehen
    ließen, wenn sie lächelte.
    Sie wich nicht zurück, blieb sanft und
    freundlich. Nach einem Schweigen sagte sie
    noch:
    »Sie denken doch nicht wirklich daran? Ich
    bin eine alte Frau, ich habe einen großen
    Jungen von acht Jahren ... Was sollten wir
    denn zusammen tun?«
    »Bei Gott!« murmelte Coupeau
    augenzwinkernd. »Was die anderen tun!«
    Aber sie machte eine verdrossene
    Handbewegung.
    »Ach, wenn Sie glauben, daß das immer Spaß
    macht ... Man sieht wirklich, daß Sie nie mit
    jemand zusammen gelebt haben ... Nein, Herr
    Coupeau, ich muß an ernste Dinge denken.
    Vergnügen, das führt zu nichts, verstehen Sie!
    Ich habe zwei Mäuler zu Hause zu stopfen, die
    tüchtig was verputzen, das sage ich Ihnen! Wie
    soll ich es schaffen, mein kleines Volk
    großzuziehen, wenn ich mir die Zeit mit
    Liebeleien vertreibe? – Und außerdem, hören
    Sie mal, ist mir mein Mißgeschick eine
    gehörige Lehre gewesen. Sie wissen ja,
    Männer, das ist nun nichts mehr für mich. So
    schnell erwischt es mich nicht wieder.« Das
    legte sie ohne Zorn und mit großer
    Besonnenheit dar, ganz kühl, als erörtere sie
    eine mit der Arbeit zusammenhängende Frage,
    wie etwa die Gründe, die sie davon abhielten,
    ein Brusttuch zu stärken. Man sah, daß sie das
    nach reiflicher Überlegung so beschlossen
    hatte.
    Gerührt sagte Coupeau immer wieder:
    »Sie machen mir viel Kummer, viel
    Kummer ...«
    »Ja, das sehe ich«, entgegnete sie, »und das tut
    mir leid für Sie, Herr Coupeau ... Das braucht
    Sie nicht zu kränken. Wenn ich zum Spaßen
    aufgelegt wäre, mein Gott, dann noch lieber
    mit Ihnen als mit einem anderen. Sie sehen
    gutmütig aus und sind nett. Man könnte sich
    zusammentun, nicht wahr, und es würde
    gehen, solange es geht. Ich spiele mich nicht
    als Prinzessin auf, ich sage gar nicht, daß das
    nicht hätte eintreffen können ... Bloß, wozu
    denn, da ich nun mal keine Lust dazu habe?
    Ich bin jetzt seit vierzehn Tagen bei Madame
    Fauconnier. Die Kleinen gehen zur Schule. Ich
    arbeite, ich bin zufrieden ... Nicht wahr, es ist
    also das beste, alles bleibt so, wie es ist.« Sie
    bückte sich, um ihren Korb

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