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Der Todschlaeger

Der Todschlaeger

Titel: Der Todschlaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlo von der Birke
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Schenkel und die nackten
    Arschbacken. Dann fing sie an mit erhobenem
    Wäschebleuel zuzuschlagen, wie sie einst in
    Plassans am Ufer der Viorne zugeschlagen
    hatte, wenn ihre Meisterin die Wäsche der
    Garnison wusch. Das Holz fiel schlaff mit
    feuchtem Geräusch in die Fleischmassen. Bei
    jedem Hieb äderte ein roter Striemen die
    weiße Haut.
    »Oh! Oh!« murmelte verzückt der Gehilfe
    Charles mit weit aufgerissenen Augen.
    Abermals war Gelächter umgelaufen. Aber
    bald setzte der Schrei: »Genug! Genug!« von
    neuem ein.
    Gervaise hörte nichts, wurde nicht müde.
    Vorgebeugt, ganz damit beschäftigt, keine
    Stelle auszulassen, schaute sie auf ihr Werk.
    Sie wollte, daß diese ganze Haut zerschlagen
    und zerschunden werde. Und sie redete, von
    wilder Heiterkeit erfaßt, und sich eines alten
    Wäscherinnenliedes entsinnend:
    »Patsch, Patsch! Margot im Waschhaus ...
    Patsch, patsch! Klopft die Wäsche aus ...
    Patsch, patsch! Wäscht ja auch ihr Herz ...
    Patsch, patsch! das ganz schwarz vor
    Schmerz ...« Und sie fuhr fort: »Das ist für
    dich, das ist für deine Schwester, das ist für
    Lantier ... Wenn du sie siehst, kannst du ihnen
    das geben ... Aufgepaßt! Ich fange noch mal
    an. Das ist für Lantier, das ist für deine
    Schwester, das ist für dich ... Patsch, patsch!
    Margot im Waschhaus ... Patsch, patsch!
    Klopft die Wäsche aus ...«
    Man mußte ihr Virginie aus den Händen
    reißen. Mit tränenüberströmtem, purpurrotem
    und verwirrtem Gesicht nahm die lange
    Brünette ihre Wäsche wieder an sich und
    flüchtete. Sie war besiegt. Unterdessen streifte
    Gervaise den Ärmel ihres Unterjäckchens
    wieder über und band ihre Röcke wieder fest.
    Ihr Arm schmerzte sie, und sie bat Frau Boche,
    ihr ihre Wäsche über die Schulter zu legen.
    Die Concierge erzählte von der Schlacht,
    schilderte ihre Gemütsbewegungen und sprach
    davon, sie zu untersuchen, um mal
    nachzusehen.
    »Vielleicht haben Sie sich etwas gebrochen ...
    Ich habe was krachen gehört ...«
    Doch die junge Frau wollte fortgehen. Sie
    antwortete nicht auf die mitleidsvollen Reden,
    die schwatzhafte Huldigung der
    Wäscherinnen, die in ihren Schürzen
    kerzengerade um sie herum standen. Als sie
    bepackt war, gelangte sie an die Tür, wo ihre
    Kinder auf sie warteten.
    »Zwei Stunden, das macht zwei Sous«, sagte
    die Besitzerin des Waschhauses, die sich
    bereits wieder in ihrem verglasten Gelaß
    niedergelassen hatte, zu ihr und hielt sie an.
    Wieso zwei Sous? Sie begriff nicht mehr, daß
    man den Preis für den Platz von ihr verlangte.
    Dann gab sie ihre zwei Sous hin. Und unter
    der Last der von ihrer Schulter
    herabhängenden nassen Wäsche stark hinkend,
    ging sie triefend, mit blauem Ellbogen und
    blutiger Wange davon, wobei sie Etienne und
    Claude, die, noch mitgenommen und von
    ihrem Schluchzen verschmiert, neben ihr
    hertrotteten, an ihren nackten Armen hinter
    sich her zog.
    Hinter ihr setzte wieder das ungeheure
    Schleusengetöse des Waschhauses ein. Die
    Wäscherinnen hatten ihr Brot gegessen, ihren
    Wein getrunken und klopften mit entflammten
    Gesichtern, von der Prügelei zwischen
    Gervaise und Virginie aufgemuntert, derber
    drauflos. Längs der Zuber regte sich erneut ein
    Wüten von Armen, von eckigen
    Marionettenprofilen mit gebrochenem Kreuz
    und verrenkten Schultern, die ungestüm wie in
    Scharnieren zusammenklappten. Von einem
    Ende der Gänge zum anderen gingen die
    Unterhaltungen weiter. Die Stimmen, das
    Gelächter und die saftigen Worte klirrten in
    das heftige Plätschern des Wassers. Die Hähne
    spieen, die Eimer schleuderten Wassergüsse
    aus, ein Strom floß unter den Waschtischen.
    Es war der Nachmittagstrubel, die mit
    Bleuelschlägen zerstampfte Wäsche. In dem
    riesigen Saal wurden die Dämpfe rotgelb und
    einzig von Sonnenkringeln, goldenen Bällen,
    durchlöchert, die die Risse in den Vorhängen
    hindurchtreten ließen. Man atmete die laue
    Stickluft der Seifengerüche. Mit einemmal
    füllte sich der Schuppen mit weißem Wrasen;
    der ungeheure Deckel des Bottichs, in dem die
    Lauge kochte, stieg mechanisch an einer in der
    Mitte angebrachten Zahnstange in die Höhe
    und das klaffende Loch des mit Ziegelsteinen
    ausgemauerten Kupferkessels strömte
    wirbelnde Dampfwolken aus, die zuckrig nach
    Pottasche schmeckten. Währenddessen waren
    daneben die Wringmaschinen in Betrieb. In
    gußeisernen Zylindern gaben Bündel von
    Wäsche ihr Wasser von sich, bei einer
    Radumdrehung der Maschine, die keuchend
    und

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