Der Todschlaeger
Werkstatt zu fehlen. Du meine Güte, war
das komisch. RöstfleischBibi und
MeineBotten, die sich vor Lachen die Seiten
hielten, versetzten Gervaise, die schließlich
gleichsam gekitzelt und unwillkürlich fidel
war, Klapse auf die Schultern; und sie rieten
ihr, es der dicken Eulalie nachzumachen, ihre
Eisen mitzubringen und Coupeaus Ohren auf
der Theke der Kneipwirte zu bügeln.
»Na, ich danke«, schrie Coupeau, der das von
seiner Frau ausgetrunkene Glas Anisette
umdrehte, »du pumpst dir das ja ganz schön
rein! Seht doch mal, ihr Sippschaft, die fackelt
nicht lange.«
»Möchte Madame noch einen?« fragte
Salzschnabel, genannt Trinkohndurst.
Nein, sie habe genug. Sie zögerte jedoch. Vom
Anisette wurde ihrem Leib speiübel. Sie hätte
lieber etwas Hartes getrunken, um sich den
Magen zu kurieren. Und sie warf verstohlene
Blicke auf die Besaufmaschine hinter ihr.
Dieser verdammte Kochkessel, der rund war
wie der Bauch einer fetten
Kupferwarenhändlerin, mit seiner Nase, die
sich vorreckte und wackelte, blies ihr einen
Schauder in den Nacken, eine mit Verlangen
gemischte Angst. Ja, man hätte meinen
können, es sei das metallene Geschlinge eines
großen Lotterweibs, irgendeiner Hexe, die
Tropfen für Tropfen das Feuer aus ihren
Eingeweiden fahrenließ. Eine hübsche
Giftquelle, ein Vorgang, den man in einem
Keller hätte begraben sollen, so unverschämt
und abscheulich war er! Aber demungeachtet
hätte sie ihre Nase da hineinstecken, den
Geruch hochziehen und die Schweinerei
probieren mögen, selbst wenn sich ihre
verbrannte Zunge mit einem Schlag wie eine
Apfelsine abschälen sollte.
»Was trinkt ihr denn da?« fragte sie
hinterhältig die Männer, deren Gläser mit ihrer
schönen Goldfarbe ihr Auge entflammten.
»Das, Alte«, erwiderte Coupeau, »das ist Papa
Colombes Kampfer ... Sei kein Frosch, nicht
wahr? Wir werden dich davon kosten lassen.«
Und als man ihr ein Glas Sprit gebracht hatte
und sich ihr Kiefer beim ersten Schluck
zusammenzog, fuhr der Bauklempner, sich auf
die Schenkel klatschend, fort: »Das hobelt dir
die Kehle aus, was! – Schluck's auf einen Zug.
Jede Lage zieht dem Arzt einen Kronentaler
aus der Tasche.«
Beim zweiten Glas spürte Gervaise den
Hunger, der sie quälte, nicht mehr. Nun war
sie ausgesöhnt mit Coupeau, sie war ihm nicht
mehr böse wegen seines Wortbruchs. Sie
konnten ja ein andermal in den Zirkus gehen;
Gaukler, die auf Pferden galoppierten, das war
gar nicht so drollig. Bei Vater Colombe
regnete es nicht, und wenn der Lohn auch zu
blauem Zwirn zerrann, so goß man ihn sich
doch wenigstens in den Wanst, man trank ihn
klar und glänzend wie flüssiges Gold. Ach, die
Leute sollten ihr doch den Buckel
runterrutschen! Das Leben bot ihr nicht so
viele Vergnügen; außerdem erschien es ihr wie
ein Trost, zur Hälfte beim Verpulvern des
Geldes beteiligt zu sein. Warum sollte sie denn
nicht bleiben, wo sie sich doch wohl fühlte?
Man konnte eine Kanone abschießen, sie
mochte sich nicht mehr rühren, wenn sie sich
erst einmal hingehockt hatte. Ihr Leibchen
klebte ihr auf dem Rücken; von einem
Wohlbehagen überkommen, bei dem ihr die
Glieder einschliefen, schmorte sie in
angenehmer Wärme. Sie war stillvergnügt,
hatte die Ellbogen auf dem Tisch, die Augen
gedankenverloren, ergötzte sich köstlich über
zwei Kunden, einen dicken plumpen Kerl und
einen Knirps an einem Nachbartisch, die im
Begriff waren, sich herzlich zu küssen, so blau
waren sie. Ja, sie lachte dem »Totschläger« zu,
Vater Colombes Vollmondgesicht, einer
richtigen Blase aus Schweineschmalz, den
Gästen, die ihre Stummelpfeife rauchten,
schrien und spuckten, den großen Flammen
der Gasbeleuchtung, die die Spiegel und
Likörflaschen in Brand setzten. Der Geruch
war ihr nicht mehr lästig; im Gegenteil, sie
spürte Kitzeln in der Nase, sie fand, daß das
gut roch; ihre Lider schlossen sich ein wenig,
während sie kurz, ohne Beklemmung atmete
und dabei die Wonne der schleichenden
Schläfrigkeit genoß, die sie befallen hatte.
Nach ihrem dritten Gläschen ließ sie dann ihr
Kinn auf ihre Hände sinken und sah nur noch
Coupeau und die Kumpel; und sie verharrte
ganz dicht, Nase an Nase, mit ihnen, die
Wangen von ihrem Atem erhitzt, und
betrachtete ihre dreckigen Bärte, als habe sie
deren Haare gezählt. Sie waren jetzt sehr
besoffen. MeineBotten sabberte, hatte die
Pfeife zwischen den Zähnen und sah stumm
und ernst aus
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