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Der Todschlaeger

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Titel: Der Todschlaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlo von der Birke
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diesen Vielfraß
    Meine Botten könne kein Essen stattfinden.
    Und die Männer, die ihre Pfeifen angezündet
    hatten, sahen ihn unverwandt mit neidischen
    Blicken an, denn schließlich mußte man, um
    so viel essen zu können, handfest gebaut sein!
    »Ich möchte Ihre Verpflegung nicht
    übernehmen«, sagte Frau Gaudron, »O nein,
    bloß das nicht!«
    »Hören Sie mal, Muttchen, machen Sie bloß
    keine Witze«, antwortete MeineBotten mit
    einem schiefen Blick auf den Bauch seiner
    Nachbarin. »Sie haben ja viel mehr
    verschluckt als ich.«
    Man klatschte Beifall, man rief bravo, das war
    gut zurückgegeben.
    Es war finstere Nacht, im Raum flammten drei
    Gaslampen auf, die inmitten des
    Pfeifenqualms große trübe Lichtscheine
    aufrührten. Nachdem die Kellner Kaffee und
    Kognak serviert hatten, hatten sie soeben die
    letzten Stapel schmutziger Teller weggeräumt.
    Unter den drei Akazien unten begann die
    Bumsmusik, ein Piston und zwei Geigen, die
    sehr laut spielten, dazu Frauenlachen, das in
    der warmen Nacht ein wenig heiser klang.
    »Ein Brändele muß gemacht werden!« schrie
    MeineBotten. »Zwei Liter Rachenputzer, viel
    Zitrone und nicht viel Zucker!«
    Als aber Coupeau Gervaises besorgtes Gesicht
    sah, erhob er sich und erklärte, es werde nicht
    noch mehr getrunken. Man habe
    fünfundzwanzig Literflaschen leergemacht,
    jeder seine anderthalb Liter, wobei die Kinder
    wie Erwachsene mitgerechnet seien. Das sei
    schon allzu reichlich. Man habe eben einen
    Bissen zusammen gegessen, in guter
    Freundschaft und ohne Angeberei, weil man
    sich gegenseitig schätze und ein Familienfest
    unter sich zu feiern wünsche. Alles sei höchst
    anständig verlaufen, man sei lustig, nun dürfe
    man sich nicht schweinemäßig besaufen, wenn
    man die Damen achten wolle. Mit einem Wort,
    man sei letzten Endes zusammengekommen,
    um auf das Wohl des Brautpaares zu trinken,
    und nicht, um sich einen anzutütern. Diese mit
    überzeugter Stimme vorgebrachte kleine Rede
    des Bauklempners, der am Ende jedes Satzes
    die Hand auf die Brust gelegt hatte, fand
    Lorilleux' und Herrn Madiniers lebhafte
    Zustimmung. Aber die anderen, Boche,
    Gaudron, RöstfleischBibi und vor allem
    MeineBotten, die alle vier sehr angeheitert
    waren, grinsten mit schwerer Zunge, weil sie
    einen verdammt höllischen Durst hatten, der
    doch begossen werden mußte.
    »Wer Durst hat, hat eben Durst, und wer
    keinen hat, hat eben keinen«, bemerkte
    MeineBotten. »Demzufolge wird Brändele
    bestellt ... Wer nicht will, der braucht ja nicht.
    Die feinen Pinkel können sich ja Zuckerwasser
    raufkommen lassen.«
    Und als der Bauklempner dann abermals zu
    predigen begann, versetzte sich der andere, der
    aufgestanden war, einen Klaps auf die
    Arschbacke und rief:
    »Ach, weißt du, du kannst mich mal ...! Herr
    Ober, zwei Liter alten Schnaps!«
    Da sagte Coupeau, es sei gut, nur solle man
    sofort die Zeche begleichen. Dadurch würde
    Streit vermieden. Die wohlerzogenen Leute
    hätten es nicht nötig, für die Säufer zu
    bezahlen. Und ausgerechnet Meine Botten
    fand, nachdem er lange seine Taschen
    durchwühlt hatte, nur drei Francs und sieben
    Sous. Warum hatte man ihn auch auf der
    Landstraße nach Saint Denis so lange
    herumstehen und warten lassen? Er konnte
    sich ja nicht ertränken lassen, er hatte das
    Hundertsousstück angerissen. Die anderen
    seien schuld, jawohl! Schließlich gab er drei
    Francs und behielt die sieben Sous für Tabak
    am nächsten Tag.
    Coupeau, der wütend war, hätte losgeprügelt,
    wenn ihn Gervaise, die ganz entsetzt war und
    ihn anflehte, nicht am Rock gezogen hätte. Er
    entschloß sich, zwei Francs von Lorilleux zu
    borgen, der, nachdem er sie ihm erst
    abgeschlagen hatte, aus dem Blickfeld trat, um
    sie dann doch zu leihen, denn seine Frau hätte
    das bestimmt nie gewollt.
    Unterdessen hatte Herr Madinier einen Teller
    genommen. Die ledigen und die
    alleinstehenden Damen, Frau Lerat, Frau
    Fauconnier und Fräulein Remanjou, legten
    diskret als erste ihr Hundertsousstück darauf.
    Dann sonderten sich die Herren ab ans andere
    Ende des Raumes und machten Kasse. Sie
    waren fünfzehn, das belief sich also auf
    fünfundsiebzig Francs. Als die fünfundsiebzig
    Francs auf dem Teller lagen, gab jeder Mann
    noch fünf Sous für die Kellner hinzu. Eine
    Viertelstunde mühseligen Rechnens war
    erforderlich, bevor alles zur Zufriedenheit
    eines jeden geregelt war.
    Aber als Herr Madinier, der mit dem Wirt
    verhandeln wollte, den Weinhändler

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