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Der Todschlaeger

Der Todschlaeger

Titel: Der Todschlaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlo von der Birke
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Boche,
    während die Damen ihre Röcke aus Furcht vor
    Flecken unter das Tischtuch brachten.
    Frau Lorilleux aber hatte dergleichen Scherze
    nicht gern. Und die fast kalte Nudelsuppe
    wurde sehr schnell gegessen, wobei die Lippen
    auf den Löffeln schmatzten. Zwei Kellner in
    schmierigen kleinen Jacken und mit Schürzen
    von zweifelhaftem Weiß servierten. Durch die
    vier offenen Fenster, die auf die Akazien des
    Hofes gingen, drang das volle Tageslicht
    herein, ein zu Ende gehender rein gewaschener
    und noch warmer Gewittertag. Der
    Widerschein der Bäume in diesem feuchten
    Winkel tauchte den verräucherten Saal in
    Grün, ließ Blätterschatten über das von einem
    unbestimmten Schimmelgeruch feuchte
    Tischtuch tanzen. Zwei Spiegel voller
    Fliegendreck, an jedem Ende einer, waren
    vorhanden und verlängerten den Tisch ins
    unendliche, der mit dickem, gelb werdendem
    Geschirr gedeckt war, auf dem sich das Fett
    des Spülwassers in den Messerkratzern
    schwarz abgesetzt hatte. Im Hintergrund
    klappte jedesmal, wenn ein Kellner aus der
    Küche heraufkam, die Tür, und es wehte ein
    starker Geruch nach angebranntem Fett herein.
    »Wir wollen doch nicht alle auf einmal reden«,
    sagte Boche, als jeder die Nase über seinem
    Teller hatte und schwieg.
    Und man trank das erste Glas Wein, wobei
    man mit den Augen zwei Fleischpasteten
    folgte, die die Kellner auftrugen; da trat
    MeineBotten ein.
    »Na, ihr seid ja schöne Strolche!« rief er.
    »Drei Stunden lang habe ich mir die
    Fußsohlen auf der Landstraße abgelatscht, ein
    Gendarm hat sogar nach meinen Papieren
    gefragt ... Macht man solche Schweinereien
    mit einem Freund? Hättet mir wenigstens
    durch einen Dienstmann eine Droschke
    schicken sollen. Also nein, wißt ihr, Scherz
    beiseite, das finde ich ein starkes Stück! Dazu
    hat es noch so toll geregnet, daß mir das
    Wasser in den Taschen stand ... Wahrhaftig,
    man könnte noch einen Brataal drin fangen.«
    Die Gesellschaft bog sich vor Lachen.
    MeineBotten, dieser Schafskopf, war
    angetrunken, er hatte schon gut seine zwei
    Liter Wein intus, bloß um sich nicht von all
    diesem Gänsewein ärgern zu lassen, den das
    Gewitter über seine Knochen gespuckt hatte.
    »He, Graf von Hammelkeul!« sagte Coupeau.
    »Setz dich dahinten neben Frau Gaudron. Du
    siehst, man hat dich erwartet.«
    Oh, das störe ihn weiter nicht, er würde die
    anderen schon einholen; und er verlangte
    dreimal Suppe nach, Teller voller Nudeln, in
    die er riesige Scheiben Brot hineinschnitt. Als
    man darauf die Pasteten in Angriff nahm,
    wurde er zum Gegenstand tiefer Bewunderung
    der ganzen Tafel. Wie der reinhaute! Die
    verdutzten Kellner bildeten eine Kette, um ihm
    Brot zu reichen, dünn geschnittene Stücke, die
    er auf einen Bissen verschlang. Schließlich
    wurde er ärgerlich; er wollte ein Brot neben
    sich liegen haben. Der Weinhändler ließ sich
    sehr besorgt einen Augenblick auf der
    Schwelle des Gesellschaftsraumes sehen. Die
    Hochzeitsgäste, die ihn erwartet hatten, bogen
    sich erneut vor Lachen. Das haute ihn um, den
    Kneipier! Was für ein verdammter Kerl dieser
    MeineBotten doch war! Hatte er nicht eines
    Tages zwölf hartgekochte Eier gegessen und
    zwölf Glas Wein getrunken, während die
    zwölf Schläge der Mittagszeit ertönten! Viele
    findet man nicht mit diesem Schneid.
    Und gerührt sah Fräulein Remanjou
    MeineBotten beim Kauen zu, während Herr
    Madinier, der nach einem Wort suchte, um
    seinem fast ehrfürchtigen Erstaunen Ausdruck
    zu verleihen, eine solche Leistungsfähigkeit
    für außergewöhnlich erklärte.
    Es trat Stille ein. Eben hatte ein Kellner
    Kaninchenfrikassee auf einer geräumigen
    Platte, die tief wie eine Salatschüssel war, auf
    den Tisch gestellt.
    Coupeau, der ein großer Spaßvogel war, ließ
    einen schönen Witz vom Stapel.
    »Hören Sie mal, Herr Ober, das ist wohl
    Dachhase da ... Er miaut ja noch.«
    Tatsächlich schien ein leises vortrefflich
    nachgeahmtes Miauen von der Platte
    auszugehen. Es war Coupeau, der das mit der
    Kehle hervorbrachte, ohne die Lippen zu
    bewegen; eine Begabung, die in geselligem
    Kreise ihren Erfolg nie verfehlte, so daß er
    niemals auswärts aß, ohne Kaninchenfrikassee
    zu bestellen. Dann schnurrte er. Die Damen
    tupften sich das Gesicht mit ihren Servietten
    ab, weil sie zu sehr lachten.
    Frau Fauconnier bat um den Kopf, sie aß nur
    den Kopf gern. Fräulein Remanjou schwärmte
    für die Speckscheiben. Und als Boche meinte,
    er ziehe die kleinen Zwiebeln vor, wenn

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