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Der Todschlaeger

Der Todschlaeger

Titel: Der Todschlaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlo von der Birke
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dem
    leichenblassen Gesicht tintenschwarz
    geworden. In diesem kleinen Mann entfachte
    die Wut ein Ungewitter.
    »Ja, ja, mit dem ganzen Restaurant!«
    wiederholte die junge Frau. »Madame Boche
    wird ihnen kündigen, ihr und dieser langen
    Latte, ihrer Schwester, weil immer Männer auf
    der Treppe Schlange stehen.«
    Lantier hob beide Fäuste. Dann widerstand er
    dem Verlangen, sie zu schlagen, packte sie an
    den Armen, schüttelte sie heftig und schmiß
    sie auf das Bett der Kinder, die von neuem zu
    schreien anfingen. Und er legte sich wieder hin
    und stammelte mit dem wilden
    Gesichtsausdruck eines Mannes, der einen
    Entschluß faßt, vor dem er noch zögert:
    »Du weißt nicht, was du eben angerichtet hast,
    Gervaise ... Du hast unrecht gehabt, du wirst
    sehen.«
    Einen Augenblick lang schluchzten die
    Kinder. Ihre Mutter, die gebeugt auf dem
    Bettrand sitzengeblieben war, hielt sie in einer
    einzigen Umarmung umschlungen und
    wiederholte an zwanzigmal mit monotoner
    Stimme den Satz:
    »Ach, wenn ihr nicht da wärt, meine armen
    Kleinen! – Wenn ihr nicht da wärt! – Wenn ihr
    nicht da wärt!«
    Ruhig ausgestreckt, zu dem verschossenen
    bemalten Leinwandfetzen über ihm
    hochblickend, hörte Lantier nicht mehr hin
    und vertiefte sich in eine fixe Idee. So
    verharrte er trotz der Müdigkeit, die seine
    Lider schwer machte, ungefähr eine Stunde,
    ohne dem Schlaf nachzugeben. Als er sich mit
    hartem und entschlossenem Gesicht umdrehte
    und sich dabei mit dem Ellbogen aufstützte,
    räumte Gervaise gerade das Zimmer fertig auf.
    Sie machte das Bett der Kinder, die sie eben
    herausgenommen und angezogen hatte. Er sah
    zu, wie sie flüchtig ausfegte und die Möbel
    abwischte. Das Zimmer blieb finster,
    jämmerlich mit seiner verräucherten Decke,
    seiner durch die Feuchtigkeit abgegangenen
    Tapete, seinen drei wackligen Stühlen und
    seiner wackligen Kommode, auf der der Dreck
    hartnäckig liegenblieb und mit dem
    Wischlappen ausgebreitet wurde.
    Während sie sich dann gründlich wusch,
    nachdem sie sich ihr Haar vor dem am
    Fensterriegel hängenden kleinen, runden
    Spiegel, den er zum Rasieren brauchte,
    aufgesteckt hatte, schien er ihre nackten Arme,
    ihren nackten Hals und alles Nackte, was sie
    zeigte, zu mustern, als stelle er in Gedanken
    Vergleiche an. Und er verzog die Lippen.
    Gervaise hinkte auf dem rechten Bein, aber
    man bemerkte es fast nur, wenn sie sich an den
    Tagen, da sie erschöpft war, mit zerschlagenen
    Hüften gehenließ. An diesem Morgen zog sie,
    durch die Nacht wie gerädert, das Bein nach
    und stützte sich an den Wänden.
    Es herrschte Schweigen, sie hatten kein Wort
    mehr gewechselt. Er schien zu warten. Sie fraß
    ihren Schmerz in sich hinein, bemühte sich,
    ein gleichgültiges Gesicht zu machen, und
    beeilte sich. Als sie aus der in eine Ecke hinter
    den Koffer geworfenen schmutzigen Wäsche
    ein Bündel machte, öffnete er endlich die
    Lippen und fragte:
    »Was machst du denn? – Wo gehst du hin?«
    Sie antwortete zunächst nicht. Als er seine
    Frage dann wütend wiederholte, entschloß sie
    sich dazu.
    »Das siehst du doch ... Ich will das alles
    waschen ... Die Kinder können ja nicht im
    Dreck leben.«
    Er ließ sie zwei oder drei Taschentücher
    aufheben. Und nach einem erneuten
    Schweigen fuhr er fort:
    »Hast du denn Geld?«
    Sofort richtete sie sich wieder auf, sah ihm ins
    Gesicht, ohne die schmutzigen Hemden der
    Kleinen loszulassen, die sie in der Hand hielt.
    »Geld? Wo soll ich es denn gestohlen haben?
    – Du weißt genau, daß ich vorgestern drei
    Francs für meinen schwarzen Rock gekriegt
    habe. Davon haben wir zweimal Mittag
    gegessen, und da ist man schnell mit am Ende
    beim Fleischer ... Nein, ich habe allerdings
    kein Geld. Ich habe vier Sous für das
    Waschhaus ... Ich verdiene ja keins wie
    gewisse Frauen.« Er kehrte sich nicht an diese
    Anspielung. Er war aus dem Bett gestiegen
    und musterte die wenigen rings im Zimmer
    herumhängenden Lumpen. Schließlich nahm
    er die Hose und den Schal von der Lehne,
    öffnete die Kommode und legte ein
    Unterhemd und zwei Frauenhemden zu dem
    Bündel hinzu; dann warf er das Ganze
    Gervaise auf den Arm:
    »Da, bring das zur Pfandleihe.«
    »Soll ich nicht auch die Kinder hinbringen?«
    fragte sie. »Wenn man die Kinder versetzen
    könnte, so wäre das ja ein famoser Ausweg,
    was?«
    Trotzdem ging sie zum Leihhaus. Als sie nach
    einer halben Stunde zurückkam, legte sie ein
    Fünffrancsstück auf den Kamin und fügte

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