Der Todschlaeger
einmal
schnarchte er.
Da stieß Gervaise einen Seufzer der
Erleichterung aus, war glücklich zu wissen,
daß er endlich still war und seine Sauferei auf
zwei guten Matratzen ausschlief. Und in das
Schweigen hinein sprach sie mit langsamer
und steter Stimme, ohne das kleine Tolleisen,
das sie rasch handhabte, aus den Augen zu
lassen:
»Was wollen Sie? Er ist nicht bei Verstand,
man darf sich nicht ärgern. Wenn ich mit ihm
herumschimpfen würde, so würde das zu
nichts führen. Lieber rede ich ihm zum Munde
und lege ihn schlafen; da ist es wenigstens
gleich erledigt, und ich habe meine Ruhe ...
Außerdem ist er nicht bösartig, er liebt mich
sehr. Sie haben es ja vorhin gesehen, er hätte
sich in Stücke hacken lassen, um mich zu
küssen. Das ist noch sehr nett, so was, denn es
gibt ganz schön viele, die zu Weibern gehen,
wenn sie getrunken haben ... Er kommt
schnurstracks hierher nach Hause. Er scherzt
zwar mit den Arbeiterinnen, aber weiter geht
das nicht. Verstehen Sie, Clémence, Sie
brauchen sich nicht beleidigt zu fühlen. Sie
wissen ja, wie so ein besoffener Mann ist; so
was würde Vater und Mutter umbringen und
würde sich nicht mal dran erinnern ... Ach, ich
verzeihe ihm von Herzen gern. Er ist wie alle
anderen, weiß Gott!« Sie sagte diese Sachen
schlaff, leidenschaftslos, war schon gewöhnt
an Coupeaus Kneiptouren und fand noch
Gründe für ihre Nachgiebigkeit ihm
gegenüber, sah aber schon nichts Schlimmes
mehr darin, daß er bei ihr zu Hause den
Mädchen in die Hüften kniff. Als sie
verstummte, sank wieder das Schweigen
herab, wurde nicht mehr gestört.
Frau Putois zog bei jedem Stück, das sie
herausnahm, den Korb hervor, der tief unter
dem Kretonnebehang stand, mit dem der
Arbeitstisch eingefaßt war. War das Stück
dann geplättet, reckte sie ihre Ärmchen und
legte es auf ein Regal. Clémence fältelte ihr
fünfunddreißigstes Männerhemd mit dem
Eisen fertig. Die Arbeit nahm überhand; man
hatte ausgerechnet, daß man bis elf Uhr nachts
aufbleiben mußte, wenn man sich beeilte. Die
ganze Werkstatt schuftete jetzt tüchtig, da sie
keine Ablenkung mehr hatte, tappte die Eisen
fest auf. Die nackten Arme fuhren hin und her
und erhellten mit ihren rosigen Flecken das
Weiß der Wäsche. Man hatte die Maschine
nochmals mit Koks aufgefüllt, und da die
zwischen den Laken hindurchschlüpfende
Sonne prall auf den Ofen traf, sah man in dem
Sonnenstrahl die große Hitze aufsteigen, eine
unsichtbare Flamme, deren Schauder die Luft
erbeben ließ. Unter den an der Decke
trocknenden Röcken und Tischtüchern wurde
es so stickig, daß Augustine, diese Schielliese,
die mit ihrer Spucke am Ende war, einen
Zungenzipfel über den Rand der Lippen
gleiten ließ. Es roch nach überhitztem
Gußeisen, sauer gewordenem Stärkewasser,
brenzlig nach den Bügeleisen, nach einer lauen
Badewannenschalheit, in die die vier
Arbeiterinnen, die sich die Schultern
ausrenkten, den herberen Geruch ihrer
Haarknoten und ihrer triefenden Nacken
brachten, während der Strauß großer Lilien in
dem grün gewordenen Wasser seines
Einmacheglases verwelkte und dabei einen
sehr reinen, sehr starken Duft ausströmte. Und
zuweilen rollte mitten in das Geräusch der
Bügeleisen und des in der Maschine
herumkratzenden Feuerhakens Coupeaus
Schnarchen mit der Regelmäßigkeit des
Ticktack einer riesigen Uhr, das die schwere
Arbeit in der Werkstatt regulierte.
An den Tagen nach einem Rausch hatte der
Bauklempner einen Kater, einen schrecklichen
Kater, der ihn den ganzen Tag mit zerzauster
Mähne, verpestetem Maul und geschwollener
und schiefer Schnauze festhielt. Er stand spät
auf, kroch erst gegen acht Uhr aus der
Flohkiste; und er spuckte, lungerte im Laden
herum, konnte sich nicht entschließen, zur
Baustelle aufzubrechen. Der Tag war wieder
einmal verloren. Vormittags jammerte er, er
habe Haxen wie aus Watte, er nannte sich
einen zu großen Dummkopf, sich so das Maul
vollzusaufen, weil einem das ja die Knochen
aufweiche. Weiter treffe man einen Haufen
Rumtreiber, die einem nicht den Ellbogen
loslassen wollten; man kneipe gegen seinen
Willen herum, gerate in allerlei Schwulitäten
und lasse sich schließlich rankriegen, und zwar
gewaltig! Ah, verflixt, nein, das sollte ihm
nicht mehr passieren! Er habe nicht die
Absicht, in der Blüte seiner Jahre beim
Kneipier abzunippeln. Aber nach dem
Mittagessen warf er sich in Schale und stieß
mehrmals ein
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