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Der Todschlaeger

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Titel: Der Todschlaeger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charlo von der Birke
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sie ihm lächelnd die
    Wange hin. Aber der Bauklempner faßte ihr,
    ohne sich vor den anderen Zwang anzutun, an
    die Brüste.
    »Es ist nicht zu sagen«, murmelte er, »die
    stinkt ja toll, deine Wäsche! Aber ich liebe
    dich trotzdem, siehst du.«
    »Laß mich, du kitzelst mich«, rief sie, lauter
    lachend. »So ein großer Dummkopf! Man
    benimmt sich nicht so dumm!«
    Er hatte sie gepackt, er ließ sie nicht los. Sie
    gab sich hin, benommen von dem leichten
    Schwindelanfall, den sie von dem
    Wäschehaufen bekam, ohne Ekel vor
    Coupeaus nach Wein riechendem Atem. Und
    der schallende Kuß, den sie mitten im Dreck
    des Gewerbes voller Herzlichkeit tauschten,
    war gleichsam ein erstes Abstürzen im
    langsamen Erschlaffen ihres Lebens.
    Inzwischen band Frau Bijard die Wäsche zu
    Bündeln zusammen. Sie sprach von ihrer zwei
    Jahre alten Kleinen, einem Kind namens
    Eulalie, die schon soviel Vernunft habe wie
    eine Frau. Man könne sie allein lassen, sie
    weine niemals, sie spiele nicht mit
    Streichhölzern. Schließlich trug sie die
    Wäschebündel einzeln weg, wobei ihre hohe
    Gestalt unter der Last gebrochen wurde und
    ihr Gesicht sich marmorgleich mit violetten
    Flecken überzog.
    »Das ist ja nicht mehr auszuhalten, wir braten
    ja«, sagte Gervaise und wischte sich das
    Gesicht ab, bevor sie sich wieder an Frau
    Boches Haube machte.
    Und als man bemerkte, daß die Maschine
    rotglühend war, sprach man davon, Augustine
    ein paar Schellen zu verabreichen. Auch die
    Bügeleisen glühten. Sie hatte wohl den Teufel
    im Leib! Man konnte ihr nicht den Rücken
    kehren, ohne daß sie irgendeinen Streich
    anstellte. Jetzt mußte man eine Viertelstunde
    warten, um die Eisen benutzen zu können.
    Gervaise deckte das Feuer mit zwei Schaufeln
    Asche ab. Außerdem kam sie auf die Idee, ein
    paar Laken wie Stores über die Messingdrähte
    an der Decke zu hängen, um die Sonne
    abzuschwächen. Darauf fühlte man sich im
    Laden sehr wohl. Die Temperatur war hier
    noch ganz schön mild, aber man hätte meinen
    können, in einem Alkoven mit weißem
    Tageslicht eingeschlossen zu sein, wie zu
    Hause, fern von der Welt, obgleich man hinter
    den Laken die schnell auf dem Bürgersteig
    dahingehenden Leute hörte; und man durfte es
    sich bequem machen. Clémence zog ihre
    Unterjacke aus. Da sich Coupeau immer noch
    weigerte, schlafen zu gehen, erlaubte man ihm,
    zu bleiben, aber er mußte versprechen, sich in
    einer Ecke ruhig zu verhalten, denn jetzt kam
    es darauf an, mit der Arbeit voranzukommen.
    »Was hat denn dieses Luder wieder mit dem
    Haubeneisen angestellt?« murmelte Gervaise
    und meinte Augustine.
    Immerzu suchte man das kleine Bügeleisen,
    das man an merkwürdigen Stellen wiederfand,
    wo das Lehrmädchen es aus Bosheit
    versteckte, wie man sagte. Endlich machte
    Gervaise den Kopf von Frau Boches Haube
    fertig. Sie hatte die Spitzen flüchtig bearbeitet,
    indem sie sie mit der Hand lang zog und mit
    einem leichten Strich mit dem Bügeleisen
    wieder aufrichtete. Es war eine Haube, deren
    reich verzierte Passe aus schmalen Puffen
    bestand, die mit bestickten Einsätzen
    abwechselten. So befleißigte sie sich denn
    stumm und sorgsam, plättete die Puffen und
    die Einsätze mit dem Standeisen, einem
    eisernen Ei, das mit einem Stiel an einem
    Holzuntersatz befestigt war.
    Nun herrschte Schweigen. Eine Weile hörte
    man nur noch das dumpfe, gedämpfte
    Aufsetzen der Eisen auf die Decke. Zu beiden
    Seiten des geräumigen, viereckigen Tisches
    standen die Meisterin, die beiden
    Arbeiterinnen und das Lehrmädchen, und ganz
    bei ihrer Arbeit, beugten sie sich vor, die
    Schultern gewölbt, die Arme unaufhörlich hin
    und herbewegend. Jede hatte rechts neben sich
    ihren Untersetzer stehen, einen flachen
    Ziegelstein, der von den zu heißen Eisen
    verbrannt war. Mitten auf dem Tisch lagen auf
    dem Rand eines tiefen Tellers mit klarem
    Wasser ein Lappen und eine kleine Bürste im
    Nassen. In einem Einmacheglas, in dem früher
    Weinbrandkirschen gewesen waren, erblühte
    ein Strauß großer Lilien, brachte mit dem
    Busch seiner üppigen schneeigen Blüten ein
    Stückchen eines königlichen Gartens hierher.
    Frau Putois hatte den von Gervaise
    vorbereiteten Korb mit Wäsche in Angriff
    genommen, Servietten, Hosen, Unterjacken
    und Ärmel. Augustine trödelte mit ihren
    Strümpfen und Wischtüchern, streckte die
    Nase in die Luft und interessierte sich für eine
    dicke Fliege, die umherflog. Was die lange
    Clémence anbetraf, so war sie seit

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