Der Todschlaeger
sie ihm lächelnd die
Wange hin. Aber der Bauklempner faßte ihr,
ohne sich vor den anderen Zwang anzutun, an
die Brüste.
»Es ist nicht zu sagen«, murmelte er, »die
stinkt ja toll, deine Wäsche! Aber ich liebe
dich trotzdem, siehst du.«
»Laß mich, du kitzelst mich«, rief sie, lauter
lachend. »So ein großer Dummkopf! Man
benimmt sich nicht so dumm!«
Er hatte sie gepackt, er ließ sie nicht los. Sie
gab sich hin, benommen von dem leichten
Schwindelanfall, den sie von dem
Wäschehaufen bekam, ohne Ekel vor
Coupeaus nach Wein riechendem Atem. Und
der schallende Kuß, den sie mitten im Dreck
des Gewerbes voller Herzlichkeit tauschten,
war gleichsam ein erstes Abstürzen im
langsamen Erschlaffen ihres Lebens.
Inzwischen band Frau Bijard die Wäsche zu
Bündeln zusammen. Sie sprach von ihrer zwei
Jahre alten Kleinen, einem Kind namens
Eulalie, die schon soviel Vernunft habe wie
eine Frau. Man könne sie allein lassen, sie
weine niemals, sie spiele nicht mit
Streichhölzern. Schließlich trug sie die
Wäschebündel einzeln weg, wobei ihre hohe
Gestalt unter der Last gebrochen wurde und
ihr Gesicht sich marmorgleich mit violetten
Flecken überzog.
»Das ist ja nicht mehr auszuhalten, wir braten
ja«, sagte Gervaise und wischte sich das
Gesicht ab, bevor sie sich wieder an Frau
Boches Haube machte.
Und als man bemerkte, daß die Maschine
rotglühend war, sprach man davon, Augustine
ein paar Schellen zu verabreichen. Auch die
Bügeleisen glühten. Sie hatte wohl den Teufel
im Leib! Man konnte ihr nicht den Rücken
kehren, ohne daß sie irgendeinen Streich
anstellte. Jetzt mußte man eine Viertelstunde
warten, um die Eisen benutzen zu können.
Gervaise deckte das Feuer mit zwei Schaufeln
Asche ab. Außerdem kam sie auf die Idee, ein
paar Laken wie Stores über die Messingdrähte
an der Decke zu hängen, um die Sonne
abzuschwächen. Darauf fühlte man sich im
Laden sehr wohl. Die Temperatur war hier
noch ganz schön mild, aber man hätte meinen
können, in einem Alkoven mit weißem
Tageslicht eingeschlossen zu sein, wie zu
Hause, fern von der Welt, obgleich man hinter
den Laken die schnell auf dem Bürgersteig
dahingehenden Leute hörte; und man durfte es
sich bequem machen. Clémence zog ihre
Unterjacke aus. Da sich Coupeau immer noch
weigerte, schlafen zu gehen, erlaubte man ihm,
zu bleiben, aber er mußte versprechen, sich in
einer Ecke ruhig zu verhalten, denn jetzt kam
es darauf an, mit der Arbeit voranzukommen.
»Was hat denn dieses Luder wieder mit dem
Haubeneisen angestellt?« murmelte Gervaise
und meinte Augustine.
Immerzu suchte man das kleine Bügeleisen,
das man an merkwürdigen Stellen wiederfand,
wo das Lehrmädchen es aus Bosheit
versteckte, wie man sagte. Endlich machte
Gervaise den Kopf von Frau Boches Haube
fertig. Sie hatte die Spitzen flüchtig bearbeitet,
indem sie sie mit der Hand lang zog und mit
einem leichten Strich mit dem Bügeleisen
wieder aufrichtete. Es war eine Haube, deren
reich verzierte Passe aus schmalen Puffen
bestand, die mit bestickten Einsätzen
abwechselten. So befleißigte sie sich denn
stumm und sorgsam, plättete die Puffen und
die Einsätze mit dem Standeisen, einem
eisernen Ei, das mit einem Stiel an einem
Holzuntersatz befestigt war.
Nun herrschte Schweigen. Eine Weile hörte
man nur noch das dumpfe, gedämpfte
Aufsetzen der Eisen auf die Decke. Zu beiden
Seiten des geräumigen, viereckigen Tisches
standen die Meisterin, die beiden
Arbeiterinnen und das Lehrmädchen, und ganz
bei ihrer Arbeit, beugten sie sich vor, die
Schultern gewölbt, die Arme unaufhörlich hin
und herbewegend. Jede hatte rechts neben sich
ihren Untersetzer stehen, einen flachen
Ziegelstein, der von den zu heißen Eisen
verbrannt war. Mitten auf dem Tisch lagen auf
dem Rand eines tiefen Tellers mit klarem
Wasser ein Lappen und eine kleine Bürste im
Nassen. In einem Einmacheglas, in dem früher
Weinbrandkirschen gewesen waren, erblühte
ein Strauß großer Lilien, brachte mit dem
Busch seiner üppigen schneeigen Blüten ein
Stückchen eines königlichen Gartens hierher.
Frau Putois hatte den von Gervaise
vorbereiteten Korb mit Wäsche in Angriff
genommen, Servietten, Hosen, Unterjacken
und Ärmel. Augustine trödelte mit ihren
Strümpfen und Wischtüchern, streckte die
Nase in die Luft und interessierte sich für eine
dicke Fliege, die umherflog. Was die lange
Clémence anbetraf, so war sie seit
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