Der tolle Nick
bemüht, den Schein zu wahren«, kam die Antwort Doña Beatrices. »Aber zeige mir den Mann, der bei dieser Prachtentfaltung nicht verarmt.«
Dominica wurde heftig. »Für mich ist Spanien ein hassenswertes Land, und seine Bewohner sind alle käuflich!«
»Sehr käuflich«, gab Doña Beatrice zu. »Wir leben in einer Zeit der lockeren Sitten. In meiner Jugend war eine spanische Dame ein Muster der Schicklichkeit. Heute ist das alles anders, aber wesentlich amüsanter. Ich glaube, wir werden im Lauf der Zeit Gegenstand der Verachtung werden.«
»Ich bin überrascht, Señora, daß Ihr Euch das gefallen laßt.«
»Zum Gegenstand der Verachtung zu werden? Was macht es schon aus? Und was unsere Korruptheit betrifft: Was kannst du in einem Land erwarten, dessen König seine Granden von den Staatsgeschäften fernhält und sie ermutigt, ihre Kräfte anderweitig zu vergeuden?« Sie zuckte die Achseln. »Ich mache meine Beobachtungen und begnüge mich mit einem Lächeln.«
»Allem Anschein nach! Was Euren verachtenswerten Plan betrifft, mich mit meinem Vetter zu verheiraten, werdet Ihr Euch allerdings auch mit einem Lächeln begnügen müssen! Ich werde ihn nicht zum Mann nehmen! Niemals! Ihr werdet sehen, Señora, daß mein Entschluß feststeht!«
»Daran zweifle ich nicht, meine Liebe. Du bist ein sehr charmantes Mädchen und hast Verstand – ein wenig zumindest. Aber wenn du deinen Verstand an meinem zu messen versuchst, wirst du leider den kürzeren ziehen.«
»Ihr gebt aber zu, daß ich mit meinem Verstand diesmal gesiegt habe –«
Ihre Tante erhob sich. »Ich werde dich stets respektieren mein Kind. Ein einfaches Samtkleid und Perlen. Ich werde mich darum kümmern.«
Dominica gab schließlich nach. Nicht nur aus Pflichtschuldigkeit. Die Haltung ihrer Tante ließ sie zögern. Die stille, ewig lächelnde Frau ängstigte sie: Sie duldete keinen Widerspruch. Dominica vermutete, daß sie deshalb in der Öffentlichkeit zu erscheinen hatte, weil sich ein Gerücht im Umlauf befand, die Carvalhos würden sie gegen ihren Willen von der Welt fernhalten. Und dieses Gerücht mußte entkräftet werden. Sie hatte einen Onkel mütterlicherseits, einen gewissen Miguel de Tobar, der zwei Söhne im passenden Alter hatte und der sie vielleicht für einen der Söhne bereits als Braut in Betracht gezogen hatte. Die Bewerber erschienen ihr alle gleich verachtenswert, aber es konnte vielleicht nützlich sein, Tobar gegen die Carvalhos auszuspielen, überlegte Dominica. Sie begann ernsthaft darüber nachzudenken. Doña Beatrice jagte ihr Angst ein, aber sie war fest entschlossen, sie dennoch zu bekämpfen und sich auch daran zu erfreuen. Sie legte einen Finger an die Lippen, nagte an ihrer Fingerspitze und dachte mit gerunzelter Stirn über ihr Schicksal nach. Taktische Überlegungen machten es erforderlich, daß sie ihrer Zurückgezogenheit ein Ende bereitete. Sie mußte in die Welt hinausgehen und sich einen Retter suchen. Tobar könnte dazu dienen, die Carvalhos zu beruhigen; sie hatte nicht die geringste Absicht, die weitere Entwicklung über dieses Ziel hinausgehen zu lassen. Sie hatte Briefe von ihm erhalten, die sehr vorsichtig formuliert waren, aber aus denen doch hervorging, daß sie sich jederzeit an ihn wenden könne und er zu einer Antwort bereit sei.
Was sollte also das Trübsalblasen? Sie stand rasch auf und warf den Kopf zurück, als wolle sie sich von den Fesseln befreien, die sie festhielten. Sie würde auf den Ball gehen, tanzen würde sie allerdings nicht. Sie würde sich so kleiden, wie man es von ihr verlangte, und als Märtyrerin, die unter der Herrschaft von Tyrannen lebt, auftreten.
Aber Samt und Liebesknoten, mit Perlen bestickte Spitzen und ein modischer Schnitt vermochten es, das Interesse der jungen Dame zu wecken, und so gab sie die Rolle der Märtyrerin auf, als die Schneiderinnen ihr Werk begannen, und zeigte sich sehr selbstbewußt. So sollte der Ausschnitt sein, dies war die Seide für den Rock, und die Halskrause sollte mit Juwelen bestickt werden. Sie plagte die Schneiderinnen und hielt ihre Zofe – es war nicht mehr Maria (die hatte sie verlassen und einen jungen, ehrgeizigen Diener geheiratet), sondern eine ältere Frau mit saurem Gesicht und von wenigen Worten – damit in Atem, ein Stückchen Bändchensspitze zu suchen, das verlegt worden war.
Als der große Tag nahte, war sie innerlich sehr froh, auf diesen Ball gehen zu können. Ein junges Mädchen kann nicht immer weinen, und, um ehrlich
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