Der Tomorrow-Code - Thriller
Bis sie das Boot sicher vertäut hatten, sodass es von der gerade einsetzenden Ebbe nicht hinausgezogen werden konnte, war von der Sonne nur noch ein schmaler Erinnerungsstreifen am Horizont zu sehen.
Sie tobten eine Weile herum, machten Kopfsprünge vom Boot, tauchten und benahmen sich überhaupt wie eine Bande von Verrückten.
Als Himmel und Wasser dunkel wurden, stiegen sie wieder an Bord.
Sie verschlossen die Luken, setzten die Boje aus und ließen das Boot mit leichtem Gurgeln und Blubbern auf den Meeresgrund sinken, wo es sanft im Sand zwischen einer kleinen Felszunge und ein paar einzelnen Felsbrocken aufsetzte.
Und dort, in der Stille der kleinen Insel, verbrachten sie die Nacht, begleitet von der leisen Serenade der Wellen und dem Summen des Luftschlauchs, der von der Boje herabführte.
Vielleicht lag es an der seltsamen, fremden Umgebung. Auf der Koje in einer Sardinenbüchse auf dem Grunde des Meeres zu liegen. Vielleicht war es auch Nervosität wegen ihrer Mission – schließlich plante man nicht alle Tage einen Einbruch in ein Forschungslabor. Oder vielleicht war es dasKnarren und Knacken, das gelegentlich vom Rumpf der
Möbius
zu hören war. Was auch immer der Grund sein mochte, Tane fand jedenfalls keinen Schlaf, sondern starrte die ganze Nacht lang zu dem mit Streben verstärkten Boden der Koje über ihm hinauf.
BORSTENMOPP
Samstag, 12. Dezember
Rebecca lud das nächste Muster von Swift-Daten herunter, während Tane das Boot steuerte. Ein paar Schiffe und Jachten waren in Sichtweite herumgekreuzt, und das wunderbare Wetter vom Vortag hatte heftigen Regenböen weichen müssen. Vorsichtshalber waren sie abgetaucht und setzten den Trip in den relativ stillen Tiefen des Ozeans fort.
Während ihnen die ersten Fahrten mit Wee Doddie wie ein großer Spaß, ein Abenteuer vorgekommen waren, wurden sie nun, als es ernst wurde, ein unbehagliches Gefühl nicht mehr los.
Der Rumpf der
Möbius
knackte und knarrte sehr häufig. Bei den ersten Tauchversuchen war es Tane nicht aufgefallen – damals war er zu aufgeregt, zu beschäftigt gewesen. Aber als er nun das Boot selbst steuerte, Stunde um Stunde, kam ihm das Knarren und Knacken der unter starkem Druck stehenden Bootsschale immer stärker und bedrohlicher vor.
Er bemerkte auch, dass Rebecca immer wieder besorgt zur Decke blickte, aber nichts sagte. Fong hatte ihnen versichert, dass die Geräusche zum Leben in einem U-Boot gehörten und völlig normal seien, da sich die Schale ständigden Veränderungen der Temperatur und des Wasserdrucks anpassen müsse.
Dennoch war es beunruhigend zu wissen, was passieren würde, wenn die Schale nicht stabil genug wäre: Der Wasserdruck würde sie im Bruchteil einer Sekunde so flach quetschen wie eine Dampfwalze eine Fliege.
Hier unten im Ozean entdeckte er eine ganz andere Welt. Es war, als seien sie auf einem fremden Planeten gelandet. Selbst das Licht verhielt sich anders, stellte Tane fest. Die Farben erschienen gedämpfter, und wenn sich eine Wolke vor die Sonne schob, wurde es auch hier unten dunkler, sodass ihm instinktiv ein leichter Kälteschauer über den Rücken lief, obwohl ihm natürlich klar war, dass sich die Innentemperatur nicht verändert hatte.
»Noch mal dasselbe«, sagte Rebecca, während sie auf die Zeichenfolge auf dem Monitor schaute. »Nur noch mal dasselbe.«
Seit der Mitteilung mit dem »Wasser wirkt« und dem seltsamen »Borstenmopp«, die sie immer noch nicht entziffert hatten, waren nur noch Zahlen angekommen. Immer nur Zahlenreihen, getrennt durch Kommata und gelegentlich einen Punkt, dann wieder eine Zahlenreihe. Das waren definitiv keine Lottozahlen, denn sie passten nicht zu diesem Muster; die Zahlen mussten also etwas anderes bedeuten. Etwas, was mit vielen Zahlen zu tun hatte!
Jeden Tag fing der Satellit offenbar noch mehr Mitteilungen auf und transferierte sie auf die Swift-Website. Sowohl Tanes Computer als auch Rebeccas brandneuer Laptop liefen Tag und Nacht mit Rebeccas Programm und arbeiteten den Rückstand der Datenaufzeichnungen auf, die seit ihrem Besuch in der Universität bei Professor Barnes ständig eingegangen waren.
Rebecca hatte inzwischen jede Kombination und Rechnungsart angewandt, die sie kannte, um herauszufinden,was die Zahlenreihen bedeuteten, aber die Lösung entzog sich ihr. Inzwischen war sie davon überzeugt, dass die Lösung nichts mit Logik zu tun hatte. Vielleicht musste man lateral denken. Und dafür benötigte sie Tanes kreative
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