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Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt

Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt

Titel: Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Stromiedel
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so viel Leid bringen?
    Ashakida knurrte leise neben ihm. Sie spürte, was er fühlte, und schüttelte den Kopf. »Du trägst keine Schuld«, sagte sie behutsam.
    »Aber trotzdem passiert es.«
    »Du kannst es nicht verhindern.«
    Simon schwieg nachdenklich.
    Flieh, hatte sein Großvater in den Wagen geritzt. Diese Nachricht war an ihn gerichtet gewesen. Es ging um ihn, nicht um die Menschen da unten. Die Soldaten waren hinter ihm her, nicht hinter denen, die dort fortgebracht wurden.
    Nachdenklich strich Simon mit den Fingern über den Ring, den er von seinem Vater bekommen hatte. Der Stein glänzte stumpf in seiner schlichten Fassung. Er bräuchte nur ein Weltentor finden, wusste Simon, dann könnte er gemeinsam mit Ashakida hier verschwinden. Es wäre so leicht, allem zu entfliehen.
    Die Leopardin hob den Kopf. Simon spürte, dass sie seine Gefühle las, und er ließ es zu.
    Ashakida nickte. »Dein Großvater hat recht. Du musst fort von hier.«
    »Und dann? Was geschieht, wenn ich weglaufe? Was passiert mit den Menschen, die hier zurückbleiben? Und was passiert mit der nächsten Welt, in die ich fliehe? Zerstört Drhan sie auch?«
    Die Leopardin schwieg bedrückt.
    Simon wartete ihre Antwort nicht ab, denn er hatte sich entschieden: Er würde nicht weglaufen.
    Auffordernd sah er Ira an. »Komm.«

[zurück]
19
    Simon und Ira brauchten Stunden, ehe sie den Hafen erreichten. Sie gingen alleine, Ashakida war mit den anderen im Krähennest zurückgeblieben. Das Dorf war voller Soldaten, immer wieder kamen Truppentransporter und brachten uniformierte Männer, die von den Ladeflächen kletterten und sich in den Gassen verteilten. Ira gelang es, abseits der großen Straßen durch den Ort zu schleichen, bis sie unbemerkt bis dicht vor die Markthalle gekommen waren. Nur noch die Hauptstraße trennte sie vom Hafengelände, doch sie wagten es nicht, sie zu überqueren. Erst als die Sonne untergegangen war und die Hitze des Tages sich aus dem Dorf zurückzog, beschlossen sie, das sichere Labyrinth der Ruinen zu verlassen.
    Die Soldaten hatten überall Feuer entzündet, an jeder Straßenkreuzung flackerten die Flammen. Aufmerksam bewachten die Männer die Umgebung. Auch in der Hauptstraße patrouillierten Drhans Kämpfer, gerade gingen zwei Uniformierte mit langsamen Schritten an der Wand vorbei, hinter der sich Simon und Ira versteckten.
    Simon überlegte noch, wie sie unbemerkt die Straße überqueren könnten, als Ira ihre Zwille aus der Tasche zog und einen Steinbrocken lud. Sie schoss ihn, so weit sie konnte, in die Dunkelheit. Simon hielt den Atem an. Der Stein flog über die Soldaten hinweg und prallte klickernd gegen eine Wand. Die Männer fuhren herum und starrten in die Nacht. Im gleichen Augenblick huschten Simon und Ira hinter ihnen auf die andere Straßenseite. Sie blieben unbemerkt.
    Wenig später hatten sie das Hafengelände erreicht. Der Wind roch nach Salz und Rauch, und in das Rufen der Soldaten mischte sich das Geräusch der Wellen, die gegen die Kaimauer schlugen. Die Boote der Fischer lagen zertrümmert am Ufer, die Soldaten hatten sie zerhackt, sie brauchten das Holz. Ein Feuer brannte auf dem Platz vor der Markthalle.
    Simon und Ira schlichen im Schatten der Ruinen näher. Ira hatte vermutet, dass die Dorfbewohner hier festgehalten wurden, und jetzt, aus der Deckung eines verfallenen Hauses heraus, sahen sie, dass die Vermutung richtig gewesen war: Die Soldaten hatten die Menschen in die Markthalle getrieben, der Eingang war mit Stacheldraht verschlossen. Eingeschüchtert hockten die Bewohner des Dorfes auf dem Boden zwischen den Trümmern und warteten. Ira schluckte. Vergeblich bemühte sie sich, ihre Großmutter in der Menge zu entdecken, es war zu dunkel, um die Gesichter der Gefangenen zu erkennen.
    Ein Geländewagen näherte sich, die Männer, die den Eingang der Halle bewachten und die am Feuer gesessen hatten, sprangen auf. Der Wagen stoppte am Rand des Feuerscheins, der Fahrer stieg aus, eilte um den Wagen herum und riss die Beifahrertür auf. Die Soldaten nahmen Haltung an. Ein Mann verließ den Wagen, offenbar war er der Kommandant der Truppe. Er war groß und sah bedrohlich aus. Die Uniform, die er trug, saß perfekt und betonte seine breiten Schultern. An seiner Brust hingen einige Orden, die Schulterklappen zierten golddurchwirkte Kordeln.
    Die Soldaten hatten sich in einer Reihe aufgestellt, sie standen stramm, den Rücken durchgedrückt, die Hände an den Seiten. Niemand wagte es, den

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