Der Torwächter Bd. 2 - Die verlorene Stadt
war vergeblich. Mit einem Schrei fiel er in die Öffnung, die sich unter ihm aufgetan hatte.
Ashakida reagierte sofort. So schnell sie konnte, hetzte sie an den Rand des Loches und versuchte, nach Simons Arm zu schnappen. Doch sie erfasste nur den Ärmel seines Pullovers. Der Stoff zerfetzte unter ihren Zähnen.
Simon erlebte den Sturz wie in Zeitlupe. Erst brach sein linker Fuß ein, dann sackte sein rechter Fuß ab. Eine der Holzbohlen, auf denen er gestanden hatte, knickte zur Seite, eine weitere Bohle brach, und der Sand, der auf ihr gelegen hatte, stürzte wie ein Wasserfall in die Tiefe. Weitere Bretter splitterten, Staub wirbelte auf, er sackte tiefer und tiefer. Simon sah Iras und Ashakidas erschrockene Gesichter, er sah die Leopardin heranhetzen und hoffte, sie würde ihn nicht erreichen, denn er wusste, er würde sie mit sich in die Tiefe ziehen. Dann fiel er in die Dunkelheit hinab und es wurde schwarz vor seinen Augen.
Als er wieder zu sich kam, sah er direkt in Ashakidas leuchtende Augen. Die Leopardin beugte sich über ihn und betrachtete ihn besorgt. Als sie sah, dass er aufwachte, seufzte sie erleichtert.
Sie stupste ihn mit der Schnauze an. »Erkennst du mich noch?« Es sollte ein Scherz sein, doch als Simon nicht sofort reagierte, wurde sie sofort wieder unruhig: Hatte er etwa bei seinem Sturz das Gedächtnis verloren?
Simon lächelte. »Klar erkenne ich dich. Du bist mein Großvater und ich bin Ira.«
»Das wüsste ich aber!« Grinsend kam Ira die Stufen zu ihnen herab. Sie legte ihre Tasche ab, dann hockte sie sich neben ihn und musterte ihn aufmerksam. Jetzt, dachte Simon, hatte sie den gleichen Gesichtsausdruck wie ihre Oma, als sie die verletzte Ashakida versorgt hatte.
Behutsam tastete sie ihn ab. »Tut dir das weh?«
Simon schüttelte den Kopf. Vorsichtig bewegte er Arme und Beine. Er schien sich nichts gebrochen zu haben. Nur seine Hüfte und seine rechte Schulter schmerzten, und als Ira seinen Kapuzenpullover zur Seite schob, entdeckte sie eine dicke Prellung. »Ich seh mir das mal an.«
Es war Simon ein wenig unangenehm, dass Ira seinen Pullover hochschob und ihn kritisch betrachtete. Am liebsten hätte er sich geweigert, seine Hose aufzuknöpfen und an der Seite etwas herunterzuziehen. Doch Ira wirkte sehr fachmännisch und untersuchte geschickt seine geprellte Hüfte, sodass er sich bei ihr in guten Händen fühlte. Das peinliche Gefühl verflog schnell.
Auf den Ellenbogen gestützt, sah Simon sich um. Er lag auf dem ersten Absatz einer Treppe, die schnurgerade hinab in die Tiefe führte. Direkt über sich sah er das Loch, durch das er gestürzt war. Oberhalb der Stufen entdeckte er eine zweite Öffnung in der Bretterschicht, mit der der Treppenschacht abgedeckt war. Offenbar hatten Ira und Ashakida einen Einstieg in die morsch gewordene Abdeckung gebrochen, um zu ihm hinabzusteigen.
»Du wirst es überleben!« Ira gab ihm einen Klaps, dann richtete sie sich auf und half ihm hoch. Er hatte Glück gehabt. So wie es aussah, hatte der Rucksack seinen Aufprall abgefedert und das Schlimmste verhindert.
Simon zog seine Kleidung zurecht und fuhr sich mit der Hand durch sein Haar. Dann sah er schnell sein Gepäck durch. Es war nichts zerbrochen, seine Vorräte hatten den Sturz mit einigen Blessuren überstanden. Auch der seltsame Handschuh aus dem Paket, das ihm Iras Großmutter gegeben hatte, war unversehrt.
»Wo sind wir hier?« Ira hatte ihre Taschenlampe hervorgeholt und die Kurbel betätigt. Jetzt schob sie die Sicherheitsleine über ihr Handgelenk und leuchtete die Treppe hinab zum nächsten Treppenabsatz.
»Das muss der Zugang zur U-Bahn sein.« Simon versuchte sich zu erinnern, wie die Treppe in seiner Welt ausgesehen hatte. Dort führte eine von Absätzen unterbrochene Reihe von Stufen schnurgerade in die Tiefe. »Lasst uns nachsehen.«
Gemeinsam stiegen sie die Treppe hinab. Eine Weile noch leuchtete ihnen das Sonnenlicht, das durch die beiden Öffnungen in der Bretterabdeckung fiel. Doch bald reichten die Strahlen nicht mehr aus, den Schacht zu erhellen, und sie mussten mit dem Licht aus Iras Taschenlampe auskommen.
Je tiefer sie kamen, desto feuchter wurde die Umgebung. Die Wände glänzten und ein grüner Film bedeckte die Wände. Ira berührte die Schicht vorsichtig: Sie war glitschig und mit Wasser vollgesogen.
»Das sind Algen.« Auch Simon hatte die Schicht mit den Fingern angetippt. Der grüne Glibber sah genauso aus wie das Zeug auf der Glasscheibe seines
Weitere Kostenlose Bücher