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Der Tote am Hindenburgdamm: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Der Tote am Hindenburgdamm: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Titel: Der Tote am Hindenburgdamm: Ein Sylt-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
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entlang laufen. Womöglich sahen die ohnehin angriffslustigen Seeschwalben dann noch einen weiteren Grund, ihn zu attackieren. Wer wusste schon, welcher politischen Fraktion die angehörten?
    Das Wasser lief ab. Einzelne graue Austernschalen und Miesmuscheln knirschten unter Asmus’ Holzpantinen, weiter draußen im Watt stakten die Austernfischer an der Wasserkante entlang, und der Wind fächelte sanft in seinen Haaren.
    Asmus setzte sich auf die Uferkante neben einen Priel, um seine Hosenbeine hochzukrempeln. Auf dem Rückweg würde er Queller pflücken, der in der Bucht bis Keitum wuchs, wiewohl es sich sonst meist um Sandboden handelte. Den würde er als Salat zu den Miesmuscheln essen, die er sich nach seiner Rückkehr mit Bahnsens Jolle von der Muschelbank holen würde. Er musste nur aufpassen, rechtzeitig zurück zu sein, damit die Bank noch zugänglich war.
    So plötzlich wie ein Regenschauer bei Sonnenschein niedergeht, spürte Asmus, dass der leichte Wind in seinen Nackenhaaren von einem unangenehmen Stechen abgelöst wurde. Keinem echten, natürlich nicht, es war Einbildung. Für ihn als Kriminaloberinspektor war es jedoch stets ein Alarmsignal gewesen: Jemand beobachtete ihn.
    Wie von ungefähr drehte er sich ein wenig, stellte seine Schuhe auf dem Gras neben sich ab und ließ seinen Blick unauffällig durch das Tal zwischen Munkmarsch und Keitum, dem Klentertal, wandern. In der Nähe des höher gelegenen Karrenweges weideten schwarz-weiße Rinder, unterhalb von ihnen glänzten Wasserlöcher, und in seiner Nähe verstellten ihm Gräser, Strandwegerich, graue Wermutblätter und Strandastern die freie Sicht.
    Er sah niemanden. Wahrscheinlich lag der Kerl in einemausgetrockneten Priel, der gerade tief genug war, um einen Mann zu verbergen.
    Aber der heimliche Beobachter verstärkte natürlich den Verdacht, dass vor allem er, Asmus, der Störenfried auf der Insel war. Er staunte, wie schnell es ihm gelungen war, sich Feinde zu machen.
    Eine Viertelstunde später stand er in Oses Haustür. Er wunderte sich, die Erleichterung in ihrem Gesicht zu sehen, obwohl er sich nur um wenige Stunden verspätet hatte.
    »Nichts passiert«, sagte Asmus schnell, um sie zu beruhigen. »Ich muss mir gestern an einem scharfkantigen Stein einen Reifen zerschnitten haben. Der ist repariert und trocknet inzwischen. Morgen sind wir wieder fahrbereit, das Motorrad und ich.«
    »So, so«, merkte Ose mit gerunzelter Stirn an.
    »Ja, bestimmt. Ich wollte dir Bescheid sagen, damit du dich nicht wunderst.«
    »Das hast du jetzt erreicht.«
    »Ich muss zurück, um mein Abendessen zu beschaffen«, erklärte Asmus unbehaglich. Ihm war selbst nicht klar, warum er sich so befangen fühlte.
    »Ich habe eine andere Idee«, flocht Ose ein, bevor er sich richtig erklären konnte. »Die Muscheln bekommst du von uns, mein Bruder hat gestern zwei Eimer geholt. Für dich wäre es vielleicht wichtiger, einmal bei einer Parteiversammlung dabei zu sein, bei der es im Hinblick auf Bauvorhaben um die nächste Wahl geht. Heute findet eine statt, die öffentlich ist. Die meisten Mitglieder oder Interessenten sind Kaufleute und mit der Großindustrie verbandelte …«
    »Rechtfertigung für den Dammbau?«, riet Asmus.
    »Ja, genau!« Ose grinste. »Ich glaube, denen fehlt bisher jemand wie du.«
    »Und du?«
    »Nein, ich kann nicht mitkommen! Die Saalordner würden mich gar nicht hineinlassen.«
    »Saalordner?«
    »Gibt es hier längst. Nicht selten hagelt es durch AndersdenkendeVorwürfe oder matschige Kartoffeln, und deshalb wird am Eingang gesiebt.«
    »Meine Güte! Aber du hast schon recht, interessieren würde es mich.«
    »Das dachte ich mir. Ich bringe dich hin.«
    Die Versammlung der DNVP, der Deutsch-Nationalen Volkspartei, fand in der Gaststätte Zum Halligfliederspitzmausrüsselkäfer statt, deren Name einer Marotte des ersten Besitzers entstammte. Üblicherweise wurde dieser Zum Rüsselkäfer abgekürzt, wie Ose Asmus erklärte. Es handelte sich um ein kleines Klinkergebäude am Ostrand von Westerland, in Sichtweite der Dünen vor Munkmarsch.
    Die Teilnehmer strömten bereits ins Haus, lauter gediegen aussehende Männer mit Hüten, die sie noch auf der Treppe absetzten.
    »Ich verschwinde jetzt«, raunte Ose Asmus zu. »Wenn sie mich erkennen, wissen sie gleich, wes Geistes Kind du bist, und niemand wird mit dir reden wollen.«
    »Mm«, murmelte Asmus abgelenkt. Ein Mann, der eine rote Armbinde mit Hakenkreuz am Oberarm trug, hatte sein Interesse

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