Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Tote am Hindenburgdamm: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Der Tote am Hindenburgdamm: Ein Sylt-Krimi (German Edition)

Titel: Der Tote am Hindenburgdamm: Ein Sylt-Krimi (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kari Köster-Lösche
Vom Netzwerk:
suchen hat. Und wenn er dann so ungeschickt hinfällt … Wer kann denn dafür was?«
    »Nun, Fräulein Böhrnsen, die Tatsachen stellen sich etwas anders dar, als Sie vermuten. Der Richter wird die Wahrheit ermitteln.«
    »Ja. Umso besser.« Mausi ließ ihre Zähne sehen, die Asmus spitzer und wehrhafter wahrnahm, als sie in Wirklichkeit sein konnten.
    Jedenfalls erinnerte sie ihn plötzlich an eine in die Enge getriebene bissige Ratte.
    »Mit Ihrer Ankunft hat sich hier wohl allerlei geändert, dabei sind Sie doch nur allerniedrigster Rang«, versetzte Mausi gehässig. »In Husum werden sie besser wissen, was Sylt meinem Papa zu verdanken hat.«
    Asmus verzog keine Miene. »Darf ich Sie hinausbegleiten?«
    »Ich ziehe Lorns als Begleiter vor«, blaffte Fräulein Böhrnsen und schritt hocherhobenen Hauptes in den Flurhinaus, in den ihr Matthiesen nach einem erschrockenen Blick auf Asmus folgte.
    Asmus zog hinter ihnen die Tür zu. Im Flur war kein Mensch zu sehen. Nicht einmal der Wachraum war besetzt.
    Während Asmus auch für das Gespräch mit Mausi Böhrnsen ein Gedächtnisprotokoll anlegte, war er sich sehr wohl klar darüber, dass er sich endgültig Feinde innerhalb der Belegschaft geschaffen hatte. In erster Linie Sinkwitz, aber dem folgte Oberwachtmeister Jung wie das Schwänzchen dem Lamm.
    Sinkwitz hätte den Todesfall Schröders als Unfall durchgehen lassen, um nicht in die Situation zu geraten, dessen privaten Besuch in der Wache erklären zu müssen. Jetzt war ihm das unmöglich gemacht worden. Darüber hinaus hatte er dienstlich den Anschein eines guten Einvernehmens zwischen Polizei und Kaufmannschaft aufrecht halten wollen – auch das hatte Asmus durch seine Aufklärung zunichte gemacht.
    Asmus stieß einen tiefen Seufzer aus und legte den Füllfederhalter beiseite. Er beabsichtigte nicht, die allgemeinen Rechtsnormen der Länder des deutschen Reichs dem inselspezifischen Reglement zu opfern. Aber er sah voraus, dass es schwierig werden würde. Inzwischen hatte er eine überraschende Erkenntnis gewonnen: Sylt war eine weitgehend autarke Gemeinschaft. Und je mehr die maßgebenden Mitglieder einer abgeschiedenen Gemeinschaft miteinander verflochten waren, desto größer wurde die Gefahr eines selbstgestrickten Rechtssystems.
    Am späten Nachmittag schon wurde Asmus die Richtigkeit seiner Überlegungen bestätigt. Vor der Polizeiwache wurden Stimmen laut, die sich schließlich zu einem Chor zusammenfanden. Es hörte sich wie ein beginnender Aufruhr an.
    »Ich gehe mal nachsehen«, erbot sich Matthiesen freiwillig, was von allen Anwesenden dankbar angenommen wurde.
    Der Lärm vor dem Haus schwoll an. »Boy Fuhrmann!Boy Fuhrmann!«, wurde skandiert, aber Asmus widerstand der Anwandlung, hinauszugehen und nachzusehen, wer da protestierte.
    Lorns kam zurück und legte sich mit ganzem Oberkörper auf den Tresen, hinter dem Asmus saß. »Das sind wütende Kaufleute in Sonntagskleidung. Sie wollen, dass wir Böhrnsen herausgeben. Und man kann es kaum glauben: Sie haben die Schulkinder von Keitum bei sich, die stehen in vorderster Reihe, schwenken Fähnchen und brüllen aus vollen Kehlen mit.«
    »So etwas habe ich befürchtet!« Sinkwitz war, ohne dass sie es bemerkt hatten, gekommen. »Genau das!«
    »Herr Oberwachtmeister, wir verzichten doch nicht auf eine Festnahme, weil die Kaufleute dagegen sind!«
    »Zuweilen gibt es klügere Wege«, antwortete Sinkwitz spitz.
    »Übrigens …«, Asmus wandte sich an Lorns, »was für Fähnchen schwenken denn die Keitumer Kinder?«
    Matthiesen runzelte die Stirn. »Sie sind hauptsächlich rot, aber sehr kurz. Irgendwie verstümmelt …«
    »Halbierte Fähnchen mit halbem Hakenkreuz, wetten?«
    »Ja, da hast du recht«, stimmte Lorns erschrocken zu. »Genau so.«
    »Die sind nicht einmal verboten, aber man weiß, was gemeint ist.« Asmus schüttelte missmutig den Kopf. Mausi Böhrnsen war die Tochter ihres Vaters. Er zweifelte nicht daran, dass dies alles ihrem Kopf entsprungen war.
    »Und jetzt?«, erkundigte sich Lorns und sah von Asmus zu Sinkwitz.
    »Wir werden sie beruhigen und nach Hause schicken«, erklärte Asmus.
    »Das machen Sie, Asmus! Es ist Ihre Angelegenheit«, kläffte Sinkwitz und stiefelte in sein Büro zurück.
    »Ja, völlig richtig.« Asmus hätte sich diese Verantwortlichkeit nicht aus der Hand nehmen lassen mögen. Nichtsdestotrotz war es von einem Vorgesetzten natürlich unverantwortlich, sich für nicht zuständig zu erklären, ganz gleich, was

Weitere Kostenlose Bücher