Der Tote am Hindenburgdamm: Ein Sylt-Krimi (German Edition)
viel Unruhe wegen dieses Toten verbreitet, dass Bauer von der DNVP heute Nachmittag auf die Insel kommt und Sie sprechen will«, giftete Sinkwitz am nächsten Morgen.
»Davon weiß ich nichts, Herr Hauptwachtmeister.«
»Sie machen sich nie die Folgen Ihrer Handlungsweisen klar!« Sinkwitz stiefelte davon, aufgebläht von seiner eigenen Wichtigkeit.
Asmus zuckte die Schultern. Was immer er machte, Sinkwitz fand einen Grund zum Nörgeln. Anhaltende Erfolglosigkeit wäre vermutlich das einzige Mittel gewesen, dem zu entgehen. Aber das brachte er nicht fertig. Er stand im Dienst der Öffentlichkeit, Seilschaften wie auf einem Kriegsschiff lehnte er ab.
Matthiesen kam. »Niklas, wenn nichts Dringendes anliegt, würde ich gerne einen alten Mann aufsuchen, einen Schuster, der schon lange nicht mehr arbeitet, aber immer noch in seinem Beruf aufgeht. Er kam vor vielen Jahren aus Hamburg. Ich weiß von ihm, dass er täglich im Kurhaus ist, um dort die Modejournale zu studieren. Er gilt als etwas seltsam, das gebe ich zu … Ich traue dem Urteil von Jürgensen nicht.«
»Lorns, ich habe dir nichts zu erlauben«, sagte Asmus. »Frag Sinkwitz.«
»Merkst du denn gar nicht, dass wir uns mehr und mehr nach dem richten, was du anordnest?«
Das war das Problem, das Asmus zu schaffen machte. »Eines Tages fliegen wir alle«, knurrte er.
Matthiesen grinste besserwisserisch und verschwand in den Hof.
Zwei Stunden später kam Matthiesen zurück. Da niemand anders in der Wache war, wedelte er triumphierend mit dem Schuh.
»Jochen Bubendey konnte tatsächlich allerhand aus einem einzigen Schuh herauslesen«, berichtete er. »Mehr als Jürgensen. Jedenfalls ist der Schuh teurer, als Jürgensen annahm, der wahrscheinlich nur die nachgemachten Produkte kennt.«
Asmus lächelte zurückhaltend. Sowohl Matthiesen als auch Ose bewiesen guten Instinkt.
»Nur die beste Gesellschaft leistet sich solche Schuhe. Und trägt sie auch nur zu der Tageszeit, die dafür angemessen ist. Dieser Schuh wird in Gesellschaft nur am Vormittag getragen oder am Strand zu allen Tageszeiten.«
»Dass er vom Westerländer Strand nach Nösse geschwommen ist, scheint mir unwahrscheinlich zu sein«, versetzte Asmus.
»Das meinte Herr Bubendey auch. Deshalb muss der Schuh vom Deck der Hamburg-Sylt-Vormittags-Fähre geweht worden sein, nicht von der Nachmittagsfähre auf der umgekehrten Tour nach Hamburg. Das heißt, der Besitzer muss ohne dieses Paar Schuhe auf Sylt gekurt oder Urlaub gemacht haben.«
»Alle Achtung!«, sagte Asmus beeindruckt. »Das wäre eine schlüssige Erklärung.«
»Ja, der Mann ist gut. Er machte noch darauf aufmerksam, dass der Besitzer ziemlich schmächtig ist. Ein kräftiger Kerl hat keine Schuhgröße wie eine mittelgroße Frau.«
»Ja, das war mir auch schon aufgefallen.« Asmus ließ sich auf seinen harten Stuhl fallen, um vor sich hin zu brüten.
»Was ist, Niklas?«, fragte Matthiesen beunruhigt.
»Ich glaube, trotz Bubendeys einleuchtender Erklärung sollten wir sofort in die Klinik fahren … Ich telefoniere eben noch mit Godbersen.«
Glücklicherweise war Sinkwitz nicht in seinem Büro, so dass Asmus ungestört mit dem Arzt sprechen konnte. Der Leichnam des Ermordeten war tatsächlich wegen Entlassung von Personal noch nicht unter die Erde gebracht worden, und sie fuhren sofort hin.
Der elegante Schuh passte dem aufgedunsenen Fuß des Ermordeten nicht.
»Hm«, murrte Asmus unzufrieden.
»Nein, lassen Sie sich nicht irremachen«, empfahl Dr. Godbersen. »Ein Gegenbeweis Ihrer Hypothese ist es nicht.«
»Aber auch kein Beweis dafür.«
»Richtig. Der lässt sich aus so entstellten Wasserleichen nur schwer gewinnen. Aber zur Körpergröße des Toten passt er sehr gut.«
»Immerhin. Tja, dann müssen wir sehen, wie wir auf anderen Wegen weiterkommen.«
Godbersen nickte schweigend und deckte den Toten wieder zu.
Asmus und Matthiesen kamen gerade rechtzeitig wieder zurück in die Dienststelle, vor der der Abgeordnete Bauer soeben aus dem Auto kletterte. Wo er sich zwischen der Ankunft des Schiffes aus Hamburg und seinem Eintreffen in der Wache aufgehalten hatte, blieb unerwähnt. Vielleicht im Haus von Rörd Jacobsen, dessen Auto er ja benutzte.
Herr Bauer überfiel die Wache gewissermaßen. Drei seiner Begleiter stahlen sich in den Wachraum, durchbohrten mit stählernem Blick Tresen und Regale und erlaubten endlich ihrem Chef nachzurücken. Asmus, Matthiesen, Jung und Thamsen drehten sich im Kreis und staunten die
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